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Freddie Mays (David Thewlis) Gang hat gegen Ende der 60er Jahre das Sagen. Brutal und mit sehr wenig Federlesen werden die "Geschäfte" abgewickelt. Als die rechte Hand Mays in Ungnade fällt, wird Ersatz gesucht und in Person eines jungen, kaltblütigen und äußerst ehrgeizigen Kleinganoven (Paul Bettany) gefunden.

Zunächst sieht es so aus, als wären die beiden fortan unzertrennlich. Wenn es irgendwo einen Job zu erledigen gibt, muß Mays nur mit dem Finger schnippen und die Sache wird erledigt - meist nur mit eindringlichem Blick und gutem Zureden, manchmal hilft aber auch eine Axt ein wenig nach. Doch als Freddie Mays sich in die junge Nachtclubsängerin Karen (Saffron Burrows) verliebt, gewinnt der latente Neid von Mays Wachhund die Oberhand und der junge Gangster plant den "Putsch" ...

Hmm ...
Puh, Paul McGuigan geht nicht schonend mit seinem Publikum um. In seinem Film setzt er auf das Gangstermillieu und greift die klassischen Komponenten auf. Tumbe Helfershelfer, glamuröse Bosse und neidische Hintermänner. Einen roten Faden hat der Film nur insoweit, als der Zuschauer beständig auf die einleitende Szene zurückgeführt wird, mit der der Film in der Gegenwart beginnt um dann schlagartig 25 Jahre in die Vergangenheit zu springen.

McGuigan erzählt den Film ruhig und gelassen und profitiert dabei vom unglaublich stoischen Spiel Paul Bettanys, dessen Gesichtsausdruck perfekt zum Charakter des "jungen Gangsters" mit seinem psychopathischen Zügen paßt. Warum dieser im Alter gegen Malcolm McDowell ausgetauscht wurde und nicht wie dessen Gegenpart David Thewlis nur mit einer älteren Maske versehen wurde, wird wohl ein Geheimnis des Regisseurs bleiben. Einen Gefallen hat er sich und dem Film damit nicht getan. Denn beide Schauspieler agieren durchaus unterschiedlich und in sich nicht übereinstimmend, so daß das Ende ein wenig nach Flickschusterei aussieht, wenngleich es die Thematik stimmig zu Ende führt.

Aber bis zu diesem Ende liefert sich Bettany ein wirklich gelungenes Spielchen mit dem erfolgsverwöhnten David Thewlis. Die "Spielchen" inszenierte McGuigan teilweise ziemlich blutig um nicht zu sagen ekelig. Es haben einige Zuschauer den Saal verlassen. Dabei fliegen aber keine Fleischklumpen durch's Bild oder abgehakte Gliedmaßen liegen herum, die "Action" spielt sich nur im Kopf des Zuschauers ab und der denkt sich ob der ungewöhnlichen Perspektive aus der Sicht der Opfer seinen Teil dazu. Ähnlich hat das auch Kathryn Bigelow in ihrem Jahrhundertwechsel-Thriller "Strange Days" gemacht. Manchmal reichen auch einige leise Knischgeräusche um die Nackenhaare zu sträuben.

"Gangster No. 1" ist garantiert kein Film, den man sich "mal so eben" anguckt und ich kann die Leute verstehen, die den Saal verlassen haben, weil sie sich ob der Brutalität angegriffen fühlten. Andererseits ist es eine sehr gelungene Studie einer kleinen Gangsterbande und ein vielleicht noch gelungeneres Portrait eines Psychopathen, das bei mir in manchen Szenen Herzklopfen ausgelöst hat - allein durch die Art der Erzählung.

Definitiv empfehlenswert.

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