Schox Lux
„Smile“ war vor zwei Jahren noch mitten in der Pandemie ein wundervoll-diabolisches Grinsen im Mainstreamhorrormarkt und eine der besseren, größeren Produktionen seiner Zunft. Zugänglich, massentauglich, aber nicht platt oder dumm. Genauso mit Gedanken an Klassiker des Schocks aus Hollywood wie auch mit J-Horror-Anleihen. Da merkte man sofort, dass Regisseur Parker Finn hier Aktien, Herzblut, Liebe zum + Wissen über's Genre und vor allem Ideen, Ansätze, Kreativität am Start hat. Sicher kein Gamechanger, aber damals eine sehr respektable Nummer gegen Gruselkummer. Und der Beginn eines neuen Powerfranchise, wie es nun ausschaut. Denn der Mann und seine fiese „Grinsekatze“ sind mit einem erstaunlich effektiven, intelligenten, andersartigen Sequel zurück, das sich dem Trend der schlechteren Fortsetzung im Horrorgenre absolut nicht beugen will und vollkommen eigene Akzente setzt - wenn der Grinsefluch ein paar Tage nach dem Original über Umwege bei einer international gefeierten und psychisch angeknacksten Sängerin landet, die aufgrund ihrer Drogenvergangenheit weiß, wie es ist mit Dämonen zu kämpfen…
Ein Konzert des Grauens
Manche Fortsetzungen von Horrorhits sind okay, wie „Halloween II“, kommen aber null an das übermächtige Original heran. Andere wie „Psycho II“ müssen sich ihren Status über Jahre erkämpfen, hinken dann dem Vorgänger aber trotzdem noch hinterher. Und wieder andere wie „Exorcist II“ oder „Blair Witch 2“ sind schlicht und ergreifend mies. Super selten schafft es in dem Genre mal ein Part II mit dem Original gleich zu ziehen oder es gar zu übertrumpfen. James Cameron musste mit „Aliens“ fast das komplette Genre switchen, um das ansatzweise hinzubekommen. Über „Evil Dead 2“ könnte man durch das so viel höhere Budget noch reden. Aber solche Fälle kannst du an einer Hand abzählen. Und nun muss da noch ein Finger hinzu - denn „Smile 2“ ist mindestens on par mit seinem Vorgänger, wahrscheinlich sogar besser. Eine astreine Horrorshow. Kein Cashgrab. Und einer der besten Horrorfilme des Jahres. Bumm! Das sitzt! Spitze gemacht, Herr Finn! Man hätte denken können, das sein erster „Smile“ One-off, Glückstreffer oder einfach eine Eintagsfliege war. Eine Idee, die nur einmal funktioniert. Der „It Follows“ für die Massen. Aber nein, „Smile 2“ ist einfallsreich und originell, creepy und teils sensationell. Zwischendurch droht er zur Jumpscareshow zu werden, das Product Placement ist fast aggressiver als der Grinsevirus und man kann seine Probleme mit dem Aufbau bzw. seinem Umgang mit Realität, Wahrheit, Fallhöhe haben. Doch insgesamt hatte ich mit „Smile 2“ einen schaurig-schockierenden Kinobesuch. Die Bude war voll, die Reaktionen des Publikums teils hysterisch. „Smile 2“ funktioniert blendend. Und das über satte zwei Stunden. Ich wiederhole mich: das ist der perfekte Sturm, das muss man alles erstmal schaffen und unter einen Hut bringen! Naomie Scott bietet eine einmalige und vollkommen irre gute Leistung. Ihre Performerin a la Lady Gaga ist vielschichtig und ambivalent geschrieben. Etliche Parallelen zu Abstürzen von großen Popsternchen sind unübersehbar und bissig. „Smile 2“ treibt einen positiv in den Wahnsinn und zieht einem ganz stolz und mit gefährlich Spaß bei der Sache immer und immer und immer wieder den Boden unter den Füßen weg. Die Klangkulisse samt Songs ist brachial. Auch Nebendarsteller und Fratzen wie Jack Nicholsons (!) Sohn bleiben im Gedächtnis. Die breiten Grinsen sind alle echt. Der Härtegrad dreht ziemlich auf, das Ding ist völlig zurecht ab 18. Die Schlusspointe ist schlicht bonkers, fies und genial (trotz eher suboptimalem CGI ganz kurz). Und insgesamt ist „Smile 2“ ein rundum starker Sequelschocker, der seine Grundidee, sein Worldbuilding und seinen Mythos auf ein ganz neues Niveau und Level hebt, unendliche Möglichkeiten für einen möglichen Trilogieabschluss in ein paar Jahren aufbaut. „Smile 2“ ist und wird ein Hit! Die Mundpropaganda sollte durch die Decke gehen. Eine für mich jetzt schon legendäre Fortsetzung. Die Szenen mit der Gruppe an synchronen „Tänzern“ in ihrer Wohnung ist ein unvergesslicher und kongenialer, hardcore choreografierter Höhepunkt. Und ich hatte als ich eben in meine dunkle Wohnung kam sogar kurz ein ungutes Gefühl bei ein paar seltsamen Schatten, Stühlen und Kleiderständern… was willste als hartgesottener Horrorfan mehr?!
Kaltes, klares VOSSer
Fazit: eines der besten Horrorsequels aller Zeiten. Bombig gemacht. Technisch eine Wucht. Artistisch. Verunsichernd, super kreativ, gekonnt, spannend. Dennoch massentauglich genug. Mit einer Performance für die Ewigkeit und einer ultrafiesen Soundkulisse. „Smile 2“ lässt mich giftig strahlen!