Review

Das italienische Kino der 70er Jahre war wahrlich vielseitig. Neben staubigen Italo-Western, bluttriefenden Horror-Schockern, leichtgängigen Erotikfilmchen und großem Autorenkino, gab es natürlich auch die Giallos.
Zu den ganz Großen dieses Sub-Genres zählen sicherlich Argento, Bava oder Sergio Martino, doch auch jenseits dieser wohlklingenden Namen gibt es einige Perlen zu entdecken und solch ein Film ist sicherlich Luciano Ercolis „Death Walks on High Heels“:

Nicole Rochard (Susan Scott) ist Tänzerin in einigen Pariser Nachtclubs. Nachdem ihr Vater, ein bekannter Juwelendieb, ermordet wurde, wird auch ihr plötzlich nachgestellt, da der Täter die Edelsteine bei der Tochter vermutet. Doch diese hat keinen blassen Schimmer und so kommt es zu einer Konfrontation mit dem maskierten Täter, der ihr ein letztes Ultimatum setzt. Aufgrund eines schlimmen Verdachtes, ihr Freund Michel (Simón Andreu) könnte der Unbekannte sein, verlässt Nicole zusammen mit ihrem Verehrer Robert Matthews (Frank Wolff) Paris, um in London ein neues Leben zu beginnen. Schnell bahnt sich eine Beziehung zwischen den beiden an und Nicole zieht in Matthews‘ Liebesnest, da dieser nämlich verheiratet ist und die gehörnte Ehefrau nichts mitbekommen soll. Doch auch in diesem verschlafenen Dorf scheint man nicht richtig in Sicherheit zu sein, und so wird das Leben dort schnell ungemütlich...

„Death Walks on High Heels“ hat einen wirklich großen Knackpunkt, der dem Film eine bessere Note verwehrt. Die Rede ist von seinem eher schleppenden Beginn. Obwohl die Eingangsszene mit dem Mord an Nicoles Vater und die anschießende Warnung der Polizisten, mitsamt dem ersten Drohanruf für gewisse Spannung sorgen, verflacht der Film in den darauffolgenden Minuten immer mehr und plätschert gemächlich vor sich hin. Zwar werden durch Nicoles Tanzeinlagen und einigen erotischen Szenen optische Akzente gesetzt, doch diese können nicht darüber hinweg täuschen, dass es alles arg langgezogen wirkt. Man hat den leichten Eindruck, der Film wisse nicht so recht, wie er sich denn nun entwickeln möchte. Erst mit der Abreise nach England wird Fahrt und Suspense aufgenommen und schon die Bewohner des kleinen Dorfes schauen recht verdächtig aus. Langsam wird die Spannungskurve aufgebaut, sei es z.B. durch die Tatsache, dass Nicole von einer Person des Nächtens mit einem Fernglas beobachtet wird. Der Zuschauer merkt, dass es bald zu einer Katastrophe kommen muss und als diese dann auch eintritt, macht der Film fast eine komplette Drehung um seine eigene Achse und entwickelt noch einmal unheimlich an Tempo. Der Plot wird dabei immer verworrener: Dutzende roter Heringe werden verstreut und der Plot twistet schneller als manch ein Rennfahrer um die Ecke fegt und der Zuschauer ist dabei mittendrin. Auch wenn man sich in diesen Momenten doch öfter Mal verloren fühlt, so steuert der Film dann doch relativ zielstrebig der Auflösung des Ganzen entgegen. Mittels Flashbacks erklärt uns Regisseur Luciano Ercoli die restlichen Zusammenhänge und irgendwie hat er es auch geschafft, die ganzen verschiedenen Verstrickungen halbwegs plausibel zusammenzuführen. Auch wenn manch eine Erklärung doch ziemlich weit hergeholt ist und durchaus noch immer Fragen offen sind, ist man mit dem Endergebnis, angesichts des aufgebauten „Storywusts“, doch zufrieden. Mein persönliches Highlight in dieser Phase des Films sind übrigens die beiden ermittelnden Kommissare Baxter und Bergson, die entweder durch ironische und seichte Kommentare oder griffige Dialoge die Szenerie aufheitern und dem Zuschauer das ein oder andere Grinsen abverlangen. Dadurch entsteht teilweise eine merkwürdige Atmosphäre, die zu Beginn vor allem von Erotik geprägt ist, woran Susan Scott nicht ganz unschuldig ist, dann jedoch durch die Kombination von Suspense und Comedy abgelöst wird – wahrlich ein interessanter Cocktail. Verstärkt wird dies mithilfe von ästhetischen Bildern, die wirklich seinesgleichen suchen und den Zuschauer verzaubern: Big Close Ups sind dabei genauso vertreten, wie Totalen der schönen Küstenlandschaft, an der das Sommerhaus steht oder die voyeuristischen Szenen durch das Fernglas. Eine wichtige Rolle spielt hier auch die Art Direction und auch bei diesem Punkt versprüht der Film den richtigen Charme, sei es nun der urige Pub im Dorf, oder das verruchte Nachtleben Paris. Untermalt werden die gezeigten Bilder von der Musik Stelvio Ciprianis, die in keiner Szene unpassend wirkt und sowohl die dramatischen, wie auch die heiteren Töne ausgezeichnet beherrscht.
Zu dem größtenteils positiven Bild des Films tragen natürlich auch die Schauspieler bei. Allen voran sei hier Frank Wolff erwähnt, der den Robert Matthews spielt. Seine Verkörperung der Rolle ist durchweg positiv und verleiht dem Charakter Tiefgang und auch einen gewissen geheimnisvollen Touch, denn wirklich sicher, mit wem man es hier zu tun hat, ist man während des Films nicht. Stark aufspielen kann auch Simón Andreu als Michel Aumont. Er ist es, der durch seine Spritzigkeit im letzten Filmdrittel die Dynamik aufkommen lässt, gleichzeitig aber auch immer eine gewisse Unbekannte bleibt, da sein Verhalten unberechenbar ist und man ihm doch eigentlich alles zutrauen könnte. Nicht ganz mithalten mit den Performances der eben erwähnten Kollegen kann Susan Scott. Dazu gibt ihre Rolle aber auch nicht mehr her und so brilliert sie vor allem mit ihrem Äußerem oder muss als „Scream-Queen“ fungieren. Eine Szene ist mir dabei besonders im Gedächtnis geblieben, die ebenfalls ein gutes Beispiel für die ausgezeichnete Kameraarbeit ist: In Großaufnahme kann der Zuschauer das Entsetzen von Nicole Rochard einzig an ihren Augen ablesen, wie diese immer größer werden und sich langsam mit Furcht füllen – wirklich klasse. Gerne würde ich hier die beiden Schauspieler namentlich erwähnen, die meine favorisierten Kommissare verkörpern, doch leider konnte ich nicht herausfinden, wer hinter den Rollen steckt. Nichtsdestotrotz kann man ihnen natürlich Lob aussprechen, denn ihre Darstellung ist wirklich vorzüglich.
Auch wenn „Death Walks on High Heels“ nicht ganz zur Top-Liga der Giallis gehört, so überzeugt der Film vor allem durch seine zweite, intensive und temporeiche Hälfte. Leider hat man durch den verschlafenen Start wichtige Punkte verloren, die in der späteren Addition fehlen, denn die restlichen Zutaten sind, abgesehen von einigen Kleinigkeiten, wie dem teilweise sehr konfusen Plot, wirklich gut und so sollte der Film in keiner Giallosammlung fehlen. 7/10

Details
Ähnliche Filme