Ich hasse eigentlich Michael Hanekes Filme. Das ist vor allen Dingen auf seinen unsäglichen Film "Funny Games" zurückzuführen, der in unerträglicher Breite und in endlosen unbeteiligten Kamerastandbildern das Grauen einer von zwei Jugendlichen gequälten Familie in ihrem Ferienhaus vorführt, nur um die hohlen Charaktere der Bösewichte als Sinnbild für cineastischen Voyeurismus darzustellen und dem Zuschauer mit einem schlechten Gewissen für den Genuss von mutmaßlich gewaltverherrlichenden Filmen wie "Natural Born Killers" abzustrafen.
An diesen Film musste ich in der Eingangssequenz von "Wolfzeit" denken, ist hier ja wieder ein Psycho in einem Ferienhaus einer unbedarften Familie auf Urlaub.
Der Familienvater wird erschossen, die Mutter muss kotzen und flieht mit ihren Kindern in die vernebelte ländliche Welt. Ab da wird langsam aber sicher klar dass es sich gewissermaßen eher um einen Science-Fiction-Film als um eine Folge von "Aktenzeichen XY" handelt. Denn die ländlichen Dorfbewohner zeigen ein furchterregendes Desinteresse an dem Schicksal der Familie, Lebensmittel sind knapp, verseuchte Rinder verbrennen auf einem nächtlichen Scheiterhaufen, die Zivilisation scheint weit entfernt. Später kommt die Familie mit samt traumatisierter Kinder an einem Bahnhof an, wo eine Gruppe weiterer "Überlebender" auf einen Zug wartet, der vielleicht niemals kommt...
Das Leben auf engem Raum inklusiver psychischer Zusammenbrüche und menschlichen Grausamkeiten fühlt sich an wie der Alltag in einem Konzentrationslager und gewissermaßen zeigt der Film die unangenehmen post-apokalyptischen Beobachtungen, die in Filmen wie "28 Days later" nicht weiter zu Ende gedacht worden sind.
Weil Haneke dafür bekannt ist, ist das angemessen schwer erträglich und unangenehm, traurig und schlimm schlimm schlimm.
Erfreulich ist, dass er diesmal keinen allzu aufdringlichen pädagogischen Dampfhammer ausgepackt hat. Durch das eindringliche Spiel der DarstellerInnen hat der Film tatsächlich etwas im negativen Sinne hypnotisches. Und der schmale Grad zwischen Menschsein und tierisch-egoistischem Überlebenstrieb wird vorbildlich aufgezeigt.
Dennoch ist der Film Haneke-Bildungsbürgerkino, unangenehm bedeutungsschwanger. Und schwer zu ertragen, was allerdings im Sinne des Stoffes ist.
Kein schlechter Film, aber auch kein Vergnügen.
6/10