Schon während der frühen Entwicklungsphase des Italo- oder Spagettiwesterns regten sich auch außerhalb von Italien erste Produzenten, die ihrerseits der sich langsam aufbauenden Erfolgswelle ein paar Dollars abringen wollten. Dazu gehört auch „Gesetz der Bravados“. Ein sehr früher Vertreter des Paella-Western, wie man sie in Spanien bezeichnete.
Der ehemalige Filmdozent José Luis Borau debütiert hier gleich doppelt in der Funktion als Regisseur und Drehbuchautor, hat aber weder als Filmemacher noch Schreiberling besondere Talente vorzuweisen, weswegen sich die charakteristischen Merkmale der europäischen Westernbewegung hier wirklich nur minimal herauskristallisieren.
Schon allein der zentrale Handlungsort Tombstone lässt nur zu deutlich durchblicken, dass Borau sich hier noch an den amerikanischen Vorbildern orientiert, anstatt konsequent mit ihnen, der Schwarzweißmalerei und der Romantisierung des Wilden Westens abzurechnen.
Die Bewohner dieses Kaffs, das irgendwo in Arizona angesiedelt wird, bekommen es hier mit einer skrupellosen Versicherungsgesellschaft zu tun, die nicht nur mit den lokalen, korrupten Politikern unter einer Decke steckt, sondern das Hab und Gut eines Jeden inklusive den Besitzer selbst in die Luft sprengt, sofern die Policen nicht gekauft werden. Anstatt sich zusammenzuraufen und dem Treiben ein Ende zu bereiten, müssen sie starr vor Schreck mit ansehen, wie auch noch ihr unbestechlicher und rechtschaffener Sheriff (Antonio Casas, „Eine Pistole für Ringo“, „Zwei glorreiche Halunken“) kaltblütig von Moody (Claudio Undari, „Abrechnung in Veracruz“, „Die Rotröcke), dem Anführer jener die Anschläge verübenden Terrorbande, erschossen wird. Die Wahl des neuen Sheriffs fällt zugunsten des Säufers Brandy (Alex Nicol, „Feuerkopf von Wyoming“, „Der Mann aus Laramie“) aus. Der, so glauben die Bewohner, stünde zumindest nicht ihren nun folgenden Plänen im Weg.
„Gesetz der Bravados“ erweist sich als etwas merkwürdiger Western. Unausgegoren beschreibt es wohl am besten, was Borau hier letztlich verzapfte. Obwohl die Laufzeit sich auch hier auf das Minimum beschränkt, zerfasert die Geschichte von Minute zu Minute, wird das Geschehen unglaubwürdiger und nervt das Drehbuch mit großzügigem, kitschigen Pathos, rund um Brandy. Dessen und Stevens Vergangenheit finden übrigens keinerlei Erwähnung. Die vielen rückgerichteten Andeutungen sind deswegen auch nicht nachvollziehbar und stören den Ablauf ein ums andere Mal. Warum will Donald beispielsweise nicht mit Moody trinken?
Borau beginnt Donald Steven als die vermeintliche Hauptfigur einzuführen, die sich als zu unrecht gescholtener und aus dem Knast auf Bewährung entlassener Revolverheld auch prima als zentraler und vor allem innerhalb der Grenzen des Genres glaubwürdiger, zentraler Charakter anbietet, entscheidet sich aber schon wenige Minuten später gegen ihn, um ihn nur in wenigen Szenen noch einmal auftreten und kurz vor Schluss eine wichtige Entscheidung treffen zu lassen. Im übrigen offenbart sich schon in diesen ersten Minuten eine reichlich schlampige Regie, die später vor allem in den mies choreographierten Prügeleien, bei denen dann Treppengeländer schon mal viel zu früh und offensichtlich präpariert wegbrechen oder die Opponenten durchgehend Luftschläge produzieren, immer wieder auffällt.
Die Hinwendung zu Brandy, dem ein Schicksal, über das wir als Zuschauer leider nie aufgeklärt werden, scheinbar jeglichen Lebenssinn raubte, so dass er jetzt würdelos sich täglich seinen Whiskey erbetteln muss, erfolgt danach zwar zügig, das Tempo des Films bleibt dennoch gemächlich, auch weil er sich zunächst an einigen kitschigen Momenten aufhält. So wird Brandy dann schließlich von einer Minute auf die andere trocken, weil Eva (Maite Blasco), eine knechtende Bardame und Claim-Besitzerin, der er so ganz nebenbei dank einer kleinen List noch aus finanziellen Nöten helfen kann, ihm ihre Liebe und Zuneigung schenkt, während zwischenzeitlich im Sheriff-Büro trällernd gepicknickt wird...
Brandy jedenfalls sieht sich durch sie in einem ganz anderen Licht, ergreift die Initiative und verhaftet Moody, worauf dann auch endlich dessen Bande in der Stadt auftaucht und alles in einem Abwasch erledigt wird.
Der Film zieht sich bis zur finalen Eskalation in der Stadt enorm, präsentiert abseits von explodierenden Gebäuden nur wenig Schauwerte und verfügt leider auch nur über einen, freilich erfahrenen, aber nur durchschnittlich schauspielernden B-Cast. Allen voran Alex Nicol, der sich durch etliche günstig produzierte U.S. – Western in denen der vorher mitspielte schon bestens auf diesem Gebiet auskannte und trotzdem keine Akzente setzen kann. Vom Drehbuch versaubeutelte Nebenfiguren, wie der allzu euphorische, junge Freund Brandys und dann wiederum schon wie Schlüsselszenen aufgezogene Situationen, die letztlich doch keinen Nutzen haben (Eva beobachtet den Bürgermeister beim gemeinsamen Kartenspiel mit Pete Pritchard, dem Versicherer), verärgern ein ums andere mal. Etwas mehr Sorgfalt in Bezug auf Inszenierung und auch Drehbuch hätten wirklich nicht geschadet.
Eine gewisse Kompetenz lässt Borau, zum Beispiel als Brandy den flüchtenden Chirlo (José Canalejas) bis in einen felsigen Canyon verfolgt und sich mit ihm duelliert, zwar immer wieder durchblicken, konservieren kann er diese guten Momente allerdings nie. Komponist Riz Ortolani („Der Tod ritt Dienstags“, „Zeder“), ein lange Zeit schwergeschäftiger Tausendsassa, der bei seinem Output aber nie das Niveau von Ennio Morricone erreichte, ist ihm dabei allerdings auch keine Hilfe.
Wer sich für die Anfänge dieser relativ langlebigen, europäischen Filmbewegung interessiert, der kann sich „Gesetz der Bravados“ ruhigen Gewissens zu Gemüte führen. Von der ersten Liga ist der Film allerdings noch etwas weiter entfernt als vom Bodensatz, auch wenn in dieser frühen Phase noch längst keine Fließbandproduktion wie später stattfand und die Qualität oft ins Bodenlose sank - spätestens als die Spaßwestern aufkeimten.
Das Problem von Borau ist einfach die Belanglosig- und Unglaubwürdigkeit seines Films. Es mangelt hier, auch bedingt durch die mittelmäßigen Darstellern; an Charakteren, die sich nicht gänzlich austauschen lassen könnten, natürlich Spannung, da der Film insbesondere anfangs einfach unübersehbar Probleme hat in Fahrt zu kommen und sich nahezu auf das Alltagsleben von Tombstone beschränkt, sowie elementare Zutaten, wie kernige Kämpfe auf Leben und Tod, Verlust und Rache. Irgendwo findet man diese Motive hier zwar alle an, aber so lieblos wie sie eingebettet und umgesetzt worden sind, lässt sich nur konstatieren, dass den Machern das Geschick fehlte, um sie nicht nur intensiv und emotionell zu inszenieren sondern vor allem zum Zuschauer zu tragen.
Fazit:
Kleiner, früher Paella-Western für Genreinteressierte, dem noch einiges fehlt, was das sich seinerzeit noch entwickelnde Genre später ausmachen sollte. Noch längst nicht vom amerikanischen Bruder gelöst, debütiert José Luis Borau hier mit einer halbherzigen Geschichte, um seinen geläuterten Säufer, der quasi über Nacht und fast im Alleingang eine ganze Stadt bekehrt und sich mit ihr zum Widerstand organisiert. Ein über alle Maßen unwichtiger Film, der vom Drehbuch über die Inszenierung bis zu den Darstellern weder Akzente setzt, noch Anspruch auf historische Wichtigkeit erheben darf.