Ein Raumschiff des Weyland-Yutani-Konzerns spürt die Überreste der USCSS Nostromo auf und nimmt ein großes Felsgestein an Bord. Darin befindet sich die außerirdische Lebensform, die Sigourney Weaver 1979 ins Weltall katapultierte. Szenenwechsel: Auf einem Minenplaneten von Weyland-Yutani macht sich eine Gruppe junger Menschen (plus ein Android) auf, ein offenbar unbemanntes Raumschiff im Orbit über ihnen zu plündern, um damit der Minensklaverei des Konzerns zu entkommen.
Der mittlerweile vierte, sechste oder achte Film der ALIEN Reihe (je nach persönlicher Zählung des „Kanons“) ist zeitlich zwischen Ridley Scotts Original und James Camerons Fortsetzung angesiedelt. Nach dem interessanten, aber etwas esoterischen PROMETHEUS und dem dämlich-verschwurbelten ALIEN COVENANT sollte es mit ALIEN ROMULUS wieder „back to the roots“ gehen – SciFi-Horror statt Göttergeschwafel.
Mit Fede Alvarez scheint der richtige Regisseur dafür gefunden. Auch wenn der sich mit seinem Skript nicht gerade mit Einfallsreichtum bekleckert: Die Story von der jungen Gang, die bei einem Einbruch von einem äußerst wehrhaften Bewohner überrascht wird, hat er 2016 in DON’T BREATHE schon einmal verfilmt. Aber „originell“ waren ja schon Ridley Scotts letzte Alienfilme, die Fans rufen nach Bewährtem. Und das bekommen sie. Dabei hat die Besinnung auf die Wurzeln der Reihe sowohl positive als auch negative Ausprägungen.
Auf der Habenseite ist definitiv die Atmosphäre: Die Weltraumvisuals sind zum Teil atemberaubend, die Set Designs im Inneren der Raumstation sind großartig und erinnern abwechselnd an verschiedene Teile der Filmreihe sowie an das ALIEN: ISOLATION Survival-Game, der Sound ist immersiv, die Stimmung schwankt beständig zwischen Beklemmung und Panik.
Alvarez versteht sein Genrehandwerk, der Film ist spannend, lässt einen mehrfach die Fingernägel in den Sitz krallen und hat auch den einen oder anderen What-the-Fuck-Moment zu bieten. Ein paar wenige neue Ideen gibt es sogar auch, beispielsweise wird der Schwerkraftsimulator der Raumstation an entscheidender Stelle zweckentfremdet.
Die „realen“ Figuren des Films bleiben zwar leider sehr eigenschaftslos, Newcomer Cailee Spaeny (CIVIL WAR, PRISCILLA) ist als natürliche Symapthieträgerin allerdings ein echter Glücksgriff. Die interessanteste Figur ist – wie häufig in der Reihe – ein Android: David Jonsson spielt als „Andy“ sozusagen eine Doppelrolle und ist charismatischer als der Rest der Gang zusammen.
Für die Fans gibt es nicht nur jede Menge Service (einige Szenen sind sehr offensichtlich 1:1 nachgestellt), sondern auch ein Wiedersehen mit einer bekannten Figur.
Womit wir bei den Negativaspekten des Films wären (und von Logik und Figurenverhalten wollen wir hier gar nicht sprechen, da liegt der Film sogar noch knapp vor Scotts Werken). Eine an sich tolle Idee, nämlich die „Reanimation“ eines bekannten Charakters, scheitert leider gnadenlos an seiner mittelmäßigen technischen Umsetzung. Und da die Figur hier – im Gegensatz zu den meisten anderen CGI- und AI-generierten Charakteren in anderen Filmen – nicht nur einen Kurzauftritt hat, sondern eine quasi tragende Rolle über einen Großteil des Films, zieht einen die cringe Darstellung leider immer wieder aus dem Film. Wahrscheinlich hatte man in der Post Production darauf vertraut, dass das Endergebnis besser aussehen würde, dann aber reichte das Budget eben nur für…das hier.
Die zweite fatale Fehlentscheidung des Films manifestiert sich ebenfalls optisch: Am Ende werden wir mit einer Idee und einem Creature Design konfrontiert, das in einem billigen Horrorschlock zu erwarten wäre, jedoch nicht in einem Prestigefranchise wie ALIEN. Hier wollte Alvarez offensichtlich zu viel und dachte, noch etwas draufsetzen zu müssen, was man in einem ALIEN Film noch nie gesehen hat und was auch Ridley Scott in seinen Prequels nur einmal angedeutet hatte. Damit legt er aber leider das gesamte Niveau seines an sich ordentlichen SciFi-Reißers eine Ebene tiefer – das ist schade und ärgerlich, weil unnötig. Dennoch: Das Prinzip, ALIEN als Horrorfranchise wiederzubeleben, ist mit ALIEN ROMULUS gelungen und kann gerne fortgesetzt werden. Dann aber gerne mit anderen Machern.