Die Metamorphose im Jahr 2024
Franz Kafkas "Metamorphose" wurde schon oft umgedichtet, angepasst und metaphorisch oder zeitlich erweitert. "Coleoptere", der wohl hochwertigste und komplexeste Beitrag aus dem diesjährigen Kurzfilmprogramm des FFF, ist ein weiterer Versuch diese vielschichtige Geschichte auf aktuelle Zeiten, Gedanken und Probleme zu stülpen. Erzählt wird eine Geschichte der Verwandlung, Abkapselung und Anpassung zwischen Bodyhorror, Banlieueplattenbau und Selbstfindung...
"Coleoptere" funktioniert natürlich auch ohne Vorwissen zu Kafka oder bisherigen Theorien zu dem Stück. Visuell ist das top, auch gut gespielt, düster und moody. Themen wie Rassismus und Immigration fließen ebenso ein wie persönlichere Konflikte, Zivilcourage bis hin zu Bodyhorror- und Creature Feature-Aspekten. Da kann man ohne Zweifel viel herausziehen. Sicher eines der teureren Werke im Get Shorty-Programm des Fantasy Filmfests. Läuft/Lief nicht zu unrecht auch in etlichen anderen Genrekurzfilmprogrammen rund um den Globus. Und dennoch konnten mich Geschichte, Figuren, Tempo und Art der Erzählung nicht lange genug halten und interessieren, um hier ein gutes, kohärentes Gesamtbild zu sehen. Es bleibt vage und verkopft, langsam und theoretisch. Ich hätte mir mehr Aktionen und Horror, mehr Handlung und Handfestes gewünscht. Vor allem weil die Laufzeit für einen Kurzfilm gar nicht allzu kurz ist.
Fazit: visuell und philosophisch ergiebig. Wie könnte es bei Kafkas Grundlage auch anders. Geschichtlich und charakterlich hat mich das allerdings kalt gelassen.