Kurzkritik zu "Gangster No. 1"
Sehr minimalistisch ist die Storyline gehalten: Jung-Ganove ohne nennenswerte Vergangenheit wird in eine Gangster-Vereinigung aufgenommen, die eher wie eine noblere Straßengang daherkommt, ist besessen vom stilvollen Boss; als der allerdings sich als Mensch zeigt und heiraten will, wird er abserviert und unser Held, treibt die Vereinigung mittels mieser Geschäfte nach oben, davon kriegt man als Zuschauer eigentlich nix mit, um dann, zwanzig Järchen später aus dem Leben zu scheiden.
Hätte der Regisseur den Mittelteil in irgendeiner Weise dargestellt - in einem Satz wird von Kasino-Investitionen, riskanten Diebstählen und Drogengeschäft erzählt und schon ist's zwanzig Jahre später - dann würde hier der britische "Casino" besprochen werden. Und in dem ersten Drittel des Films geht man noch wirklich davon aus, ein Gangsterfilm ist eben ein Gangsterfilm, oder ? Von wegen. Tatsächlich handelt es sich nur um den Lebenslauf eines hassenswerten Wahnsinnigen. Und wann bekommt man das schon geboten?! Hyper-Stilvolle Szenerien im wundervoll altmodischen England wechseln mit den krassen Ausflippern der Protagonisten ab. Nur kommt das Finale doch definitiv zu früh. Ich vermisse wirklich einen Mittelteil, der Gangster No.1 nimmt während des Films nicht die geringste Weiterentwicklung hin. Und dann ist es auch schon aus, weshalb man irgendwie den Eindruck eines nicht ganz fertigen Films eines Filmhochschülers hat. Die Kamera und die Musik und die Schauspieler - alles besser als man es sich träumen könnte, ohne Frage.
Und nüchtern betrachtet sollte man auch anfügen, dass die eigentlichen Gangster-Charaktere nicht gerade innovativ dargestellt werden, die "Fuck"-Orgien sind inzwischen ein alter Hut, meine ich. Aber alles andere wäre wohl unglaubwürdig gewesen.
Die Mordszene mit diversen Stich- und Schlitzwerkzeugen ist absolut schockierend und reiht sich in jene legendären Szenen ein wie die aus "Scarface"(Kettensäge), "Der Marathon Mann"(Bohrer) oder auch sowas kultiges wie "Henry-Portrait of a Serial Killer" etc.
Diese Szene, auch wenn die Produzenten sie noch etwas entschärft haben, bleibt einem im Gedächtnis.
Insgesamt ein faszinierendes Filmerlebnis, wenn man gerade nichts Gutgelauntes ertragen kann - zum Wutablassen, würde ich meinen.
Die deutsche ab16 Version ist ungekürzt, was mich doch etwas ärgert, weil so unzählige harmlosere Filmchen ab 18 zerstückelt werden, und dieser Film hier im Aldi neben Julia-Fuck-Roberts-Filmchen für jedes Kind zu haben ist. So kann es doch nicht funktionieren!
Gesamteindruck: 7 von 10
Härtegrad: 6 von 10
Tschüss