Review

Endlich habe ich mich als langjähriger Besucher der OFDB dann mal dazu durchgerungen, selbst einen Account zu erstellen, um meinen nicht unbedingt relevanten, aber doch hoffentlich unterhaltsamen Senf zu diversen Filmen geben zu dürfen / können, die seit meinem 16. Lebensjahr und damit meinem aufkeimenden Interesse am trashigen Filmgenuss meine Aufmerksamkeit erregt haben. Dass ich den hier besprochenen Film eher mittelprächtig benotet habe soll nicht heißen, dass ich den Film nicht schätze (Spoiler: das Gegenteil ist der Fall), aber gerade im italienischen Exploitationbereich gibt es spannendere Genrekost. Dennoch mag ich den Film genug, um immer mal wieder zu ihm zurück zu kehren. Und nebenbei bemerkt den Originalnamen des Antagonisten als Nickname zu übernehmen. Jepp, Filmkiller Nikos ist eigentlich deutscher.

Die Handlung ist nicht allzu komplex, für einen splattrigen Urlaubsschocker völlig ausreichend: eine Gruppe Touristen auf Seereise begleiten eine junge Dame auf eine griechische Insel, auf welcher diese eine befreundete Familie besuchen will. Beim Landgang jedoch erscheint die Insel leer. Doch bald schon trifft die Gruppe auf die letzten lebenden Bewohner und den monströsen verursacher des rapiden Bevölkerungsschwundes, einem Schiffbrüchigem mit Neigung zum Kannibalismus, der (im wahrsten Sinne) Blut geleckt hat...

Der Name des Regisseurs, Joe D'amato, sollte Kennern schon andeuten, dass man hier keine leichte Kost zu erwarten kann. Wem der Name nichts sagt, dem werden die frühere Beschlagnahme des Filmes und sein daher schlechter Ruf einen dezenten Hinweis darauf geben, was zu erwarten ist. Der rührt vor allem von zwei Szenen her, die ich hier nicht spoilern möchte, aber definitiv zum widerwärtigsten gehören, was die damalige Filmindustrie effektseitig und konzeptionell zu bieten hatte. Der Rest der gezeigten Gewalt ist zwar unangenehm, geht einem aber dank Hackfleischeffekten und Papprequisiten weniger durch Mark und Bein als diese beiden filmgewordenen Tritte in die Magengrube. 

Diese sind durchaus atmosphärisch eingebettet: Sets, Beleuchtung und Musik lassen durchaus Stimmung aufkommen.Die von Salzwasser zerfressene und mit verrottetem Zahnfleisch verunstaltete Fratze von George Eastman tut ihr übriges: sein erster AUftritt in dem Film ist ein athmosphärischer Höhepunkt und seine Statur lässt ihn als umso gruseliger da gefährlicher / überlegener erscheinen. Weitere Highlights sind der Selbstmord der von Schuldgefühlen geplagten Schwester des Mörders sowie die Brunnensequenz gegen Ende des Filmes. 

D'amato weiß durchaus, Spannung zu erzeugen.

Auf der anderen Seite hat Man - Eater aber auch eine Fülle (unfreiwillig) komischer Momente: die "deutschen" Touristen im O - Ton sind ebenso ein Lachgarant wie die diversen abgetrennten Pappmachéköpfe, an Schnüren schwebende Plastikfledermäuse im Versteck des Kannibalen und einige andere vermurkste Kleinigkeiten. Dazu kommt, dass der ansonsten gruselige, aber in jedem Fall hervorragende Score von Marcello Giombini stellenweise etwas seicht rüberkommt, zumindest zu seicht für harten Horror. Viele der Aufnahmen muten eher an wie die Urlaubsvideos der Nachbarn, glücklicherweise ohne den schnarchigen Kommentar. Das steigert den Spaß am Film zwar aus Sicht des Trashgenießers, nimmt aber auch leider etwas die Spannung. 

Zudem werden auch einige Ideen leider nicht nennenswert weiterverfolgt. Die übernatürliche Komponente, die mit Zora Kerovas Figur und ihren Tarotkarten im Film Einzug hält ist später nicht mehr wirklich relevant, die Schwester des Killers hat auch leider kaum eine weitere Funktion, als vor ihrem Suizid ein paar Mal durch die Szenerie zu huschen und auch die zweite Überlebende, ein blindes Mädchen, wird inszenatorisch verschwendet. Zumindest mich hätte es durchaus interessiert, wie sie trotz ihres Handicaps den Killer über Monate überlisten konnte: eine kurze Rückblende dazu hätte dem Film hier vielleicht einen weiteren atmosphärischen Höhepunkt verleihen können. Zudem wird im gesamten Film nicht geklärt oder überhaupt darüber nachgedacht, wie ein enziger offensichtlich wahnsinniger Täter eine gesamte Insel im Alleingang ausrotten konnte. Ich nehme an, dass hier die Inszenierung George Eastmans als stummes Ungeheuer für seine grundsätzliche Überlegenheit spricht. Die Denkweise sagt mir zumindest mehr zu als anzunehmen, dass den Inselbewohnern das Schicksal der eigenen Nachbar offensichtlich egal genug war, um bis zum eigenen Ableben nichts gegen den Man Eater zu unternehmen.

Vielleicht ist der Film kein grundsätzlich guter Horrorfilm, aber ein herrlicher Videothekenreißer für den entspannten Freitagabend bei Bier und Pizza. Wenn man sich drauf einlassen kann hat man hier einen unterhaltsamen Tourieschocker mit einer gewissen Grad unfreiwilliger Komik. Zum Einstieg in die Welt des Italohorrors würde ich ihn jedoch nicht empfehlen. Einerseits aufgrund zwei Szenen, die Neulingen auch nach heutigen Maßstäben auf dem Magen schlagen sowie den Spaß verderben können,andererseits, da es (auch von D'amato selbst) hochwertiger inszeniertes gibt. Wenn es ein D'amato zum EInstieg sein muss ist der uns als Quasi - Nachfolger angepriesene "Absurd" die bessere Wahl.

In einer Welt der pompösen Suspirias ist Man Eater ein Punk, der den versnobten Giallotraditionalisten den ausgestreckten Mittelfinger präsentiert und ihnen zeigt, wohin sie sich ihren Hochglanz stecken können. Und zugegeben: Spaß macht es!

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