Review

Guter Gangsterfilm mit schickem 60er-Feeling

London, heute: Freddy Mays, der legendäre Butcher of Mayfield, kommt nach 25 Jahren aus dem Gefängnis frei - dort saß er für einen Mord an einem Rivalen, den er nicht begangen hat. Seinen Platz hat in der Zwischenzeit Gangster No. 55 eingenommen, der sich über die Jahre zum Gangster No. 1 hochgearbeitet hat. Doch anstelle einer großangelegten Schlußoffensive...Rückblick in die 60er, als Mays die Dinge noch in der Hand hatte, bewundert und beneidet von Gangster No. 55. Dieser Neid führt schließlich zur fälschlichen Verhaftung von Mays und zum Aufstieg von No 55. Doch der Weg zur Spitze war blutig und einsam, und der König hat keine Freunde - als Mays entlassen wird, versucht der namenlose Gangster No. 1 dessen Respekt zu erhalten, vergebens - also bleibt zum Schluß angesichts eines leeren Lebens ohne Frau nur der Selbstmord.

Schade, schade...noch einen Tick konsequenter hätte man zur Sache gehen müssen, denn der Film ist brillant - aber nur bis zu der Stelle, als Mays und McDowell, der den gealterten Gangster spielt, aufeinandertreffen. Diese zehn Minuten zerstören alles, was sich bis dahin perfekt aufgebaut hat, in einem öden Redeschwall mit moralinsaurem Ende. Dabei kann der Film an vielen Stellen punkten: das Flair der Sixties ist hervorragend eingefangen, inklusive der Tapeten, der Musik und der Kleidung. Die Darstellung des jugendlichen Gangsters ist allein das Ansehen wert, ein Psychopath, wie er im Buche steht.. Brillant die Szene, als er einem kleinen Dieb Details eines Gesprächs entlocken möchte, eine Axt auf den Tisch legend und nur immer "look into my eyes" sagend....uuuhh, da würde jeder reden.

Und die Dialoge, der Sprecher aus dem Off: ich bin nicht sicher, wie das in der deutschen Fassung wirkt, aber der Originalton ist suberb, man lernt, wenn man dafür aufgeschlossen ist, das Fluchen und den Gangsterslang. Beeindruckend die Häufigkeit der Verwendung von "four-letter-words", wobei das Ganze aber nie gekünstelt wird.
Für einen Gangsterfilm fließt sehr wenig bis gar kein Blut, die vielfach zitierten Folterungen sind aus der Opferperspektive gedreht, sehr beklemmend, aber nicht detailgetreu blutig, das muß ja auch nicht sein. Insgesamt ein wahrlich gelungenes Werk, unterschätzt, nur bedingt zum Kult tauglich, und auch kein Vergleich zu Tarantino, sondern eine ganz eigene feine Sache.

Eigentlich die Höchstnote, aber wegen der letzten zähen zehn Minuten nur 8/10.

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