Die Stilblüten des Demofilo Fidani scheinen wohl tatsächlich Nachahmer gefunden zu haben. Regisseur Emimmo Salvi („Wanted Johnny Texas”) erinnert mit „Drei Kugeln für Ringo” jedenfalls, vielleicht absichtlich oder einfach nur mangels Talents, ziemlich ungeschickt an den wohl miesesten Regisseur der Italowestern-Ära..
Der Schnitt ist eine einzige Katastrophe. Szenen nehmen kein Ende, obwohl nichts mehr passiert, außer dass am Horizont weggeritten wird, Bilder passen nicht zusammen und strotzen vor Anschlussfehlern, getroffene Statisten fallen zu früh oder zu spät um und drehen ständig die wildesten Pirouetten dabei, geschossen wird selbst aus großer Distanz mit Gewehr oder Pistole ohne zu zielen vage aus der Hüfte, Akteure stieren entweder direkt in die Kamera oder mühen sich ab, knapp daran vorbeizuschauen, obwohl in der Richtung gar nichts steht und als Krönung darf Fidani-Inventar Gordon Mitchell stets völlig unpassend, aus dem Kontext gerissen die weisesten Plattitüden von sich geben und stapelt dabei die Brüller.
Ja, mit „Drei Kugeln für Ringo“ ist wahrlich nicht gut Kirschenessen, aber ähnlich wie bei Fidani resultiert daraus eine gewisse Portion Faszination und unfreiwillige Komik. Wo sonst sieht man im Hintergrund umgefallene Pferde, die wieder aufstehen, einen Schritt gehen, sich wieder hinlegen, mit den Hufen wild herum strampeln und wieder aufstehen, um dann von dannen zu trotten? Oder einen Handlanger, der mal in der Geschichte auftaucht und dann wieder verschwindet, nicht weiß was er machen soll, ziemlich unterbelichtet scheint und den wildesten Mörser der Westerngeschichte in einem Minenstollen zusammenbastelt?
Die Geschichte, die Salvi erzählt, oder besser zu erzählen versucht, handelt von (natürlich) Ringo (Mickey Hargitay, „Kopfgeld für Ringo“, „Django - Kreuze im blutigen Sand“) und seinem Kumpel Frank (Mitchell), die eingangs gleich Jane (Milla Sannoner) aus den Fängen einer erpresserischen Mexikaner-Bande mittels verschossenem Sprengstoff befreien, als würden sie täglich nichts anderes tun, als Dutzende Sombrero-Träger wegzunieten. Nachdem sie im Saloon ihr Entgeld einfordern, aber keiner zahlen will, schießen sie eben die Bude zu klump (Bitte die Bardame beachten, die im Kugelhagel hysterisch lachend rücklings über den Tresen knallt!), bis der lokale Bank-Direktor, der nebenher noch Sheriff sein will, die Bühne betritt und ein Machtwort spricht. Der Schlingel hat aber noch ganz andere Dinge vor...
Ringo und Frank kriegen sich jedenfalls fast umgehend wegen Jane in die Haare, kloppen sich in einer mies choreographierten Prügelei auf der Straße wie zwei kleine Lausbuben und beschließen sich eine Auszeit zu genehmigen. Frank zieht ab, Ringo heiratet seine Jane, verzeiht seiner werten Frau Mama, die ihn einst rauswarf, nebenher auch noch, zeugt einen Sohn und mimt den Sheriff bis zu dem Tag, als er einer Siedlung zu Hilfe eilen will (Sohnemann: Bring’ mir einen Südstaatlerhut mit!“) und bei einer Rettungsaktion einen Balken auf den Kopf gedonnert bekommt. Ausgerechnet Frank, nun im Dienst der Südstaaten, verhindert, dass Ringo getötet wird und bringt ihn in sein Kaff zurück. Doch Ringo ist durch den Unfall blind und diese Gelegenheit ergreift der schmierige Bankdirektor Daniels (Ivano Staccioli, „30 Winchester für El Diablo“, „Sartana - noch warm und schon Sand drauf“). Endlich kann er den integren Ringo gegen jemanden eintauschen, der für Geld nach seiner Pfeife tanzt – Frank.
Das ganze Spiel um Grundstücke (u.a. auch Ringos betreffend), die über Goldvorräte verfügen, über die wohl niemand Bescheid weiß, außer dem Bankdirektor und woher der das nun weiß erklärt er auch niemanden, genießt mal wieder das Ansehen eines standardisierten Plots, der sich frei von Ideen seinen nebulösen Weg bahnt. Fragen stellt man da besser angesichts etlicher Plotholes besser keine. Aus Freunden werden halt Feinde. Jedoch nicht episch bis ins Detail der Entwicklung erzählt, sondern von einer Szene auf die andere. Wobei Frank seine Skrupel nie gänzlich los wird, aber den Job trotzdem bedenkenlos annimmt.
Ganz ohne Timing dominieren dabei leider arg pathetische Szenen, in denen vor allem Ringos Mutter oder sein dummes Balg mal so richtig auf die Kacke hauen und sich dumm anstellen. Also wenn ich beschossen werde, renne ich bestimmt nichts ins offene Feuer, um von der Wand ein vermutlich nicht mal geladenes Gewehr zu holen und wenn ich in Richtung loderndes Feuer gezogen werde, würde ich auch schon mal den Versuch unternehmen aufzustehen oder das mich fesselnde Seil so ins Feuer halten, dass es durchbrennt, als nur blöd wimmert auf dem Boden zu liegen. Naja, nicht jeder kann Intelligenz mit Löffeln fressen.
Gordon Mitchell scheint aber zu diesen Exemplaren zu gehören, auch wenn er hin und wieder in Liebeskummer versinkt. Ringos Versteck kennt er im Nu (Woher?) und das Duell mit ihm bestreitet er zum Schluss dann auch sportlich unfair, als sich beide darauf einigen ihre gesamte Munition in den staubigen Sand zu werfen und das Laden gleich mit einfließen zu lassen. Nun ja, Mitchell fischt einfach trocken die Kugeln aus der Tasche seiner Weste und ist natürlich schneller auf Draht...
Da meist die Frechheit die Intelligenz besiegt und ein paar überaus eigene Einfälle des Drehbuchs / Regisseurs immer für ein paar Lacher gut sind (die aus Holz gebastelte Panzer-Kutsche ist auch so ein Fall...), hält „Drei Kugeln für Ringo“ passabel bei Laune, obwohl viel Potential verschenkt wird. Insbesondere Ringos zeitweise Blindheit, die er später nur noch vorgibt, hätte einer wesentlich sorgfältigeren Ausarbeitung bedurft, um sie dann auch mal als Zünglein an der Waage einzusetzen.
So verbleibt dieser Italowestern jedoch nur im unteren Durchschnitt, weil zuviel nicht zusammenpasst und die Gunfights mies inszeniert sind. Explodierende Nebeltöpfe als Dynamitersatz waren noch nie eine gute Idee und etliche Szenenanschlüsse machen schlicht keinen Sinn oder wurden wohl willkürlich gewählt. Personen beamen sich von A nach B, ohne dass man als Zuschauer überhaupt weiß, was passiert ist und Versuche einer vernünftigen Inszenierung scheitern ständig dank Salvis Inkompetenz. Ein völliger Nichtskönner ist er zwar nicht und zu den Niederungen der miesen Fidanis reicht es letztlich auch nicht ganz, aber wie er Akteure instruiert und in Szene gesetzt, fällt leider oft in die Kategorie dilettantisch.
Fazit:
„Drei Kugeln für Ringo“ macht nur dann Laune, wenn man sich über Salvis Regie und das Drehbuch amüsieren will. Beide zeugen nämlich nicht von Qualität sondern von Mangel, sind deswegen jedoch immerhin unfreiwillig komisch. Gordon Mitchell schießt dabei mal wieder den Vogel ab. Der Plot verbleibt innerhalb der bekannten Elemente, ein paar Nebenfiguren nerven ganz schön oder sind schlicht überflüssig und die Darsteller auch nur üblicher Genredurchschnitt ohne besonders aufzufallen. Sicherlich nichts für die Ewigkeit.