Fede Alvarez hat sich nach seinem Erfolg mit dem „Evil Dead“-Remake und dem „Don’t Breathe“-Nachschlag längere Zeit rar auf der Leinwand gemacht und nun kommt - zwar mit grosser Ankündigung seitens Disney, dem aktuellen Host des „Alien“-Franchise - sein Prequel / Reboot oder wie immer man es in einiger Zeit nennen wird mit dem zunächst kryptischen Titel „Alien Romulus“.
Ich schreibe „zunächst“, denn nach einiger Laufzeit des Films werden jegliche Assoziationen mit den römischen Gründern Romulus & Remus in Bezug auf „Ursprung“ oder „Urväter“ ad acta gelegt und die wahre Bedeutung des Untertitels offenbart.
Auch sonst orientiert sich der Film sehr stark an den Ursprüngen des Franchise - will heissen, sowohl das Design als auch der Zeitpunkt und die Atmosphäre erinnern stark an „Alien“ und „Aliens“. Dass dieser Teil zeitlich in der Lücke zwischen den beiden Teilen spielt, passt da natürlich wie die Faust aufs Auge.
Auch das Figurenensemble ist der Besatzung der NOSTROMO aus dem Original nachempfunden: Es gibt die lange Zeit im Hintergrund stehende und zum Schluss aufspielende weibliche Hauptfigur, den designierten Anführer, der sich heroisch der Hauptgefahr stellt und die nervige Nebenfigur, der man dann auch ein schnelles Ableben wünscht. Der Rest ist Alien-Futter.
Über lange Zeit sind Aufbau der Handlung und der Spannung wirklich fabelhaft - es kommt ein geniales Feeling auf, das vollkommen zurecht als seiner Zeitlinie treu den beiden „Startern“ fast ebenbürtig erscheint.
Es werden alle originalen Erscheinungsformen der Antagonisten-Rasse präsentiert und diese wild in Gefahrensituationen als absolute Bedrohung inszeniert.
Die Location - eine verlassene Raumstation - ist wunderbar unheimlich und dunkel, auch das weckt Erinnerungen an die NOSTROMO, die in Teilen zu Beginn auch einen Gastauftritt haben darf.
Ab circa der Mitte der 119 Minuten Lauflänge hatte ich dann allerdings das Gefühl, mich von dem Geschehen auf der Leinwand zu lösen, denn ab hier habe ich mir gefühlt eine Mischung aus „Evil Dead“ und „Don’t Breathe“ angesehen, in denen das oder die Alien(s) die Rolle des Necronomicon-Virus oder des alten blinden Mannes übernommen haben.
Es werden plötzlich selten dumme Entscheidungen von den gerade einmal dem Teenager-Alter entwachsen erscheinenden Charakteren getroffen, ein Zeitlimit jagt das nächste und schlussendlich verwandelt sich die Hauptperson vollkommen unglaubwürdig in eine Kampfamazone.
Ein bißchen weniger Emotionalität und mehr Überlebenslogik bei der Motivation der Figuren hätte der Handlung ab hier wesentlich besser gestanden. Dass der Lebenszyklus des Aliens nach der relativ gemächlichen Einführungszeit des Films nunmehr sozusagen im Schnelldurchlauf vonstatten geht, tut sein Übriges dazu, einen leicht schalen Nachgeschmack zu hinterlassen.
Klar hat man eine gewisse Erwartungshaltung seit der Ankündigung einer weiblichen Hauptdarstellerin und selbstverständlich verlassen sich Fede Alvarez und sein Co-Autor in ihrem Drehbuch auf Kniffe, die garantiert funktionieren werden aber ich habe mir mehr als einmal die Frage gestellt, ob ich einfach nur empfindlich bin oder ob sich tatsächlich einiges von dem wiederholt, was das grosse Schaffen des Regisseurs bisher ausgemacht hat.
Das Ende liess mich dann merkwürdige „Alien: Resurrection“ -Vibes fühlen, die ziemlich improvisiert daherkommen und leider ihren Zweck so gar nicht erfüllen wollen.
Im Grossen und Ganzen halte ich „Alien: Romulus“ jedoch für eine gelungene Zwischennote innerhalb des Franchise und für einen wesentlich besseren Film als „Alien: Covenant“, denn es gibt einige tolle Referenzen, die an keiner Stelle erzwungen wirken, in der Kontinuität bewegt sich die Erzählung sicher und ambitioniert wie einer der in grosser Anzahl erschienenen Romane, die handlungstechnisch ebenfalls keinerlei Spuren in den Originalfilmen hinterlassen (anders als im anderen Disney-Franchise „Star Wars“) und die Figur des Androiden Andy ist ein wunderbarer Ersatz für Bishop aus „Aliens“.
Schade finde ich nur, dass man nach dem aus meiner Sicht missglückten vorherigen Film des Franchise von Ridley Scott nicht dieses Mal einen anderen Ansatz gefahren hat, was die Hauptfigur betrifft.
Dass ein Alien-Film ohne Beteiligung von Sigourney Weaver sich nämlich unfertig anfühlt spricht doch dafür, gar nicht erst zu versuchen, eine andere Frau in ihre grossen Fußstapfen treten zu lassen…
Für Fans des Franchise sage ich empfehlenswert.