Review
von Leimbacher-Mario
Where the Fuck is Dracula?!
Drei Herren aus der Oberschicht gehen zu Prostituierten, feiern jeden Freitag ausgelassen, doch scheinen selbst von solchen süßen Sünden recht gelangweilt und abgestumpft, nur um dann zu Hause ihren Frust und ihre Doppelmoral an Frau und Tochter umso härter auszuleben. Kein Wunder, dass diese denn schnell Rettung in den kalten Armen des (u.a. von den drei Schwerenötern!) wiederbelebten Graf Draculas finden, der schwört, die drei schäbigen Männer umzulegen. Bzw. sie von seinen neuen „Untertanen“ umlegen zu lassen und ihre Familien sozusagen „von innen“ zu zerstören...
Aus dem Wust der Draculas herauszustechen, selbst wenn man nur die Hammerproduktionen nimmt, ist keine leichte Aufgabe. „Taste the Blood of Dracula“ versucht es, in dem Dracula mehr denn je zuvor als Retter der unterdrückten Jugend und als Peiniger der verrotteten Oberschicht bzw. den Eltern dargestellt wird. Das allein ist bemerkenswert genug, um diesen Vampirangriff seine Daseinsberechtigung zu geben. Allerdings bringt das natürlich auch Nachteile mit sich, wie etwa kaum Identifikationsfiguren, keine echten Helden und schon zu viele distanzierende Grauzonen. Obwohl Dracula natürlich schon immer Charme und Anziehungskraft besaß und nicht nur als reiner Antagonist verstanden werden musste. Leider krankt dieser blutige Cocktail an fast allen anderen Tugenden eines Vampirschockers. Die Dialoge sind hölzern bis peinlich, die Darsteller mehr denn je dem Overacting verschrieben und Dracula kommt extrem kurz, vor allem in seinen Taten. Viel mehr wird er als Weiser und Gebieter gezeigt, was seine eigene Art des Schrecken verbreitet. Für mich ist „Taste the Blood of Dracula“ in einigen seiner Aussagen top, überraschend, subversiv. Jedoch in seiner Umsetzung und den Grundwerten, die man in einem solchen Gothicgrusler erwartet, zutiefst daneben, oft sogar schlicht trashig und peinlich. Ein wirklich zweischneidiges Schwert. Und deutlich schwächer als sein imposanter direkter Vorgänger, dessen Finale hier am Anfang direkt nochmal verwurstelt wird, der jedoch wiederum thematisch und theologisch ziemliches Kokolores war. Man kann wohl nicht alles haben...
Fazit: der Angriff auf die scheinheilige Bourgeoise und die endgültige Umkehrung des Grafen in Richtung Befreier und Antiheld ist bemerkenswert. Der Rest ist aber ziemlich unbefriedigend. Eher Virgin als Bloody Mary.