Kitanos "Zatoichi" ist ein eigenartiger Film. Als Historienabenteuer (mit bemerkenswerter Filmgeschichte) angelegt, nimmt sich dieses Werk viele Freiheiten, was die Geschichtstreue und die Aufmachung der Story angeht. Welche dem Film dabei von Vorteil sind und welche ihm ihm Weg stehen, will ich versuchen aufzuzeigen.
Der blinde und in die Jahre gekommene Samurai Zatoichi, der mittlerweile als Wandermasseur arbeitet, aber nichts von seiner Kunstfertigkeit eingebüßt hat, zieht von Stadt zu Stadt, tötet die Bösen und hilft den Guten. Das wars, der Rest ist Beiwerk, die Geschichte ist erzählt. Takeshi Kitano hat es sich also nicht nehmen lassen, dem Film einige Besonderheiten aufzufrücken, die ihm einigen Unterhaltungswert verleihen.
Zunächst wäre die ruhige, natürliche Aufmachung zu nennen. In meist schwachen Farben wird mit eher wenigen Schnitten und stillen Bildern die ländliche Atmosphäre eingefangen, die Zatoichi vor Unheil bewahren muss. Musik wird kaum eingesetzt, aber wenn, ist sie von modernem Klang und steht so im Gegensatz zu den historischen Bauten und Kostümen; sie verleiht dem Ganzen dabei einen eigenene Charme und ist sehr gelungen. Auch modern, aber leider sehr störend sind die CGI-Effekte. Diese sind mittlerweile ja schwer in Mode gekommen und Kitano hat sie nach eigener Aussage benutzt, weil die Zuschauer in der heutigen Zeit ja Blut erwarteten und die Kämpfe damit realistischer würden. Nun ja... Mit einer weiteren Aussage trifft der Regisseur und Zatoichi-Darsteller wohl eher ins Schwarze: Die Kämpfe bekämen eine comichafte Qualität. Nun sind die Bluteffekte aber dermaßen schlecht gekünstelt, dass trotz teilweise recht herber Metzeleien einfach alles wie Plastik wirkt - zum Glück hängt aber nicht alles von der Gewalt ab.
Da wäre natürlich zunächst der Dreh- und Angelpunkt von "Zatoichi", natürlich der blinde Samurai zu nennen. Hervorragend gespielt vom Regisseur wirkt er grundsätzlich so bedächtig wie eben jemand, der auf jeden seiner Schritte achten muss. Gleichzeitig aber spürt man die ständige Aufmerksamkeit, die sich zum Beispiel in einigen Zuckungen des sonst ruhigen Gessichts äußert. Trotz seiner Menschenscheu ist Zatoichi grundsympathisch. Auch die stille Erhabenheit selbst in komischen Situationen gibt Kitano gut wider.
Diese bestehen hauptsächlich in Slapstick-Einlagen und sind wie immer für den westlichen Zuschauer eher Geschmackssache, funktionieren im Gegensatz zu anderen Filmen aber erstaunlich gut und gliedern sich homogen in den Kontext ein (nur mit dem Running Gag des geistig Behinderten konnte ich wenig anfangen - damit wird hier recht sorglos umgegangen).
Nun zu einem Kernpunkt des Films - dem Kampf. Dieser findet zahlreich statt und lässt sich auch in Sachen Qualität nicht lumpen (von den CGI-Effekten mal abgesehen). Gerade zum Schluss hin werden die Kampfsequenzen immer länger und ausgefeilter. Da Zatoichi nicht lange fackelt und jeden Gegner meist mit einem einzigen Hieb zur Strecke bringt, muss natürlich einiges an Komparsen aufgefahren werden. Die Choreographie ist dabei auf hohem Niveau und bietet auch coole Einlagen wie den Kampf durch eine Papierwand, wobei natürlich nicht von aufwändig in die Länge gezogenen Edelfights wie in neueren Asiaepen (z.B. "House Of Flying Daggers" o.ä.) ausgegangen werden darf; alles läuft recht schnell und ruckartig ab, auch Zeitlupeneinsätze werden knapp gehalten. Kurz: Die Kämpfe machen Spaß und wirken ungekünstelt!
Vom Drehbuch ist das nicht immer zu sagen: Grundsätzlich ist die Geschichte episodenhaft aufgebaut, immer wieder gibt es Einsprengsel, die den Plot nicht voranbringen, aber unterhaltsame Qualitäten bergen sollen. Sehr gelungen ist dabei der Einsatz von Stepptänzen mit meist Alltagsgegenständen, die periodisch als Intermezzi eingebracht werden und auf hoher Qualität zur unorthodoxen Auflockerung des Geschehens beitragen können. Besonders das Fest am Ende des FIlms weiß zu begeistern.
Im Gegensatz dazu gib es Szenen, bei denen man sich am Kopf kratzen und den werten Regisseur fragen möchte, aus welchen Gründen er nun das einbringen musste. Da werden nach bereits erfolgter Erzählung der traurigen Vergangenheit eine Geishapaars noch einmal entsprechende Einsprengsel gebracht, die beileibe nichts Neues einbringen und lediglich den Erzählfluss aufhalten. So wirkt der eigentlich logisch aufgebaute und teils erfrischend stringente Film an einigen Stellen recht zäh, sodass ihm einiges am Unterhaltungswert verloren geht, was er bei etwas mehr Knappheit sicher gehabt hätte.
Insgesamt ist "Zatoichi" kein genialer Streich des berühmten Regisseurs, aber ein erstaunlich natürlicher Beitrag zum Historienabenteuer, der sich auch vor passenden modernen Elementen nicht scheut und alles in allem gut zu unterhalten weiß.