Die Träumer (2003)

DIE  TRÄUMER    von  Bernardo Bertolucci

Sind sie jung und unschuldig oder hemmungslose überintellektualisierte Erotomanen?

Was bringt ein auf Filme fixiertes exzentrisches Geschwisterpaar und einen amerikanischen Studenten (ebenfalls Filmspezialist) dazu, sich ein paar Wochen in eine Wohnung einzuschließen und sich psychischen und sexuellen Eskapaden hinzugeben?

Ist es die Flucht vor der Realität, die sich auf der Straße und in der Uni abspielt (die 68er Studentenproteste, linke Anarchie, Demonstrationen, Widerstand gegen die Staatsgewalt der alten Säcke, das eingefahrene Leben der Spießer-Gesellschaft) oder ist es die reine Lust am Ausprobieren der eigenen Grenzen, der eigenen Sexualität?

Ist das Medium "Film" interessanter als die Wirklichkeit?
Wie weit kann ich mir selbst und anderen gegenüber gehen?

Fragen über Fragen bietet Bernardo Bertoluccis letzer provokanter Film über eine merkwürdige Dreierbeziehung in den legendären 68er Jahren. (Ein Spaßvogel würde jetzt noch hinzufügen "Befriedigt Geschwisterliebe wirklich meine Triebe....?)
 
Besser noch als in "Der letzte Tango in Paris" lotet "Die Träumer" die Abgründe der menschlichen Seele aus.

Und es werden auch einige Antworten geboten....

Also, ein reiner spektulativer Sex-Soft-Porno-Provokations-Film ("Wir zeigen jetzt mal unsere Geschlechtsteile") ist "Die Träumer" nicht. Hier geht's richtig zur Sache, hier wird der Mensch, Männlein und Weiblein, nämlich mal richtig durchleuchtet und zwar vom Kopf bis zur Sohle.

Schade daß der Film immer nur auf die Sexszenen reduziert wird, er hat nämlich sehr viel mehr zu bieten.

Die jungen Darsteller, allen voran Louis Garrel als Eva Greens Bruder Theo, strahlen eine Intensität aus, daß dem Zuschauer schier die Luft wegbleibt.

Ein Film wie ein erstklassiges französisches Essen.

Als Vorspeise gibt's ein hervorragendes geschliffenes Buch, Zwischengericht ist ein sehr guter legendärer Regisseur der mit Gespür und Feinsinn seine Techniker (Kamera, Bild, Licht und Ton - die Würze in jedem Film) im Griff hat, als Hauptspeise gibt es drei ganz großartige junge Schauspieler und zum Nachtisch wird ein bisschen sexuelle Provokation eingebunden in eine recht schräge Geschichte gereicht.