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Und es gibt ihn immer noch: den titelgebenden Schacht, jenes hohe Gebäude mit hunderten kleiner Stockwerke, auf denen je 2 Personen mit spärlichster Einrichtung leben, während einmal pro Tag von oben eine reichlich mit Essen gedeckte Plattform nach unten fährt. Je weiter oben man sich befindet, desto besser stehen die Chancen, sich ernähren zu können - weiter unten kommen nur noch Reste an, ganz unten gar nichts mehr. Für jeweils einen Monat bleibt man mit einem/einer Gefährtin auf solch einem Stockwerk, bevor man dann in irgendeinem anderen Stockwerk - weiter oben oder weiter unten - wieder erwacht...
Dementsprechend haben es Perempuan (Milena Smit) und Zamiatin (Hovik Keuchkerian) ganz gut getroffen, denn sie wachen auf Stockwerk 24 auf, also relativ weit oben und haben damit gute Chancen, essen zu können. Als Neuerung im Vergleich zum ersten Teil darf man sich inzwischen bei der Aufnahme in diese Einrichtung ein Essen aussuchen, welches dann täglich mit der Plattform geliefert wird. Noch wichtiger ist jedoch eine Art Solidarität unter den Insassen, die auf strengen Regeln basiert, die ein Überleben aller ermöglichen sollen. Diese Regeln wurden von einem "Gesalbten" festgelegt und besagen u.a., daß man nur sein eigenes Essen essen darf und selbst das Essen Verstorbener wegschmeißen muß und keineswegs für sich selbst verwenden darf. Überwacht wird die Einhaltung dieser Regeln nicht nur von den Insassen selbst (mittels einer "Kette" genannten Informationsweitergabe), sondern auch vom Ober-Gesalbten Dagin Babi (Oscar Janeada), der mit ein paar Getreuen (sprich: Henkern) drakonische Strafen verhängt.
Perempuan, eine Künstlerin Mitte Dreißig mit schwarz gefärbten Haaren,  ist diszipliniert und ruhig, während Mathematiker Zamiatin, ein glatzköpfiger Mann mit riesiger Wampe, der nur in Unterhosen herumläuft, tagtäglich mit seinem Hunger kämpfen muß. Sie überstehen den ersten Monat so leidlich, obwohl Zamiatins Wunsch-Pizza schon einmal angenagt ankommt, weil sich ein paar Stockwerke weiter oben jemand nicht beherrschen konnte. In den folgenden Monaten lernen sie auf verschiedenen Stockwerken nicht nur den Hunger kennen, sondern auch Gerüchte und Meinungen anderer Insassen, denen sich Perempuan anschließt. Bis sie eines Tages mit Dagin Babi konfrontiert wird...

Stellte der hervorragende erste Teil des Schachts (2019) eine gleichnishafte Auseinandersetzung mit der menschlichen Existenz dar, die von Klassenkampf, Egoismen und Moral bestimmt war, mutet dieser 2. Teil von Der Schacht eher wie ein Reboot, eine Neuauflage an: abgeänderte Regeln, die nicht von den Herrschern des Schachts, sondern den Insassen selbst aufgestellt wurden, welche sich damit untereinander blutige Fehden liefern statt gegen das eigentliche System aufzubegehren. Der Seitenhieb auf religiöse Führer und deren anmaßende Verblendung ist zwar deutlich zu erkennen, doch leider läuft das Geschehen diesmal ohne deutlichen roten Faden und ohne Spannung vor sich hin und besteht in der Hauptsache aus einer Aneinandereihung von skurrilen bis grauenhaften Szenen. Die Faszination des 2019er Erstlings erreicht Regisseur Galder Gaztelu-Urrutia mit dieser Fortsetzung bei weitem nicht, was nicht nur am verworrenen Drehbuch (an dem er mitschrieb), sondern auch an den sich sämtlichst wie unreife Idioten gebärdenden Filmcharaktären liegt, von denen kein einziger wirklich sympathisch rüberkommt.

Erhofft hätte man sich von diesem Nachfolger die Klärung einiger Fragen, z.B. wer diese Einrichtung warum betreibt, wie und wieso man dort hineinkommt (freiwillig? Zwang?), wer die Abfolge der zu absolvierenden Stockwerke bestimmt (wird das ausgewürfelt?) und wie lange man überhaupt dort bleiben muß. Weiters wer das Essen zubereitet, wie auf ca. 2,50 x 2 m (so groß ist die schwebende Plattfom in etwa) Essen für insgesamt 333 Stockwerke überhaupt Platz finden soll (mehr als maximal 100 Portionen passen dort gar nicht drauf) und wovon die untere Hälfte der Stockwerke eigentlich satt werden und überleben soll, ohne sich selbst zu kannibalisieren. Natürlich ist irgendwann auch der Nährwert des ausgesuchten Essens selbst (Perempuan wählt Kroketten, Zamiatin Pizza, eine andere Frau nur Zwetschgen etc.) zu hinterfragen, oder auch wieso man - diesmal - sanktionsfrei die Stockwerke wechseln darf und sich dort auch mehrere Personen aufhalten dürfen, ganz abgesehen davon, daß man gerne erfahren würde, was sich ganz unten am Schachtende befindet, doch auf all diese - und noch viele weitere - Details geht dieser 2. Teil nicht ein. Stattdessen hinterläßt er (Stichworte: Kinder, Zeichnungen) noch viel mehr Fragen als schon der erste Teil aufgeworfen hatte.

Somit stellt diese Fortsetzung, derer es in dieser Form eigentlich nicht bedürft hätte, 5 Jahre nach dem Erstling eher eine Enttäuschung dar, welche die grundsätzlich gleiche Ausgangslage nur um ein paar blutige, noch nicht einmal besonders gut abgefilmte Einstellungen erweitert, den zum Nachdenken anregenden gesellschaftlichen Kommentar des 2019er Schachts in seiner Schärfe jedoch bei weitem verfehlt. Schade, aus dem Stoff hätte sich deutlich mehr machen lassen. 5 Punkte.

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