Einen wenig beachtenswerten Beitrag zum damals noch jungen Italowestern, der sich noch längst nicht vollends definiert hatte und deshalb noch sehr amerikanisch anmutet, stellt Gianfranco Baldanello („Seine Winchester pfeift das Lied vom Tod“, „Auf die Knie, Django - und leck mir die Stiefel“) mit „30 Winchester für El Diablo“ vor.
Fad und einfallslos, wenn auch handwerklich nicht stümperhaft sondern solide bebildert, aber dafür mit deutlichen Schwächen im Spannungsbogen, beschreibt die Chose ganz gut, die Baldanello uns hier auftischt.
Denn grundsätzlich ist das alles schon einmal dagewesen und wenn der Regisseur dann nicht den Unterschied macht, fühlt sich das Resultat nun mal wenig einprägsam an.
Canyon City, nahe der Grenze zu Mexiko, muss sich eine Horde das Umland terrorisierender, mexikanischer Banditen unter der Führung des gierigen El Diablo (José Torres, „Django und die Bande der Gehenkten“, „Von Mann zu Mann“) gefallen lassen, hat jedoch auch seine verräterischen Pappenheimer in der eigenen Stadt, so dass El Diablo, spezialisiert auf Viehtreks, jedes Mal schon im voraus weiß, wann und wo es was zu holen gibt. Da sorgt ein bald anstehender Goldtransport natürlich für Kopfzerbrechen bei den Stadtoberhäuptern...
Ein überdramatisierender Score, herzhafte Romanzen, zuckersüße Gesangseinlagen und regelmäßige Flirts voller überbordender Liebesbekenntnisse seitens der Frauenzimmer, die auch falsch spielen und der fehlende Pepp des Plots, der nie richtig in die Puschen kommt, sondern sehr verhalten das Prozedere abspult, verhageln dabei von Beginn an Jeff Burtons Ernte.
Denn der, gespielt von dem wenig markanten Österreicher Carl Möhner (Der Mann, der kam, um zu töten“, „Callan - Den Aasgeiern eiskalt serviert“), bindet sich zu allem Überfluss schon während der Exposition einen Sidekick ans Bein, indem er ihn vor Banditen rettet. Als inkognito reisender Regierungsagent soll er aber eigentlich dafür Sorge tragen, dass in Canyon City, das sich von Vater Staat allein gelassen fühlt, mit dem Goldtransport alles glatt gehen wird. Wie gut, dass El Diablo durch sein Weibsstück nach langem Hin und her doch auf den Zug aufspringt, obwohl er selbst meint, dass das für ihn eine Nummer zu groß ist.
Der Mittelteil zieht sich ganz schön, obwohl der Auftakt noch ziemlich verheißungsvoll ist und Burton sich in der Stadt sofort mit dem Schießeisen vorstellt, um für Ruhe zu sorgen. Zusammen mit seinem Kumpan lässt er sich anwerben, durchleuchtet die düstere Lage, weil alle in der Stadt vor El Diablo Angst haben und dafür auch Arbeitslosigkeit in Kauf nehmen, und erledigt in einem Rutsch gleich vorbeugend alle Probleme der Stadt, nachdem ein paar der üblichen Situationen ihren Auftritt hatten – nichts Herausragendes also.
Während der ironische Ton der Hauptfigur bisweilen wenigstens noch seltene Akzente setzt, nervt sein Buddy beziehungsweise dessen vorlaute Fresse mit zunehmender Laufzeit, denn aus seinen Kauleisten kommt nichts Sinnvolles und noch seltener Witziges. Ein paar auch nicht gerade einen Adrenalinkick verursachende Schlägereien sind die Folge, aber die hat man auch schon besser gesehen.
Ein paar Twists sind auf der Zielgerade noch zu vermelden, wenn El Diablo angepisst höchstselbst in die Stadt jagt, weil Burton ihm nicht nur seine Höhle weggesprengt hat, sondern auch den letzten Coup vereitelte, aber noch besänftigt werden kann und beleidigt wieder abzieht oder Burton seinen Kumpel aus den Händen der Banditen befreien muss.
Das Finale, der Überfall des mit Gold beladenen Zugs, ist sogar ziemlich spektakulär, inklusiver einer luftigen Schlägerei auf dem Waggondach, umgesetzt, kommt aber eigentlich schon zu spät.
Wirklich missraten ist „30 Winchester für El Diablo“ trotzdem nicht, doch er bleibt zu brav und harmlos, als dass sich der Genrefreund hier wirklich wohl fühlen kann. Die Gewalt steht tendenziell hinten an, Emotionen beschränken sich auf Liebesgesäusel anstatt Verbissenheit oder Gier und die eindimensionalen Figuren, denn man die Gesinnung auch schon aus weiter Ferne ansehen kann, sind leider auch nur typische Abziehbilder der gängigen Art. Hier ein Held, da ein Bandit, ein Plot mit angerissenen Figuren herumgebastelt und fertig is’.
Fazit:
Unwichtiger Italowestern der schwachen Sorte, aus dem sich nichts mitnehmen lässt und den man auch fix wieder aus dem Langzeitgedächtnis löscht. Die akzentfreie Inszenierung hat keine Ideen, die Darsteller kein Charisma und der Ablauf keinen Saft. Ne, ein zweites Mal bestimmt nicht.