Review

Zweifellos gehört Dick Maas neben Paul Verhoeven zu den bekanntesten und auch erfolgreichsten niederländischen Filmemachern. Im Gegensatz zu seinem Landsmann, der mit Filmen wie „Robocop“ und „Total Recall“ Welterfolge feierte, blieb Maas seinem Heimatland hingegen lange treu. Sein kurzer, peinlicher Ausflug nach Hollywood, der mit „Down“, dem Remake zu seinem eigenen „Fahrstuhl des Grauens“, auch einmalig blieb, war jedenfalls nicht von Erfolg gekrönt. Inzwischen sind beide wieder in ihr Heimatland zurückgekehrt, denn auch für Verhoevens kontroversen Stil war im konservativen Hollywood längst keinen Platz mehr.

Mit „Do Not Disturb” zielte Maas seinerzeit schon deutlich, nicht zuletzt wegen seiner namhaften Besetzung und eines gehobenen Budgets, auf eine internationale Auswertung ab. Nach seinen weniger ruhmreichen „Flodders“ – Ausflügen sollte dieser Film die Rückbesinnung auf alte Tugenden sein. Deswegen liegt der Vergleich mit seinem Achtungserfolg „Amsterdamned“ auch nah. Leider vermag „Do Not Disturb“ dem nicht standzuhalten, denn in die Grachten, nun mal sein Instrument schlechthin, verirrt sich Maas hier leider nur einmal 20 Minuten lang zu Beginn, ohne sie danach wieder aufzusuchen.

Genau dieses Kapitel macht „Do Not Disturb“ einzig und allein sehenswert. Multitalent Maas, auch hier wieder Regisseur, Drehbuchautor, Komponist und Produzent in Personalunion, kann wie kein anderer die unheimlichen Wasserwege, die angeschlossene Kanalisation und die angrenzenden Gebäude in so ein feucht-bedrohliches Labyrinth verwandeln. Wenn sich die 10jährige, stumme Melissa (Francesca Brown) in ihrem Hotel verläuft, versehentlich im Hinterhof landet, einen Mord beobachtet und schließlich vom Killer gejagt wird, dann stellen sich dank Maas schweißtreibender Inszenierung die Nackenhaare auf. Da wird mitgefiebert, mitgefürchtet, mitgeflüchtet und zwar nicht zu knapp.

Leider macht dieses Zwischenspiel, wie gesagt, nur einen Bruchteil des Films auf und wird zudem mit überflüssigen, albernem Humor verwässert. Ein Problem, das der ernste „Amsterdamned“ nicht hatte. Da fragt man sich schon, warum Maas einen zwar skrupellosen aber schwer vertrottelten Killer (Corey Johnson, der Agent Clay aus „Hellboy“) auf die Kleine ansetzt, der nicht mal in der Lage ist, seine Wumme richtig zu benutzen, dem Mädchen zigmal zufällig über den Weg läuft, sie aber trotzdem nie zur Strecke bringen kann.

Das Szenario verschlimmert sich noch, als ihre Eltern (William Hurt und Jennifer Tilly), die sie vorübergehend wieder in ihre Arme schließen können, mit einem Geschäftspartner (Michael Chiklis, „The Shield“, „Fantastic Four“) zu Abendessen, der zufällig dem Mörder-Duo angehört und seinen Kumpan instruiert, die in der Suite schlafende Melissa umzubringen. (Dabei können die beiden unmöglich wissen, dass die Kleine die Zeugin ist, weil sie sie vorher nicht identifiziert haben! Man killt wohl prophylaktisch.. )
Die Jagd durch das Hotel endet nach einer offensichtlich auf „Fahrstuhl des Grauens“ verweisenden Szene in den vier Wänden des pädophilen Musik-Stars Billy Boy Manson, der offensichtlich einen karikativer Mix aus Michael Jackson und Marilyn Manson, darstellt. Wie witzig...
Die zweite Flucht durch den Hotelkomplex hat dann auch schon gleich nicht mehr die Spannung, wirkt wie aus einem x-beliebigen Slasher und endet blödsinnig.

Die offensichtliche Konstruiertheit des Thrillers, die vielen Logiklöcher und die viel zu hohe Anzahl von Zufällen stoßen angesichts Maas sehr ordentlicher Inszenierung gar nicht so negativ auf. Immerhin können er und sein Stammkameramann Marc Felperlaan das schlampige Drehbuch mit seiner flotten Inszenierung und einer absolut kompetent und spektakulär, wenn auch wieder völlig unglaubwürdigen, ausufernden Autoverfolgungsjagd mit entgleisenden Straßenbahnen, Explosionen und sich überschlagenden Autos zum Schluss wieder wettmachen, der faulige Beigeschmack bleibt dennoch.

Soviel ist sicher, nach „Amsterdamned“ lädt auch „Do Not Disturb“ nicht zum Urlaub in Amsterdam ein. Denn obwohl Maas zu Beginn Tilly mit einigen Vorurteilen über die weltoffene Metropole ironisch spielen lässt, zeigt auch dieser Film vorzugsweise die dunklen Schattenseiten der Stadt, die zumindest mich erneut faszinieren konnten. Die solide spielende, internationale Besetzung muss sich aber dem schwachen Drehbuch und dem wirklich nervenden und unpassenden Humor geschlagen geben. Von jemandem wie Dick Maas, der weiß, wie man einen Thriller richtig aufzieht, darf man eindeutig mehr erwarten.


Fazit:
„Do Not Disturb“ hat fraglos seine guten Momente, aber er verschießt sein Pulver gleich zu Beginn, wenn er das kleine Mädchen in die Grachten entlässt. Einmal von dort gerettet, findet der Film nicht mehr zur erwarteten Stärke zurück. Alberner Humor und ein trotteliger Killer dominieren das Geschehen, während Maas seinen Film fälschlicherweise ins Hotel verlagert und dort nur eine konventionelle Hatz durch die Etagen abliefert. Die finale Verfolgungsjagd entschädigt zwar für viel, nicht aber für das enorm schwache, haarsträubend unlogische, wenig innovative Drehbuch. Wie immer ein Steckenpferd bei Maas, der seine guten Ideen nie richtig auszubauen vermochte.

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