Review

Rein kommerziell gesehen hatte William Friedkins Der Exorzist – nicht weniger als einer der Kult-Horrorfilme – mit seinen Fortsetzungen kein Glück.

Das direkte Sequel war nicht viel mehr als ein lauer Aufguss des Originals, Teil drei dann ein, eigentlich recht ahnsehnlicher, Polizeithriller mit schocklastiger Serienkiller-Thematik und dem unbesiegbaren George C. Scott in der Hauptrolle, der zwar von William Peter Blatty, dem Autor der Buchvorlage und dem Drehbuch des Erstlings inszeniert wurde, mit dem großen Vorbild ironischerweise aber fast nichts mehr gemein hatte.
Im vergangenen Jahr schließlich sollten gleich zwei Filme über die erste Begegnung des am Leben verzweifelten Pater Merrin mit dem alt-sumerischen Dämon Pazuzu die Kinos in Beschlag nehmen. Die eher intellektuelle und mit großer Wahrscheinlichkeit kirchenkritische Variante des irisch-katholischen Drehbuchautors großer Siebziger Jahre Hits wie Taxi Driver, Paul Schrader, barg den Studiobossen am Ende doch ein zu unkalkulierbares Flop-Potential und man einigte sich auf das Kino-Release des, nur im Vergleich zu Schraders auf eine Veröffentlichung als DVD beschränkten Films, etwas action-lastigeren Exorzist – Der Anfang (The Exorzist – The Beginning) des finnischen Stuntman und Explosionsfilmspezialisten Renny Harlin. Der Ex-Ehemann von Schauspielerin Geena Davis hat seinerseits eine zwiespältige Beziehung zu Sequels. Nur mäßig erfolgreichen Filmen wie der unfreiwilligen Freddy Krueger-Komödie A Nightmare On Elm Street 4 (A Nightmare On Elm Street 4: The Dream Master 1988) oder der Pseudo-Schwafelfilm-Version einer Kultreihe, Alien 3, dessen Regie er nach einem Jahr Dreharbeiten Anfang der Neunziger fatalerweise an David Fincher hatte abgeben müssen, stehen in Harlins Vita millionenschwere Kassenraketen wie Bruce Willis’ Zerstörungsmonument Stirb Langsam 2 (Die Hard 2: Die Harder, 1990) gegenüber.
Exorzist – Der Anfang handelt von der Frage, ob das Böse im Menschen noch Platz für ein Böses göttlicher, übernatürlicher Genese lässt. Der Film lebt von ein paar äußerst eindrucksvollen Bildern, wie der Prolog, ein Schlachtfeld mit Tausenden an umgedrehte Kreuze genagelter Christen, oder den Rückblenden des Priesters als Gottesmann in den von Nazitruppen okkupierten Niederlanden. Hier liegt auch die Erklärung für den Glaubensverlust des einstigen Katholiken. Letzterer Handlungsstrang ist in der simplen Perversion der gezeigten Grausamkeitsdimension ohne Weiteres in der Lage, dem Zuschauer den erfolgten Verlust des Glaubens nur logisch erscheinen zu lassen. Die Begegnung mit den kindermordenden SS-Schergen hat Pater Merrin (Stellan Skjersgard) an der Nicht-Existenz übernatürlicher Manifestationen von Gut und Böse festhalten lassen. Ist dieser Wert des Bösen doch durch menschliches, nicht übernatürliches Verhalten vertreten kann sein Gegenpol, das Gute - schlussendlich Gott – also ebenfalls nicht existent sein.
Die in kaltblaues Winterlicht getauchten Flashbacks kontrastieren die sonnendurchfluteten Aufnahmen der kenianischen Wüste und suchen den Pater immer wieder an seiner Fluchtpunkt, einer archäologischen Ausgrabungsstätte in Afrika, heim, wo er, das Vergessen im Suff suchend, nur durch einen geheimnisvollen Fremden mit Kenntnissen seiner Vergangenheit gelandet war.
Im Zentrum der Arbeiten, einer direkt nach ihrer Errichtung wieder begrabenen christlichen Kirche, gerät er an den Dämon und an von ihm besessene Personen. Der halbwüchsige Sohn eines mit den Ausgrabungen beschäftigten Arbeiters entledigt sich seines spottenden großen Bruders mit Hilfe eines Rudels - nur mit viel gutem Willen des Betrachters überzeugend computeranimierter - Hyänen. Auch der Mann der Expeditionsärztin, die, wie Merrin an der auf ihren Arm tätowierten Nummer erkennt, Opfer des nationalsozialistischen Lagerterrors ist, hatte Kontakt mit dem Übersinnlichen und verbringt den kurzen Rest seines Erdendaseins in einer Gummizelle in der Hauptstadt. Der Priester besucht ihn und – hier hat sich Harlin klar beim dritten Teil bedient - wird vom Besessenen mit Detailwissen über jene furchtbare holländische Episode mit den Nazis gequält. Nun ist sich Merrin sicher dass es den Teufel doch gibt und er kehrt ins Lager zurück um den Dämon zu besiegen.
Der Film hat mir doch besser gefallen, als es der schlechte Ruf, der ihm vorauseilt suggeriert. Sicherlich, die versprochene Action kann er nicht bieten, eher konzentriert man sich auf die Vorgeschichte des Paters, bevor, relativ unvorbereitet, das Konfrontationsszenario des Finales eingeläutet wird. Man muss der Fairness halber nur sagen, dass es von vornherein witzlos ist sich den Exorzist – Der Anfang ohne die Kenntnis des Originals anzuschauen.

Details
Ähnliche Filme