Mit "Man-Eater" schuf Joe d'Amato einen Klassiker des italienischen Schmuddelkinos, dessen Sichtung für Freunde des Genres absolute Pflicht ist. Diesen Umstand verdankt der Film bei uns sicherlich auch der Beschlagnahmung, aber darüber wurde sich an anderen Stellen bereits zur Genüge ausgelassen.
Die Story ist flugs erzählt: Ein paar Leute machen Urlaub auf einer griechischen Insel und stellen fest, dass das Reiseziel wie ausgestorben ist. Doch bald merkt man, dass die Insel dann ganz so unbewohnt doch nicht ist, denn ein Menschenfresser schleicht durch die Gassen und schleckt sich die Finger auf Grund des angekommenen Frischfleisches.
So richtig zur Sache geht es erst nachdem über die Hälfte der Laufzeit verstrichen ist. Bis dahin wird dem Zuschauer einiges an Geduld abverlangt (oder ein Druck auf die Taste der Fernbedienung mit den zwei Pfeilen nach recht), denn einige Szenen ziehen sich ordentlich. So finde ich den Versuch der Charakterzeichnung unserer Reisegruppe und die auftretenden Liebeleien und daraus resultierende Eifersüchteleien äußerst uninteressant.
Eines kann man dem Film aber (auch in der ersten Hälfte) nicht absprechen und das ist eine absolut bedrohliche Stimmung, die verbreitet wird. So gibt es gut gewählte Schauplätze wie die Häusergassen, die großen düsteren Häuser oder die kalte unheimliche Katakombe, welche beispielsweise durch ein blitziges Gewitter noch athmosphärischer werden. Auch die passend gewählte Musik unterstreicht dieses Gefühl, wobei man stellenweise garnicht von Musik sprechen kann, denn es herrschen dumpfe Töne und Geräusche vor.
Tja, und in der zweiten Hälfte hat dann der Man-Eater seinen großen Auftritt, als er sich begleitet von einem Blitz aus der Dunkelheit schält (zwar hat er vorher auch schon den ein oder anderen Braten zubereitet, aber da hat man in nicht in voller Montur gesehen) und zu Werke geht. Dieses Wesen ist eine äußerst imposante Erscheinung und ich möchte mit ihm nicht gerne Kirschen essen gehen. Bei der Besetzung dieser Rolle mit George Eastman (der Mann ist bestimmt über zwei Meter groß) hat man einen echten Glücksgriff gemacht. Die Erklärung für sein Verhalten gegen Ende des Streifens trifft einen hart, auch wenn das ganze nicht unbedingt psychologisch fundiert erdacht wurde, aber man darf nicht vergessen, dass es sich hier um eine rein fiktive Geschichte handelt und nicht um einen Film, der auf einer wahren Begebenheit beruht (wie angeblich viele Kannibalenfilme, zu deren Gattung Joe d'Amatos Werk irgendwo ja auch gehört).
Die berühmt berüchtigten Effekte verfehlen ihre Wirkung nicht, auch wenn sie stellenweise nicht sehr realistisch ausgefallen sind, aber allein auf Grund ihrer Perversität einen Platz am Splatterolymp gefunden haben. So ist die viel diskutierte Fötusszene (Wie hat man das nur gemacht? Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts!) und die finale Selbstaufmampfung abstoßend und somit für geneigte Fans sehenswert.
Auch wenn der Film die hohe Beachtung nur auf Grund von ein, zwei Szenen erlangte, ist dies insgesamt ein sehr düsterer und dichter Schocker aus Italien, der bei mir aber durch häufigere Längen einiges an Sympathien verspielt.