Ryuhei „Versus“ Kitamura lässt es erneut richtig krachen! „Azumi“ bringt dem Liebhaber des japanischen, heutzutage schwer angesagten Actionkinos einmal mehr die volle Breitseite an genretypischem Programm. Vielleicht nicht so brutal wie der allseits vor allem durch seine Absurdität bekannte „Versus“, wartet diese Martial-Arts-Show dafür mit einer zum Teil überraschend bewegend erzählten Handlung und mehr Charaktervielfalt auf. Ein vormaliger Samurai schwört seinen Befehlshabern nach einer gewaltigen Schlacht, er würde nach einer Alternative zu tausendfachem Tod als Lösung für politische Konflikte suchen – die Ausbildung von Assassinen. Zurückgezogen in den Bergen fuchteln unter seine Obhut zehn Waisenkinder mit dem Schwert herum, unter ihnen auch Azumi (nett anzusehen: Aya Ueto). Am Ende ihrer harten, aber freundschaftlichen Ausbildung steht eine letzte Prüfung, die sich gewaschen hat: die zehn finden sich paarweise zusammen, nur um dann den Befehl zu erhalten, sich gegenseitig umzubringen. Die Fünf, die überleben, dürfen an dem großen Plan, sämtliche aufständische Kriegsfürsten im Land auszuschalten, teilhaben.
Ja okay, das klingt schon wieder nach übergehypter Japanoscheisse in Videoclip-Manier, ist aber meines Erachtens nach deutlich besser als Vieles aus der Richtung. Ehrlich gesagt reite ich schon lange nicht mehr auf dieser endlosen Welle von modernem Nippon-Kino mit, nach den grossen Erfolgen eines Beat Takeshi war das bei mir auch wieder vorbei, aber dieser Film hier ist echt absolut in Ordnung! Die ersten zwanzig Minuten sind überraschenderweise und für einen Kitamura sehr ungewöhnlich einfühlsam und emotional inszeniert und lassen auf einen möglicherweise etwas differenzierten Plot schliessen. Okay, so weit kommt es dann doch nicht, allerdings bekommt der Zuschauer die volle Kante an Schwertaction sowie schräge Charaktere in Hülle und Fülle geboten. Wie schon in Versus schwirrt die Kamera mitunter wie ein Elektron bei der Kernspaltung durch die Gegend und alles tobt durch die Gegend, wobei der Härtegrad der Action diesmal nicht allzu sehr ausufert und auch Genreneulinge nicht gleich den derbsten Splatter seit Anbeginn der Zeit zu sehen bekommen – aber das muss ja auch nicht zwingend sein. Dafür sind die Kämpfe umso besser choreografiert und das Blut spritzt nichts desto trotz noch wie in Strömen! Nicht nur die abgefahrenen Charaktere sind sehr interessant und nett anzusehen, und das Mitfiebern hält in der Tat bis zum fulminanten Finale an, in dem es noch mal richtig zur Sache geht! Zwar wirkt die Thematisierung des Charakters Azumi mit ihren inneren Konflikten doch etwas aufgesetzt und unnötig, doch wen stört das schon, wenn es sich um einen echten Kitamura handelt.
Also: wer Versus mochte, dem ist Azumi vorbehaltlos zu empfehlen. Wie schon gesagt treibt man es hier nicht allzu freakig und besonders viel zu lachen bekommt man auch nicht, dafür hat Azumi andere Qualitäten, wie einen Sinn für echte Dramatik (perfekt unterstützt durch die japanische Sprache) beispielsweise und einen klangvollen Soundtrack. Dazu kommen die wirklich erstklassigen ersten 20 Minuten und wieder mal massig Extrastoff auf DVD, wie ein aufschlussreiches Making Of – sollte man zur UK-DVD von OR greifen, wozu ich nur raten kann.