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Männer in weiten Ledermänteln, breite Hüte, Gewehre, das klingt doch stark nach x-beliebigem Western, ist aber doch viel eher ein mehr als gelungener Beitrag, zum in den letzten Jahren stark vernachlässigten, Genre des "Heimatfilms". Wobei man bei "Jennerwein" sicher keinen Film im Stile der seeligen Heimatfilme aus den 50er Jahren erwarten darf, die damals Millionen Zuschauer in die Kinos lockten.

Vielmehr ist "Jennerwein" ein düsterer Film über das Leben eines Mannes, der zur Legende wurde. Basierend auf dem Leben von Girgl, genannt Jennerwein, der als Wilderer und eine Art Robin Hood zum Helden wurde, aber ein tragisches Ende fand.
Das Grenzgebiet zwischen Bayern und Tirol in den Jahren nach dem Deutsch /Französischen Krieg in den Jahren 1870/ 71 ist Schauplatz dieser Geschichte, die nur so strotzt vor allem was man auch in einem Western erwarten würde. So geht es um Ehre, Liebe, Freundschaft und Verrat. Jennerwein und sein bester Freund Pföderl, der ihm im Krieg das Leben gerettet hat, kehren zurück in das heimische Dorf. Dort herrschen Armut und Hunger. Die beiden Freunde beginnen zu wildern, wobei ihnen immer der königlich bayrische Förster Mayr auf den Fersen ist, der Jahre zuvor bereits Jennerweins Vater vor den Augen seiner Frau und seines Sohnes wegen Wilderei erschossen hat.
Alles scheint gut zu gehen, die beiden Freunde verteilen ihre Beute unter den Dorfbewohnern und lassen sich nicht erwischen. Erst als Jennerwein sich in die Angebetete von Pföderl verliebt zerbricht die Freundschaft und der enttäuschte und zutiefst gekränkte Pföderl schließt sich den Förstern an, um Jennerwein zu jagen und zu töten. Das es letztlich Pföderl ist, der seinen besten Freund durch einen feigen Schuss in den Rücken tötet deutet sich bereits vorher an, denn ständig schwebt eine dunkle, düstere Stimmung über den fast aller Farben beraubten Bildern, die schon erahnen läßt, das es hier kein Happy End geben wird, geben kann.

Regisseur Hans-Günther Bücking ist mit "jennerwein" ein großartiger Film gelungen, der nichts vermissen lässt und so durchaus auch das Zeug gehabt hätte in die Kinos zu kommen, insbesondere wenn man ihn mal mit den anderen Deutschen Filmen vergleicht die es ins Kino schaffen. Auf der Großen Leinwand hätte auch die fantastische Landschaft, die mit ihrer Kargheit und Unwirtlichkeit dem Film eine unglaubliche Atmosphäre gibt, wie man sie wohl seit Joseph Vilsmaiers "Schlafes Bruder", der vor ähnlicher Kulisse spielte, nicht mehr in einem deutschen Film gesehen hat. Auch die Kulissen wie etwa die Bauernhöfe und anderen Gebäude passen perfekt und sind ebenso wie die detailgetreuen Kostüme und Sets ein Garant für die Stimmung in "Jennerwein".

Fritz Karl spielt die Titelfigur mit der nötigen Arroganz und stilisiert Jennerwein somit nicht zu einem unfehlbaren Nationalhelden, sondern verleiht ihm die nötigen Ecken und Kanten. So etwa seine Leidenschaft für das weibliche Geschlecht. Er vergisst aber auch nicht die sanften Seiten der Figur rauszustellen und so gelingt es ihm in dem eher Dialog armen Film durch Blicke und sein Auftreten die nötigen Gefühle zu vermitteln. Dem in nichts nach steht ihm Christoph Walz als Pföderl, der den zwischen Freundschaft und Wut und Enttäuschung zerrissenen Pföderl als tragische Figur spielt, die unweigerlich auf das Ende zusteuert. Auch die anderen Darsteller spielen deutlich über dem was man in Fernsehfilmen sonst zu sehen bekommt.

"Jennerwein" ist ein eindrucksvoller Film, der mit einer packenden Story aufwarten kann, die auch wenn man das Ende kennt nichts von ihrer Spannung verliert und zudem mit grandiosen Landschaftsaufnahmen aufwartet. Dazu gibt es erstklassige Darsteller und eine durch großartige Bilder erzeugte Atmosphäre die von der ersten Minute an fesselt. Und irgendwie ist es schließlich doch eine Art Heimatfilm-Western, wenn auch wesentlich näher an einem Film wie "Leichen pflastern seinen Weg" als an den typischen US Western. Hier ist aber die Bezeichnung Heimatfilm auf keinen Fall negativ zu werten, denn "Jennerwein" ist ein beeindruckendes Stück Fernsehfilm.
8 von 10 Punkten.

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