Review

Completely Murder

Haben wir die 90er als Retrojahrzehnt direkt übersprungen?! Nein, natürlich nicht, von Blockbustern wie „Transformers“ bis zu kleineren Genretipps wurden auch die 90er in letzter Zeit kräftig angefasst und filmisch angeschmachtet. Nie dermaßen exzessiv wie die 80er, aber das Jahrzehnt bleibt wohl auf ewig der Höhepunkt der Retrowelle. Obwohl die 50er in den 80ern auch nicht ohne waren… Zurück zum Thema. Der neue Teenieslasher „Time Cut“ auf Netflix springt nämlich direkt in die frühen 00er (!) und lässt ein Mädchen von heute per Zeitreise im Damals gegen einen Serienkiller antreten, der u.a. ihre (über 20 Jahre ältere?!) Schwester auf dem Gewissen hat…

She was a Slashergirl…

Britney statt Taylor, bauchfrei statt Jeans bis zur Brust, Buffy statt Wednesday, Avril Lavigne statt Lady Gaga. Beyonce war damals schon da und bleibt zeitlos. Aber ansonsten muss sich die Protagonistin in diesem an akuter Blutarmut leidenden Zeitreiseslasher doch ziemlich umgucken und umgewöhnen in einer Zeit vor dem Internet auf dem Handy… Doch die Erinnerungen an damals - samt Soundtrack, Mode, Anspielungen und Missverständnissen zwischen den Generationen - sind an „Time Cut“ schon das einzig Solide. Der Rest ist echt vollkommen belanglos. Wurde sehr ähnlich letztes Jahr schonmal besser gemacht („Totally Killer“). Und funktioniert weder als Slasher noch als Fisch-aus'm-Wasser-Geschichte. Er könnte fast die Disneychannelversion eines Slashers sein. Ja, es ist übel. Dazu gesellen sich trotz seiner knappen Laufzeit erstaunlich Leerlauf und Längen, schwaches Alterungs-Make Up, ärgerliche Produktplatzierungen, klischeehafte Teenager und vollkommen leere Kalenderspruchdialoge. Eine kaum fühlbare Schwesterbeziehung. Und ein dadurch nochmal besonders brutal im Sand verlaufender emotionaler Kern. Das ist teils wirklich schon grottig. Und hätte ich nicht diese Zeit selbst als Jugendlicher erlebt und dadurch automatisch das ein oder andere Grinsen für diesen bemühten Versuch - z.B. bei Wheatus' „Teenage Dirtbag“ - dann wäre das Fazit sicher noch vernichtender. „Time Cut“ ist auf schlechteste Weise stumpf, zu spät und inkompetent. Zu clean, zu glatt, zu brav. Da gewinnen auch ein paar coole Songs, ein gutes Gefühl für und süße Erinnerungen an 2003 und insgesamt ganz sicher nicht niedrige Produktionsqualitäten keinen Blumentopf mehr. 

Fazit: schwacher Abklatsch eines Abklatschs eines Abklatschs… (oder netter ausgedrückt „Partnerfilm“). „Time Cut“ ist Teenagerbückware nur um sein Streamingprogramm dieses Halloween zu füllen. Das ist wenn überhaupt Dienst nach Vorschrift von Netflix. Ziemlich lahm. Guckt euch die Maske des Schlitzers an… das sollte schon zeigen, wie kreativ und killer es hier zugeht. Da hat Vanilleeis von Ja! mehr Geschmack und Identität. 

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