Der Anfang macht mal alles richtig:
An der Grenze von China zu Burma schleicht ein Trupp Soldaten durch den Wald. Tarnkleidung, schwarz bemalte Gesichter, die Waffe immer im Anschlag. Zum Anfassen fühlbare erdige Griffigkeit. Ein Kleinkriegsfilm beginnt, als man auf den Feind trifft und sich eine blutige Schlacht liefert.
Ka Chu [ Simon Yam ] zückt die Pistole; in Grossnahme und Standbild wird das Mündungsfeuer festgehalten, dahinter sein markantes Gesicht als Ergänzung.
Subjekte verschmelzen mit Objekten, Menschen mit ihren Instrumenten. Ka Chu wirkt in dem Moment ebenso kalt wie seine Waffe; tödlich, unerbittlich.
So soll er den Rest des Filmes auch erscheinen, aber das ist nur die Oberfläche. Das einprägsame Bild, die Draufsicht. Nicht das Innere. Nur bekommt man die Gefühle dahinter nicht zu sehen, sondern muss sie nicht nur selber hinein interpretieren; sondern sich in Ermangelung etwas Handfesterem auch vorstellen. Sie werden allerhöchstens kurz angenannt und nicht weiter beschrieben und schon gar nicht eingehend und glaubhaft aufgezeigt. Emotionale Abgestorbenheit macht sich breit, weil es Regisseur Leung Kar Yan nicht schafft, ausser den vordergründigen Bildern eine tiefere Sichtweise zu erschliessen. Ka Chu ist Jahre später immer noch ein Killer, aber diesmal ohne Uniform. Bullet for Hire. Er handelt nicht im Dienst einer Regierung, sondern bekommt seine Aufträge von Maria [ Christy Chung ]; die wiederum insgeheim für Chue Chung [ Vincent Wan ] arbeitet. Chue Chung will seine eigene Gangsterorganisation nach oben bringen und schaltet deswegen erst die Konkurrenten und danach seinen Bruder aus, um unbedrängt an der Spitze zu stehen. Ka Chu ist wieder nur ein Werkzeug dafür; ebenso wie Maria auch nur Anweisungen sogar gegen ihren Willen ausführt.
Die Gefühl- und Antriebslosigkeit dabei macht sich schnell im gesamten Film breit; Gleichgültigkeit und Herzlosigkeit spielt nicht nur eine Rolle in den Taten der Beteiligten, sondern auch in der eisigen Inszenierung selber. Man schwelgt in temperaturtauben Aufnahmen; Alle tragen auch in Räumen die Kleidung hochgeschlossen bis zum Kinn, als ob sie jede Empfindung wegsperren und auch keine fremdem heranlassen wollen.
Das abgestumpfte Gefühl und die erfrorene Gegend passen wenigstens gut zusammen; nach dem Prolog sieht man kaum noch Grün, sondern Reif auf den Strassen. Man spielt nunmehr in Seoul, offensichtlich trotz fehlendem Schnee in den Wintermonaten, friert die ganze Zeit und klammert sich an sich selber fest, um sich wenigstens alleine zu wärmen. Die Beziehungen untereinander bleiben kühl, nur aufs Geschäft beschränkt und auf das Verhältnis von Macht und Gehorsam ausgerichtet. Man lebt in der Vergangenheit: Ka Chu erinnert sich an seine vor 3 Jahren ermordete Frau, weswegen er zum Hitman wurde. Maria an ihre Zeit als Zwangsprostituierte in Vietnam. Eine Annäherung zwischen Beiden ist ausgeschlossen, weil das Gefüge dafür nicht gegeben ist und Zeit und Umgebung nicht passend sind. Man ist dem Anderen vielleicht vertraut, aber man vertraut sich nicht und kann dies auch nicht. Wenn es später an die Aufräumarbeiten geht, kann sich Ka Chu nur auf Jemand Aussenstehenden verlassen, die eben nicht im Business mit verwurzelt ist.
Bis dahin vergeht aber eine Weile; sowieso hat der Film nach einem flotteren Start – Prolog, dann vollzogener Mordauftrag, dann Einführung der Bad Guys wieder anhand einer Actionszene – daran zu leiden, dass er nicht viel erzählen kann. Und wenn, dann nicht nur eine altbekannte Thematik auftischt, sondern auch nur die gewohnten Einzelelemente. Letzter Auftrag. Verrat. Selber auf der Abschussliste. Dazu noch eine Zeugin, die der Killer nicht tötet, sondern beschützt. Ein Cop, der sich über die Suspendierung hinaus in den Fall kniet.
Das kennt man alles, und dazu noch in zumeist nicht ganz so blutleerer Ausführung. Mag sein, dass man das Genre plündern darf, aber die gleiche blanke Anordnung von Gewohnten nur noch einmal zu präsentieren, erschafft keine Frische und schon gar kein weiteres Interesse. Charakterentwicklung bleibt umempfindlich und deswegen vollkommen auf der Strecke. Die anfänglich erfreulich knappen Dialoge werden mit zunehmender Dauer nicht länger, aber durch die vorhersehbare Struktur eintöniger und trostloser; teilweise sogar einfältig. Zur Kälteidiotie kommt es nicht, aber das Bewusstsein trübt schon ein. Man folgt den Figuren in ganz weiter Entfernung; die Beziehung Publikum – Geschehen ebenso distanziert wie zwischen den Personen auf der Leinwand. Man spürt das Leben und damit auch die spätere Killer‘s Romance nicht, weil die Stimmungslagen und Regungen analog zu der Natur verkümmert sind und nur Nährraum für Langeweile bieten. Lähmungsstadium.
Schade um die hochwertige Optik; Leung versucht die Dünne unter erhabenen Schein zu verstecken und wartet deswegen mit kräftigen Farben und teuer aussehenden Aussenschauplätzen auf. Der koreanische Look sagt die ganze Zeit, dass die Produktion nach Geld stinkt; aber das täuscht. Es wird auch Materiell nichts Aufwendiges geboten; keine Erlösung über krachende Actionszenen oder wenigstens einem flinken Tempo. Nur im Beginn halt. Ansonsten wird bloss verzögert. Zeit geschunden. Wo nichts ist, kann auch nichts geschaffen werden. So sind auch hier statt Anspannung und Tension wieder nur gemütsarme Ansätze von Deutungen und Auslegungen gegeben, mit denen man aber alleine gelassen wird und die wohlmöglich - auf der Suche nach etwas Aussagekräftigem - eh nur zufällig im Auge des Zuschauers und ohne Intention der Macher entstanden sind.
Was kriegt man also?: Die Edelvariante eines Phillip Ko – Filmes, der vom Produktionsvolumen her und vor allem den visuellen Reizen keine Probleme hatte, im Kino gezeigt zu werden, seinem Titel alle Ehre macht und sich in den wenigen Actionszenen nicht ungeschickt verhält. Allerdings leidet man an ziemlicher Hypothermie; Herz und Hirn werden nicht erwärmt, der Film erstarrt schlagartig bei geringsten Störungen. Das Drehbuch ist ein dermassen alter Hut und die Erzählweise so empfindungslos, dass selbst der coole Simon Yam nicht viel in die verklammte Situation einbringen kann.
Von der Güteklasse des fiebrigen, wilden, ungestümen Profile in Anger, der ganze 16 Jahre vorher Leungs Regiedebüt darstellte, ist weit und breit nichts mehr zu spüren. Diesen Effekt hat man trotz Sterilisierung und Tiefkühlung leider nicht konservieren können.