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Mit der Einblendung „Six days later“ beginnt der Film, larmoyant und selbstbewusst. Kein Rückblick und keine Einführung notwendig – Parker Finns SMILE war 2022 einer der erfolgreichsten (und besten, was ja nicht immer zusammengeht) Horrorfilme des Jahres. Sein Prinzip war einfach, aber sehr effektiv, der seltene Fall eines Horrorfilms, der selbst Genrekenner und Vielgucker das Gruseln lehrte. Die Fortsetzung ist nun ein komplett anderer Film. 

Gelang es dem Original noch, eine permanent beunruhigende Atmosphäre von dread und unease zu erzeugen, setzt das Sequel vor allem auf Terror und Schocks. 

Über eine Verkettung unglücklicher Umstände gelangt der Fluch des ersten Teils zu Popstar Skye Riley, die nach einem schweren Unfall und massiven Drogengeschichten gerade ein Comeback plant. Hier liegt eines der großen Probleme des Films: Konnten wir in SMILE noch mit der nahbaren Psychiaterin Rose mitfiebern und mitfühlen, als das Grauen sich langsam in ihren Alltag schlich, so ist das Umfeld von Skye schon so ungewöhnlich und überkandidelt, dass man an ihrem Schicksal deutlich weniger Anteil nimmt – Popstars sind schlichtweg weniger relatable. So sehen wir hier im Grunde einem Promi beim Nervenzusammenbruch zu. Und das zieht sich. 

Es gibt nur wenige Horrorfilme, denen eine Laufzeit von mehr als zwei Stunden gut tut und SMILE 2 weist besonders im ersten Drittel einige Redundanzen auf. Der Film kommt lange nicht vom Fleck und manche Szenen dauern einfach zu lange: Die meiste Zeit begleiten wir Skye bei Proben, Backstage und beim Abhängen in ihrem monströs eingerichteten Appartment und warten auf die nächste Grinsevision, die sie mittels donnerknallendem Jumpscare heimsucht. 

Dabei setzt Parker Finn auf das mehr-ist-mehr-Prinzip, flext mit Kameraspielereien (der komplette Prolog ist durchaus eindrucksvoll und fesselnd als ungeschnittene Plansequenz konzipiert) und holt mehr als einmal die Gorekeule raus, um uns offene Brüche, schmatzende Einstiche, eingerissene Münder, aufplatzende Körper und zerfetzte Gesichter zu präsentieren. Ob das der Trinkwassermarke VOSS so bewusst war, als sie sich auf einen offensichtlich massiven Product Placement Deal mit der Filmproduktion einließ? In jedem Fall nehmen die zum Teil obszön expliziten Gewaltdarstellungen und die übertriebenen Schreckmomente dem Film viel von seiner Atmosphäre. 

Am Ende spielt der Regisseur dann auch noch ein nicht ganz faires Spiel mit dem Zuschauer, nur um den Film dann absolut vorhersehbar zu beenden. 

Der Hauptdarstellerin ist bei all dem nichts vorzuwerfen: Naomi Scott, bekannt geworden u. a. als Prinzessin Jasmin in Disneys ALADDIN Realverfilmung, channelt Lady Gaga, Britney Spears & Co., singt, tanzt, leidet, trägt den Film und gibt eine absolute Power-Performance. 

Fazit: Ein solider Horrorfilm, der blutdürstige Teens befriedigen wird, aber weit hinter der unheimlichen Stimmung und dem Potenzial des ersten Films zurückbleibt. SMILE war Geisterbahn, SMILE 2 ist Achterbahn – mit etwas zu vielen Loopings.

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