Dass mit Herman Yaus Customs Frontline ein eigentlich direkt auf das Publikum der Volksrepublik China zugeschnittenes Werk an den Kinokassen mit einem lauen Einspiel von vielleicht 15 Mio. USD nur, etwa ein Fünftel von dem theoretisch exakt gleichen Formed Police Unit (2024) abschmieren würde, war sicherlich eine böse Überraschung für die Produktionsfirmen und die Macher dahinter, es wurde weitere zuvor angekündigte Projekte wie etwa Nicholas Tse geplantes Regiedebüt New Police Story 2 erstmal auf Halde gelegt und auch für Regisseur Yau dürfte der weitere bescheidene Eintrag in der Filmografie – nach einem vorherigen Höhenflug mit zum Beispiel jeweils über 200 Mio. USD bei Shock Wave 2 (2020) und The White Storm 2: Drug Lords (2019)– kein gutes Omen sein. Anzeichen einer mittlerweile länger anhaltenden Sättigung des rein chinesischen Publikums an den zuvor blendend laufenden Actionthrillern in Kombination mit Hongkong, die einen mit Geld beteiligt, die anderen mit den Talenten, mittlerweile macht es das Festland rein unter sich aus, und lässt die Sonderverwaltungszone bzw. deren Produktionsfirmen wie Emperor Motion Picture (welche immerhin mit Twilight of the Warrios: Walled In a.k.a. Cty of Darkness einen aktuellen Erfolg lokal und 'außerhalb versuchen konnten) finanziell in der Luft und an der kurzen Leine hängen:
Die Zollbeamten Chow Ching-Lai [ Nicholas Tse ] und Cheung Wan-Nam [ Jacky Cheung ] sind unter Führung von Kwok Chi-Keung [ Francis Ng ] für die Sicherheit und Kontrolle gerade im Hafen von HK zuständig; Cheung ist zusätzlich mit der höheren Kollegin Athena Siu [ Karena Lam ] liiert, die in direkter beruflicher 'Konkurrenz' zu Kwok steht. Als ein zuvor beschlagnahmtes Waffenarsenal vom Zwischenhändler Leo [ Brahim Achabbahe ] im Auftrag der Lieferantin Dr. Raw [ Amanda Strang ] mit Gewalt wieder entwendet wird, vermuten alle einen Mitwisser in den eigenen Reihen, zusätzlich wird Chow zusammen mit Ying [ Cya Liu ] nach Afrika in den Bestimmungsort der Ware geschickt, unter Aufsicht vom Police Commissioner Chan Wing-Kun [ Sek Sau ]. Währenddessen fokussieren sich die heimischen Ermittlungen auf den Geschäftsmann Kam Wing [ Melvin Wong ] und dessen Sohn Kam Lok-Man [ Carlos Chan ], die vom Manager Au [ Ben Yuen ] beraten werden.
Filmemacher Yau hat dabei auch materiell und formell mit seinen letzten Arbeiten wie Moscow Mission (2023, Einspiel 90 Mio. USD)) oder The White Storm 3: Heaven or Hell (2023, Einspiel 40 Mio. USD)) im Vergleich zu vorherigen Sachen eher enttäuscht, gerade auch in der mangelnden Präzision der Actionszenen, die oftmals in einem CGI-Inferno untergegangen sind und dies mit mäßiger bis schlechter Effektarbeit. Und dass, obwohl er sich zuvor oder gleichzeitig in kleineren Werken gerade als sauber arbeitender Handwerker, speziell bei der Formulierung von Autoverfolgungsjagden – welche hier in Form einer Mehrparteienhatz inklusive Kollisionen und Überschlägen auch stattfindet– oder kurzen Schusswechseln hervorgetan hat. Das die inhaltliche Aussagekraft der Filme angesichts der zensurbedingten Hürden der VRC bescheiden sind, bzw. man eine Art Staatsdienst erweist, also cineastische Propagandaarbeit, ist dabei nichts Neues, richtig ärgerlich wird es zusätzlich bei schlampiger optischer Tätigkeit. Für die Actionchoreografie hier selber zeichnet sich dabei Nicholas Tse erstmalig verantwortlich, welcher nach Raging Fire (2021) wieder 'auf den Geschmack gekommen' ist, in Zusammenarbeit mit Alan Ng, einem früheren Stuntman, speziell auch im Jackie Chan Stunt Team, auch nicht herausragend erfahren in der Direktion von Destruktion und Kollateralschäden.
Der Coup ist dabei eigentlich eher in der Besetzung zu suchen und zu finden, Jacky Cheung sieht man derzeit selten, auch Karena Lam galt mal als gängiges Gesicht, hat sich aber rar gemacht, beider Rückkehr ist erfreulich. Dass man hier in Afrika beginnt, ist der politischen und wirtschaftlichen Realität geschuldet, China expandiert, das war spätestens in Wolf Warrior 2 (2017) auffällig, auch hier werden sich Fantasienamen ausgedacht statte faktenbasierte Orte, so nennt sich der erste Schauplatz gleich "White Elephant Bay", die Republik von "Loklamoa" und "Hoyana", die Kreativität ist überbordend, ein Außendreh. Von außen kommt auch die Gefahr, deswegen die Verteidigungslinie vom Zoll, die Chinesen sind alle treuherzig und menschenfreundlich, die Invasoren schmuggeln ihre Waren, sie sind die Bösen. Zwei afrikanische Länder in der Kriegserklärung, es geht um die Fisch- und Seerechte, es geht um Mord, es geht um illegale Waffenkäufe, um seine Herrschaft zu verteidigen, und natürlich geht es auch um illegale Verkäufe, Elefantenstoßzähne zum Beispiel, ein Kontinent im Chaos. Die Chinesen dabei als Bewahrer oder eher Schaffer des Friedens nur, als Weltpolizei und feste Hand der Erziehung, um die Line Watchers geht es hier, um die Customs Naval Base. Der Schmuggel per Hoher See, trotz Hurrikan und Tornado, größere Aufnahmen dabei, wenige, aber ausreichende personelle Vorstellung, auch die Charakterisierung ist nicht so wichtig, es ist kein Drama, es ist ein Actionthriller in Größenordnung, als ursprüngliches Prestigeprojekt, der Vollzug des Dienstes und der Profession in Uniform. Auf Patrouillenfahrt wird gegangen, manche Schiffe durchgewunken, andere wieder kontrolliert oder gleich als verdächtig eingestuft, die ohne Kennung und Beflaggung zumindest. Die Dreharbeiten dabei deutlich aufwändig, unter schwierigen Bedingungen auch, Aufnahmen auf dem Wasser, später in den vollbesetzten Straßen, dann direkt vorm Kriegsort.
Ein Schiff voller Toten, ein Nahkampf auf einem fahrenden Gummiboot, die Entdeckung der zu transportierenden Ware, die ersten Ermittlungen, eine bürokratische Kooperation wird von oben beordert, von den jeweiligen Abteilungen nicht wirklich gewollt und nur widerwillig angestrebt. Ein geschlossener Zusammenhalt muss hier geboten werden, um der Gefahr Herr zu werden, es geht auch um Beförderung und Protektion, ein plötzlich steht ein schwer bewaffneter Überfall auf der Warenlager, ein Durchbruch der Blockaden, ein Angriff zu Lande und aus der Luft auch noch an. Flotte Schießereien, ein wenig Nachhilfe bei den Detonationen, bei den explodierenden Autos, eine voluminöse Attacke mit Verletzten und Toten, ein rein und raus geplant, die Gegenwehr ebenso aggressiv und auf Schnelligkeit angelegt. Munition und der Nachschub dessen scheint hier nicht das Problem zu sein, Mauern werden ein- und Container umgerissen, Wagen fallen vom Himmel und prallen auf die Menschen am Boden ein, ein Kampfschauplatz vor den Toren der Stadt; in den Details zuweilen spektakulär, im Großen und Ganzen mit Rückendeckung der Trickspezialisten, eine wilde Mischung hier. (Beim Making of sieh man deutlich, dass man auch handwerklich und mit reellen Stunts gearbeitet hat.)
Altgediente Schauspieler wie eben Cheung, Lam, auch Ng in seiner Gastrolle helfen dem Film dabei, die Dialoge zu tragen und die Reichweite tiefer zu machen, als er es eigentlich verdient; Tse ist für die Action da, und hat das Schauspiel entweder verlernt oder nie richtig gelernt, er wirkt oft überzogen, eine längere Drehpause hat da nicht unbedingt geholfen. Eine gewisse Belastung der beteiligten Figuren hier, die auch Verluste hinnehmen müssen und private Sorgen zusätzlich zu dem beruflichen Stress, hilft überdies, manchmal weist man Ecken und Kanten auf, die vorherige Filme haben wissen lassen, manchmal werden emotionale Ausbrüche 'halluziniert'. Das Ansprechen auch psychischer Erkrankungen wie Depressionen oder bipolare Störungen erweitert die Figurenkomponente, die Leute sind nicht unfehlbar, und sich haben trotzdem ihre Aufgaben und dies vor den Augen der Vorgesetzten und der Öffentlichkeit zu erfüllen; das wirkt zumindest interessanter als das gewohnte einfach strukturierte Ensemble, welches sonst präsentiert wird. Eine gewisse Basis für den internationalen Spionagekram, der dann ansteht, wird sich im Persischen Golf herumgetrieben und der Schwarzmarkt infiltriert, keine ernstzunehmende Geschichte, rein triviales Entertainment, die schweren Gedanken und einen noch folgenden Verschwörungsplot nur antäuschend. Yau, der diesmal nicht selber am Drehbuch mitschreibt, aber seine Vertrauten Erica Li und Eric Lee als Autoren aufweist, hat dabei trotz viel Ortswechsel, auch dem Dreh in HK (als deutlichen Vorteil), der Nutzung einer einheimischen Besetzung einige Längen und Desinteresse an dem Ganzen aufzuweisen, was angesichts der erhöhten Laufzeit von ca. 120min nicht gerade nützlich ist, oft wird nur unbeteiligt am Geschehen begleitet. Ein Fliegerangriff mit heftigem Bombeneinschlag ist etwas besser als handelsüblich zuletzt umgesetzt, eine größere Einheit auch, ein Wecken der Aufmerksamkeit; auch das Finale, eine exorbitantes 'Schiffe Versenken' samt Shootout auf einem riesigen Frachter in seinen Blick wert.