Review

Wenn ein Film mit einem 17-Millionen-Dollar-Budget ein Einspiel von rund 217 Millionen Dollar an der Kinokasse erzielt, dann leuchten natürlich die Augen beim Studio, das so schnellstmöglich ein Sequel möchte. Und so kommt „Smile 2“ dann auch knapp zwei Jahre nach dem Überraschungshit von 2022 in die Kinos.
Den Vorgänger sollte man freilich schon gesehen haben, um (nicht nur) die Einstiegsszene besser zu verstehen, die letzten Endes vor allem für Attraktionen da ist. Die Eröffnung spielt sechs Tage nach dem Ende von „Smile“, der aktuelle Fluchträger Joel (Kyle Gallner) will seine Bürde weitergeben, während er von Visionen geplagt wird. Also überfällt er zwei Brüder, üble Drogengangster und Mörder, um den Fluch auf die einzige Weise weiterzugeben, die er kennt. Das sorgt für effektiv inszeniertes Treiben, dessen Details (z.B. die brennende Erscheinung) man ohne Kenntnis des Erstlings nicht einordnen kann, vor allem aber zu Beginn auf die Tube drückt, ehe der Film in die eigentliche Handlung einsteigt und eher auf Ruhepuls geht.
„Smile 2“ dreht sich um Popstar Skye Riley (Naomi Scott), die nach einem Jahr Zwangspause in die Öffentlichkeit zurückkehrt, mit einem Auftritt in der Show von Drew Barrymore, die sich im Film gleich selbst spielt. Skye hat einen schweren Unfall als Beifahrerin hinter sich, stand damals unter Alkohol und Drogen, während ihr Lebensgefährte am Steuer verstarb. Jetzt ist Skye clean und vor der großen Comeback-Tour, sah früher aus wie Ariana Grande, jetzt eher wie Lady Gaga, die wahrscheinlich zu den Inspirationen der Figur zählen dürften. Ein gezeichnetes Leben unter dem kritischen Blick der Öffentlichkeit.

Als die Schmerzen der Unfallnachwirkungen zu stark werden, will sich Skye bei einem alten Schulfreund, dem Dealer Lewis Fregoli (Lukas Gage), mit Schmerzmitteln eindecken. Der ist jedoch durch den Wind und tötet sich vor Skyes Augen selbst. Von da an ist sie mit dem Fluch belastet, der sie langsam in den Wahnsinn treibt und ihr gruselig lächelnde Erscheinungen zeigt…
Gewissermaßen ist „Smile 2“ business as usual. Wieder geht es um die Chronik eines angekündigten, aber vielleicht doch abwendbaren Todes. Wieder ist es der Zyklus vom anfänglichen Unglauben über vermehrte Lächel-Erscheinungen bis hin zum Abstieg in den Wahnsinn. Wieder ist es ein Rezept, das vor allem durch „Ring“ in der Horror-Popkultur verankert und von „It Follows“ und „Smile“ mit großer Resonanz aufbereitet wurde. Das ist als Geschichte altbekannt und wird mit einer Laufzeit von 127 Minuten noch einmal etwas ausführlicher ausgewalzt als in den tatsächlichen und geistigen Vorgänger, ohne dass „Smile 2“ dem Ganzen wesentlich Neues hinzuzufügen hätte. Zum bewährten Rezept gehört dann auch das unzuverlässige Erzählen, wenn der Film vollkommen durch Skyes Augen fokalisiert wird und man am Ende genauso wenig wie die Hauptfigur sagen kann, was denn real und was imaginiert war. Leicht ärgerlich wird es zum Schluss, wenn Regisseur und Drehbuchautor Parker Finn genau diesen Aspekt für einen Last-Minute-Plottwist benutzt, der vieles zuvor Gesehene ganz nonchalant für nichtig erklärt und stattdessen lieber auf den großen Schockeffekt zum Abschluss setzt.
So mag „Smile 2“ kein unbedingt cleverer oder innovativer Film sein – aber letzten Endes trotzdem ein effektiver. Parker Finn, der das Konzept in dem Kurzfilm „Laura Hasn’t Slept“ etablierte und mit „Smile“ weiterentwickelte, versteht sein Handwerk, setzt auf ein starkes Sounddesign und echt gut platzierte Jumpscares. Das funktioniert oft selbst dann, wenn man es kommen sieht, weshalb „Smile 2“ sein Publikum weniger auf der intellektuellen Ebene anspricht, sondern lieber direkt durch die Magengrube geht. Auch was die krasseren Momente des Films angeht, bei denen „Smile 2“ im Vergleich zum Vorgänger nochmal eine Schippe draufpackt: Einige Erscheinungen der bösen Entität streifen das Body-Horror-Genre, einige Todesszenen sind ihrer Zeigefreudigkeit ziemlich gory, ja fast schon splattrig, etwa wenn man der Deformation eines Gesichts durch eine Hantelscheibe beiwohnt. Wieder andere Sachen sind in ihrer Nachvollziehbarkeit besonders unangenehm, darunter Haare-Ausreißen oder das Reintreten in eine Glasscherbe. An anderer Stelle spielt „Smile 2“ wiederum mit nachvollziehbaren (Ur-)Ängsten, etwa wenn das Böse die Gestalt eines körperlich abstoßenden Stalkers wählt, dessen Objekt der Begierde die Popsängerin ist.

Der zweite große Pluspunkt des Films neben seiner Inszenierung ist sein Milieu. Dass mal kein Normalo, sondern ein großer Star von einem derartigen Fluch heimgesucht wird, das hat tatsächlich Seltenheit im Genre.  Gleichzeitig sind Skyes frühere Sucht und angeknackste Psyche so gut im Script etabliert, dass ihr erratisches Verhalten und ihre Ausraster von der Umwelt eben nicht als außergewöhnliches Verhalten wahrgenommen werden oder man ihre Geschichte von der lächelnden Bedrohung glauben würde – im Durchdrehen sind alle gleich, egal ob Star, Sternchen oder kleines Licht. Gleichzeitig nutzt Finn das Milieu visuell aus, wenn er Skyes Performances einbaut, aber auch die Erscheinungen der Entität teilweise dementsprechend gestaltet: In einer Sequenz wird die Protagonistin von einer ganzen Horde grotesk lächelnder Tänzer verfolgt, eine Art pervertierte Musical-Einlage, ohne Gesang oder Musik, aber dennoch als Performance gekennzeichnet. Im Kleinen entwickelt Finn dann auch sein Gesamtkonstrukt weiter, wenn zumindest eine Figur eine Ahnung davon hat, wie man den Fluch dauerhaft beenden könnte, wenngleich das Script diesen Plotstrang etwas stiefmütterlich behandelt und im Finale dann direkt mit Füßen tritt.
Dass Naomi Scott nicht nur Schauspielerin, sondern auch selbst Sängerin ist, sorgt nicht nur für interessante Dopplungen von Person und Rolle, sondern hilft auch auf einer grundlegenden Ebene: Sie kann die Gesangs- und Tanzeinlagen authentisch absolvieren. Gleichzeitig spielt sie die private, langsam abdrehende Skye mit einnehmender Intensität und das nicht als reine Sympathieträgerin. Skye will sich bessern, will vergangenes Unrecht gutmachen, aber so ganz hat sie ihre negativen Seiten nicht abgelegt. Sie trägt den Film auch auf ihren Schultern, mit einigem Support, bei dem vor allem Rosemarie DeWitt als karriereorientierte Mutter, Dylan Gelula als geerdete beste Freundin, Lukas Gage als Fluchüberträger und Raúl Castillo als Labelboss Akzente setzen. Auch die Rückkehr von Kyle Gallner ist eine schöne Sache, wenngleich sie storybedingt relativ kurz ausfällt.

So ist „Smile 2“ auf der Plotebene eher Pflichterfüllung, die sich mit dem Gestaltung des Filmendes etwas aus der Verantwortung stiehlt, auch wenn die letzte Szene eine interessante Implikation für den Fluch innehat. Dafür macht er das, was er machen will, handwerklich effektiv, setzt durch die ungewöhnliche Wahl der Hauptfigur eine Duftnote und nutzt das Popmusikumfeld für einige schicke Schauwerte.

Details
Ähnliche Filme