Review

„I’m having the suspicion we’re not giving the people what they want!“ – Arthur Fleck

Mit seinem ersten JOKER Film unterlief Regisseur und Co-Autor Todd Phillips die gängigen Erwartungen an eine Comicverfilmung. Statt einer poppig-grellen Origin-Story lieferte er ein düsteres, wenn auch sehr plakatives Psychogramm als Mash-up aus TAXI DRIVER, THE KING OF COMEDY, NETWORK und anderen Vorbildern der 70er und frühen 80er-Jahre. Seine Fortsetzung – eigentlich eher ein überlanger Epilog des ersten Films – ist nun deutlich eigenständiger, verweigert sich aber noch nachdrücklicher der Erwartungshaltung des Publikums sowie im Grunde jeder Filmkonvention. Eindeutige Feinbilder hinter Gittern? Nicht wirklich. Packende Gerichtsplädoyers? Im Gegenteil. Schmissige Showstopper? Nope. Kathartischer Schluss? Fehlanzeige. Kein Wunder, dass der zweite JOKER Publikum und Kritik spaltet – mit der klaren Tendenz zum Verriss.

Der Film beginnt mit einem Prolog in Form der klassischen Warner Brothers Cartoons, statt Bugs Bunny steht jedoch Arthur Fleck im Rampenlicht. Beziehungsweise sein von ihm losgelöster Schatten, der Joker. „Me and my Shadow“ gibt das Leitmotiv des Films vor, die gespaltene Persönlichkeit Flecks, die sowohl Phillips als auch Joaquin Phoenix im zweiten Film deutlich überzeugender und ernsthafter thematisieren als noch im JOKER. Der depressive Arthur Fleck sitzt in der psychiatrischen Abteilung des Arkham Gefängnisses ein, wo er sich in seine Mitinsassin, die deutlich gefährlichere Psychopathin Lee Quinzel (Highlight des Films: Lady Gaga) verliebt und neuen Lebensmut fasst. Flecks große Verhandlung steht bevor, nur eine psychiatrische Diagnose würde ihn vor dem elektrischen Stuhl bewahren. Während seine Anwältin (seit langem endlich mal wieder in einer größeren Rolle: Catherine Keener) die Jury von Flecks Schizophrenie überzeugen will, bevorzugt Lee Arthurs andere Seite: „You brought makeup!“ – „I wanted to see the real you!“. In diesem Spannungsfeld äußerer und innerer Konflikte bewegt sich JOKER – FOLIE À DEUX. Dabei ist der Film halb Gefängnis- und halb Gerichtsdrama – und ganz Musical. Was der Trailer (wohl aus gutem Grund) geschickt verheimlicht: Arthurs und Lees Liebelei sowie diverse Schlüsselszenen werden als Traumsequenzen mit Songs und Showauftritte performt, mit bewusst amateurhaft intonierten passenden Songs aus den 60ern und 70ern, von „That‘s Entertainment“ und „When you’re smiling“ bis „To love somebody“ und „Close to you“. Damit düpiert Phillips zusätzlich die Joker-Fans sowie die Presse, die einen konsistenten Film erwartet haben und keine mehr als zweistündige Traumtänzerei. Künstlerisch ist das jedoch absolut konsequent und achtbar, der Film ist auf diese Weise wesentlich interessanter als sein Vorgänger.

„I don‘t want to sing anymore.“ – Arthur Fleck

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