Review

Nabelschnurterror

Mütterliche Verbindungen und kindliche Abnabelung sind im Horror klassisches und unkaputtbares Thema, auch etwa in letzter Zeit mit "Bird Box" oder "Hold Your Breath". Alex Ajas neuester Streich "Never Let Go" nimmt das sehr wörtlich und lässt eine zitternde, stoisch-strenge Mutter in einer scheinbar zombieüberranten Postapokalypse ihre zwei Söhne mit einer Schnur außerhalb der Waldhütte immer an sich binden...

"Never Let Go" ist definitiv einer der größeren, prestigeträchtigeren Horrorfilme des Jahres. Wie könnte er mit Aja an der Spitze auch anders - der Mann hat sich definitiv einen Namen gemacht, der nicht mehr allzu schnell verschwindet. Keiner seiner Kollegen der damals "Neuen Französischen Härte" konnte sich in Hollywood, in seiner Stilsprache und an der Genrespitze so halten. Aber auch er ist nicht frei von Fehlern oder Generischem. Und "Never Let Go" ist absolut nichts Besonderes. Die Metaphern sind zwar zeitlos, aber doch ein gutes Stück plump und on your nose. Halle Berrys hauptsächliche Performance ist gut. Die Kinderdarsteller sind nicht viel schlechter und kaum nervig. Es gibt märchenhafte Vibes. Das Design der "Zombies" ist nicht außergewöhnlich, erinnert positiv an das "Evil Dead"-Remake, ist aber effektiv. Die kräftige Klangkulisse hat Aja gut unter Kontrolle. Und die Bildsprache fühlt sich nach Großproduktion an, nie nach B-Movie oder Genre. Der Aufbau ist sehr langsam und tritt lange auf der Stelle. Und man ahnt sehr schnell - um nicht zu sagen sofort! - welche Pfade man hier noch betreten wird und wo alles hinführt. Dermaßen deutlich, dass bei mir sehr schnell und viel früher als dem Film gut tut die Luft raus war. Nur noch Checkliste, keine Überraschungen mehr. Die Angst war weg. Spannungen nur noch maximal ein Zischen im Walde. Und so sollte es doch nicht sein. Wäre Ajas Handwerk nicht so gut, wäre das hier sogar ein echter Schnarcher. Wiedergekautes. Auch als Neuelternteil kein allzu packender Ausritt.

Fazit: visuell hochwertig und metaphorisch nicht bedeutungslos... aber in Sachen Figuren, Enthüllungen und Horror unfassbar altbacken und bekannt. Da kommt wenig Spannung auf. Plus: die metaphorische und sehr früh als solche erkenntliche Ebene als Kern der Sache nimmt gehörig Grusel und Angst heraus. Fast komplett leider sogar. 

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