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Nach dem zielgenau durchgeplanten und präzise umgesetzten "Die Brut" war David Cronenbergs nächste Produktion natürlich nur eine Frage der Zeit, allein widrige Umstände sollten den Start des Films sogar noch um über ein Jahr verschieben.
Rückblickend gilt "Scanners" heute als ein vielzitiertes Werk, das seinen Weg in die Geschichtsbücher der SF allein durch die Szene, in der mittels Gedankenbeeinflußung ein Kopf zur Explosion gebracht wird, geschafft hat (im SF-Lexikon wird sogar von "explodierenden Köpfen" gesprochen, obwohl so ein Effekt nur einmal im Film vorkommt). Tatsächlich gehört diese Szene, die übrigens relativ früh im Film erfolgt, in den Pantheon gelungener Ekelschockeffekte, der Rest des Films jedoch steht, teilweise zu recht, im Schatten dieser Sequenz.

"Scanners" entstand als Filmproduktion "cum" Steuersparmodell, das die Finanzierung in einem sehr engen zeitlichen Rahmen sicherte. Das bedeutete, daß der Kanadier relativ überhastet mit den Dreharbeiten anfangen mußte, noch dazu in einer außerordentlich kalten Jahreszeit. Es kam zu dem Beispielseklat, daß Cronenberg nachts Szenen verfaßte oder umschrieb, die Tags darauf gedreht wurden und die relativ namhafte Besetzungsliste macht ihm die Sache nicht gerade leichter. Gerade Genreveteran Patrick McGoohan, der den Scanner-Mentor Dr.Ruth spielt, zeigte erhebliche Unsicherheiten, trank eine Menge und kam offenbar auch nicht sonderlich gut mit seinen Mitspielern zurecht. Das wiederum störte eher den unerfahrenen Hauptdarsteller Stephen Lack, während der Mangel an Kontinuität schließlich die Produktion zu umständlichen Nachdrehs Monate später zwang, damit Cronenbergs Team den Film zu einem sinnvollen Ganzen schneiden konnte.

Trotzdem wirkt "Scanners", rückblickend betrachtet, niemals als integrer und vollständiger Film. Er hat die Aura des Rohen, des Unfertigen und seine guten Ansätze werden immer wieder von den erzählerischen Schwächen ausgebremst. Optisch zwar durchaus anziehend und kompetent inszeniert, kann die Geschichte bei weitem nicht überzeugen.
Zunächst preßt der Plot nämlich das Maximum an benötigtem Plot in ein Minimum an Zeit und spart mit notwendigen Erklärungen oder überzeugenden Prozessen, später holpert sich das Thema Massenverschwörung mit akuter Verspätung reizlos durchs Ziel, durch stete nachträgliche und offensichtliche Erklärungen behindert.

Dabei gibt es durchaus magische, fast unbemerkte Geniestreiche: der erste "Auftritt" des "Guten", Cameron Vales (Lack), der in einer Mall versucht, sich durchzuschlagen und dabei seine Umwelt leicht asynchron im Ton wahrnimmt, weil er alles in den Köpfen eher hört, als es gesagt wird. Später wird er sozusagen mit brachialer Gewalt umerzogen, man konfrontiert ihn in einer grandiosen akustischen Kulisse mit einer Gruppe von 50 Menschen, die alle durcheinanderdenken und ihn somit (wie unter Folter) abhärten. Dazu noch die Kopf-Platz-Szene, die den Widersacher Revok (Genregeheimtipp Michael Ironside im Ekel-Modus wie gehabt) einführt und die Pferde sind gesattelt.

Doch schon an diesem Punkt hapert es: McGoohan präsentiert sich ständig nur als grantiger Nuschler, die Bekehrung Vales zum "guten Agenten" geht unbemerkt und viel zu schnell vor sich, seine Suche nach anderen Scannern erweist sich als viel zu problemlos. Auch die Ausbrüche an Gewalt, als die Schergen Revoks eine Widerstandsgruppe in Fetzen schießt, kann nur optisch überzeugen.
Das schadet dem Film an sich, der mittels seiner Audiospur immer wieder hervorragende Verfremdungseffekte und bizarre Soundscapes erzeugt, die die Beeinflußung der Gedanken und Gehirne illustrieren sollen.

Sobald sich Vale und sein nötiges weibliches Pendant (Jennifer O'Neal) endlich gefunden haben, vertieft man sich dann in die Verschwörung mittels illegaler Medikamente, die Scannner-Kinder hervorbringen wollten, doch der Plot bleibt zäh und zerfasert, die Vorgehensweise meist kryptisch und der Maulwurf im Hauptquartier hat zuviel textlastigen Spielraum. Darüber hinaus bleibt die relativ gegen Ende zu lokalisierende Verschmelzung Vales mit einem Computer zwar als Mensch-Maschine-Zwitter interessant, es fehlt jedoch jede logische Basis, daß ein Scanner auf einmal (noch dazu mittels einer Telefonleitung) ein nichtorganisches Konstrukt infiltrieren kann.

Das unvermeidliche abschließende Duell ist dann wieder ein optisches Highlight für Freunde von körperlichen Deformationen, verbrennendem Fleisch und verkochenden Augäpfeln, aber das kann leider nicht ganz die mangelnde Chemie zwischen Lack und O'Neill kompensieren, die als Paar nie so ganz zusammenwachsen. Das liegt zum einen an der generell hölzernen Leistung Stephen Lacks, der als "male lead" total versagt und zum anderen an dem fragmentarischen Drehbuch, das eine gefühlsbetonte Ebene zwischen den Figuren gar nicht erst richtig ins Spiel bringt.

Irgendwie brachte Cronenberg den Film noch 1979 unter Dach und Fach, doch es dauerte bis 1981, ehe er seine Premiere erlebte. Sein Ruf wie Donnerhall half natürlich kräftig bei der Legendenbildung mit (und die Abwesenheit des Internets), doch obwohl "Scanners" angesichts der Schunds, den das Genre nach und nach über der zweiten Hälfte der 80er ausgießen sollte, immer noch wie ein blankpolierter Oldtimer ausschaut, bleibt der Gesamteindruck uneinheitlich und zwangsläufig auch unbefriedigend. Am besten episodisch mittels seiner besten Sequenzen genießen. (6,5/10)

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