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Da man heutzutage überschwemmt wird mit eher niedrig angesiedelten Mahjong - Filmen wie Fat Choi Spirit, den drei Kung Fu Mahjong Titeln, House of Mahjong und Bet to Basic empfiehlt sich ein Blick zurück in die Zeit, als a ) der Reiz der Karten die gambling movies bestimmte und b ) die Werke noch den nötigen Witz und entsprechende Klasse besassen.
Die Erinnerung fällt dabei natürlich auf die God of Gamblers Reihe, die einen einschneidenden Trend im Hong Kong Kino der frühen 90er auslöste, ihre weiten Kreise noch indirekt in der Conman Saga auswirken liess und sich als roter Faden in Gesamtwerk und Produktionsmaschinerie Wong Jings kennzeichnen lässt. Nicht das Initialarrangement - die Ehre geht an Born to Gamble, Casino Raiders und No Risk, No Gain; ebenfalls von Wong -, aber ein im weitesten Sinne kultureller Rahmen aller Genre - Artgenossen.

God of Gamblers 2 ist dabei nicht bloss einfach das Sequel zum Erfolgshit God of Gamblers [ 1989 ], sondern auch das Spinoff zum Stephen Chow Durchbruch All for the Winner [ 1990 ]. Oder umgekehrt, je nach Sichtweise. Beide Vorgänger finden relativ gleichberechtigt ihre Querverweise und werden auch jeweilig in einer Rückschau bedacht, was wohl nahezu einmalig in der Filmgeschichte sein dürfte; zumal All for the Winner anfangs als nachahmendes Konkurrenzprodukt in Erscheinung trat. Nichtdestotrotz ist es gerade dieses Paraphernalia aus Fortsetzung, Trittbrettfahrer und Remake, die dem Film sein ganz spezielles Flair beigibt. Man bekommt etwas dargereicht, was bereits vom Start weg als Kontinuum auf derartig vielen Ebenen abgesichert ist, dass man kaum Einleitung oder gar Anlaufzeit benötigt und sich als Zuschauer bereits in der Vorfreude auf den Ablauf bekannter Muster ergehen kann. Man lebt von Ahnungen und Nostalgie. Keine Spannung des Unerwarteten, sondern eine Wiederkehr des schon Gewussten.

Michael 'Knife' Chan, der Knight of Gamblers [ Andy Lau ] hat sich im letzten Jahr allein betätig; sein Lehrmeister Ko Chun, der God of Gamblers, hat sich vom Spielen verabschiedet und geniesst den Lebensabend in Brasilien.
Chan gewinnt zwar regelmässig, darf aber nur 5% von den Einnahmen behalten und muss den Rest gemeinnützigen Zwecken spenden. Diese Masche der Charity - Aktionen möchte sich der Schwindler Hussein [ Tan Lap Man ] zu eigen machen und im Namen der Wohltätigkeit den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen. Gut für Chan, dass er gegen die waffengespickte Gegenwehr Unterstützung vom Saint of Gamblers Chow Sing Cho [ Stephen Chow ] und dessen Onkel Blackie Tat [ Ng Man Tat ] bekommt.

Die Geschichte verbleibt in einer Halbbildung ohne ein Zertifikat auf Lückenlosigkeit, Vollzähligkeit und Selbständigkeit; langt aber für die hiesigen Bedürfnisse ohne Probleme aus und erscheint auch geschlossener als üblich. Man hat eine Ausgangssituation gegeben, baut auf eine Kompositionsstruktur, eine vereinfachende Rollenfestschreibung sowie darauf, dass Filmemacher Wong Jing die Standards und Routinen des Genres in seiner industriellen Professionalität souverän beherrscht, aber auch transzendieren vermag.
Dabei teilt man die treatmentähnlichen Grundzüge einer richtigen Handlung in zahlenmässig und entsprechend auch geographisch sehr eingeschränkte Elemente auf.
So geht es in einer Art Zusammenführung erst nur lange darum, dass man die ja eigentlich verschiedenen Welten der separaten Ursprünge vereint und dies personell am Treff von Chan mit Chow festmacht. Beide Einheiten werden erst einzeln in einer parallelen Sichtweise gezeichnet, dann kollidierend, dann mit dem Grund für eine Zusammenarbeit ausgestattet und schliesslich folgt auch schon der Showdown in nunmehr perfekten Koexistenz. Dabei bewegt man sich permanent abgeschottet erst in Chows Territorium, dann in Chans und abschliessend an dem neutralen Schauplatz eines auf Hoher See kreuzenden Schiffes. Die mittige Steigerung ist auch nur ein Hinauszögern der eigentlichen Konfrontation. Die zahlreichen Gamblingsszenen gliedern sich als ironische Verzierungen ein.

Dabei nimmt sowohl die Effektschlacht als auch die generelle Phantastik innerhalb der Saga stetig zu: Das Prequel God of Gamblers 3 - The Early Stage [ 1996 ] ist mit exakten Daten und Orten ausgestattet und partiell eher rauh und straight gehalten. God of Gamblers III: Back To Shanghai [ 1991 ] geht nicht nur in die Ära einer vergangenen Zeit, sondern auch in das Milieu einer Fernsehserie zurück und treibt Hypnose und Illusion noch weiter voran. God of Gamblers Returns [ 1994 ] wandert nach Europa und China, verhält sich aber in einer kompletten Absurdität von Brachialgewalt und Infantilismus. Saint of Gamblers [ 1995 ] ist maßloses Kasperletheater.

Hiesig entwickelt sich das geistige Abschirmen nur durch ein striktes Ausblenden der Realität und damit auch tatsächlicher Probleme. Kein subsistenzieller Kampf mit Institutionen und Konventionen; selbst von der Großstadthektik und dem Verkehrs- und Menschengewühl ist hier überhaupt nichts zu sehen oder gar zu spüren, dafür eine Einheit von Existenz, Konsistenz und Resistenz. Das grösste Manko von fehlendem Geld z.b. taucht zwar öfters auf, wird dann aber immer schnell mit der nächsten Gaunerei am Spieltisch aus dem Weg geschafft. Arbeiten tut Keiner und muss auch Niemand. Mit dieser oberflächlich - leichtlebigen Methodik hangelt man sich im Zwischenteil auch vermehrt in alten Wirkstätten entlang; so wird das unwirtlich verranzte Heim von Chan ebenso noch einmal aufgesucht wie die Hinterhofspelunke des Kleinkriminellen Kau [ Shing Fui On ]. Der auch dabei ständig präsentierte Witz arrangiert sich entweder in der Umkehrung vergangener Aktionen, in der exakten Nachspielung oder einfach nur der seliges Lächeln auslösenden Erwähnung von bereits Geschehenem.

Auch lässt man diesmal die vorübergehende Melodramatik der Rain Man - Anklänge sowie schieren Stumpfsinn vieler Nachfolger vollends sein, und erschafft mit sicherem Einfühlungsvermögen ein von Beginn weg entspanntes Vergnügen. Welches vorzüglich als Flucht aus bzw. vor der realen Welt funktioniert und das vorübergehend eskapistische Publikum 100min lang in eine bessere imaginäre Scheinwirklichkeit versetzen kann.

Das oft ent-dramatisierende, buffoneske Spektakel gewinnt sicherlich keine Preise im leisen oder gar intelligenten Humor und spart sich nicht nur für indirekte Anspielungen auf, aber verzichtet im Gegenzug auch auf allzu lärmigen Slapstick.
Foul language in lustvoll ausgekosteten Wortduellen ja, Filmparodien, Klamauk und Tempo auch, anarchische Destruktion fast nie und richtig grob schon gar nicht.
Eine wichtige Basis ist der expressive Körper, incl. vehementen Gestiken und ausdrucksstarkem Habitus. Der nahezu comigale Mensch als Reservoir und Instrument von Bewegungen zwischen und mit Alltagsgegenständen. Man fällt durch Löcher, grosse Höhen hinab, kracht durch viel Glas und steckt sogar Schusswunden ungerührt weg. Durch die überhöhte Wahnwitzigkeit sind auch einige Tote in der Laufzeit nicht weiter störend. Choreograph Paul Wong Kwan tobt sich in zwei Shootous aus, die geradezu exemplarisch die Sprache der damals gegenwärtigen Bloodsheds sprechen und eine comigale Darbietung aus Waffengestus, Akrobatik, Artistik und Härte veranstalten. Das Ganze noch ergänzt durch die Explosion eines Tanklasters, einige knappe Martial Arts Einlagen plus die zündende Satire darauf: Bruce Lee - Bewunderer Chow nutzt in seiner traditionellen Hommage dessen unverkennbare Mimik, wobei er zwei Saugglocken zum Nunchaku umwandelt.

Die Inszenierung selber ist gleichbleibend in Kalkulation, Ordnung, Spontanität und Chaos aufgeteilt, wobei trotz einem breiten Spektrum körperlicher Aktivitäten reine Aggressionshöhepunkte eher rar gesetzt sind. Sowieso verhält sich das Timing häufig unaufdringlich und improvisationsartig und zielt nicht mit krampfhafter Absicht auf ein Resultat ab. Wongs schnörkelloser Regiestil ist angenehm flüssig, ansprechend drollig und wohltuend erfrischend. Ein Film der Schauwerte, aber nicht des ästhetisches Hochgenusses. Die Farbfotographie eher blass, Sets teilweise kärglich und visuelle Effekte wahrscheinlich damals schon altbacken. Dafür besitzt man sympathische Personen, die - sei es nur aufgrund einer Überbetonung von Sprache und Verhaltensweisen - in jeder Situation amüsant wirken, selbst clownishe Gags mit Banane im Gesicht oder offenem Reissverschluss noch rüberbringen können und so folglich grossen Anteil an der komödiantischen Qualität haben.
Das Einspiel betrug stattliche 40.342 M. HK$; womit man zwar nicht ganz an die überraschenden 41.326 M. HK$ von All for the Winner herankam, aber das Chow Yun Fat Original [ 36.2 M. HK$ ] überbieten konnte und vor allem den plötzlichen Starruhm von Stephen Chow und dessen weitere Karriere festigte.

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