Chinesische Filme über Eliteeinheiten bzw. herausstechende Scharfschützen kann man spätestens seit dem ersten Wolf Warrior von morgens bis abends schauen, es gibt gleich mehrere Reihen, es gibt die Variante im Zweiten Weltkrieg, (weniger) im Koreakrieg und (vermehrt) in der modernen Zeit, dort gerne mit dem Kampf gegen die Drogen und ihre Barone verbunden und auf Fantasieinselns bzw. in deren Wäldern spielend. Firewire Sniper a.k.a. Sniper in the Line of Fire ist einer von diesen Artgenossen, das Poster schon erinnert stark an Desperate Sniper, anderes Team aber, gleicher Produzent, gleiches Thema, der Zweck heilt die Mittel, die Mittel zum Zweck:
Irgendwo in Südostasien. Bei einer Schießerei auf den General Sukun [ Peng Lu ] wechselt der ehemalige Polizist Song En [ Xie Mengwei ] die Seiten und rettet dem Bedrohten das Leben, wodurch er in dessen Gang aufsteigt, sehr zur Freude dessen Tochter Pork Xishi [ Angel Ho ], sehr zum Ärger des in diese verliebten Zaka [ Feixing Han ], der seine Stellung bedroht sieht. Auch Songs frühere Freundin, die Polizistin Susie [ Di Zhang ] sieht ihren Ex ungern bei den Drogendealern, weiß um die eigentlichen Hintergründe aber nicht.
Viel Bedrohlichkeit wird hier bereitgehalten, die Details hervorgehoben, die Zeit verzögert bis ins Unendliche, in das Standbild fast, dazu schon erstere düstere Bilder, die Waffen im Anschlag, ein Knien wehrloser Gefangener vor einem ausgehobenen Massengrab. Schüsse blitzen auf und schlagen Funken, Körpertreffer werden fast zelebriert, vorher reichte eine weggeworfene Zigarre schon als Geste des Befehls zum Töten, das Exekutieren ist hier routiniert. Die Natur ist feindlich, der Mensch noch mehr, Gnadenlosigkeit und Skrupellosigkeit, keine Chance auf Vergebung, auf Zögern oder Bedenken, reiner Professionalismus im negativen Sinne, ein auf Nummer Sicher Gehen. Bei Tageslicht sieht die Gegend auch aus wie bei Desperate Sniper, hier existieren aber Tiere, es existiert eine Gesellschaft, man würde es fast Zivilisation nennen, es wird von Scharfschützen observiert. Es gibt verschiedene Partien, verschiedene Parteien, allerorten Feindlichkeiten, eingefangen von Drohnenaufnahmen, durch das Zielfernrohr, jeder ist unterschiedlich am Mitschauen, am Miterleben. Waffenstarrend die ersten Eindrücke, das ist Gewohnheit hier, es wird nur am Rande noch beachtet, es wird ein wilder Stunt geboten, ein Auffahrunfall, ein Aufprall, ein Angriff wird gestartet, ein feindliches Lager entdeckt.
Die uniformierten Beamten hier nur zum Schutz der Bevölkerung, als Puffer in einem Gangsterkrieg, gegen Söldner und Paramilitärs, Schüsse von allen Seiten, ein wüstes Chaos, die Erde wird beackert, Boden in die Luft gesprengt. Ein Faible für Slowmotion hat man hier eindrücklich und ausdrücklich, Verzögerung des Tempos, der Bewegungen, dann wieder Rasanz und Schnelligkeit, durchdrehende Reifen, stürzende Motorräder samt Fahrer, von den Effekten her meist auf der Höhe der Zeit, in der Inszenierung aufwändig gestrickt. Eine Mission nur zur Tarnung, Extraordinary Mission (2017), ein Eindringen in das gegnerische Lager, mit Kollateralschäden im Einkauf. Ein riskantes Treiben, die Loyalität auf der Probe, wem kann man glauben, wem kann man vertrauen. Die Polizei hier im Agieren, keine Sicherheitsfirma, kein Transportunternehmen, dafür die Rückblenden wieder, die Erinnerungen, das Erzählen einer Geschichte in der 'komplizierten' und gleichzeitig simplen Form, ein Widerstreit der Gefühle, oft im strömenden Regen. Der Zuschauer weiß dabei mehr als die meisten anderen Personen, er hat die Übersicht, er weiß vom Kampf in der Richtlinie der Pflicht; vor und zurückspringt die Handlung, die Örtlichkeiten wechseln auch, die Figuren bleiben, ein Kampf auf unterschiedlichen Seiten des Gesetzes, dramaturgisch eher unbedarft, mit Pathos und mit Heldenmut, im Dienste für das Vaterland, mit Propaganda und dem Leben für die Nationalität.
Wo es bei den Actionszenen funktioniert, hapert es bei anderen Dingen, bei Dialog und Schauspiel, bei Erzählführung, beim Geschriebenen. Kurzfilme wären zuwweilen eine bessere Wahl der Gestaltung, verhaspelt man sich hier in den stillen Szenen oder in den gesprochenen, wird dafür bei einer Kampfeinlage selbst dann noch mitgefilmt, wenn längst der Staub der Umgebung auf der Linse liegt und man im Grunde nichts mehr sieht, eine Auseinandersetzung im engen Raum, und ohne Schnitt, es knallen nicht nur die Gewehre, sondern wird auch mit Händen und Füßen, mit Fäusten agiert. Es gibt Martial Arts der groben Art, es gibt Aufräumaktionen, es gibt Razzien und die Flucht in die Welt der Drogen. Ein Hin und Her und Durcheinander, ein Orientieren an den Figuren, den Undercover, der Polizistin, der rechten Hand vom Obermotz, dem General selber. Manchmal wird man lauter im Gespräch, es wird auf die Disziplin und die Hierarchie hingewiesen, auf das Einhalten der Regeln. Mittig geht es um die Suche nach einem bestimmten Verbrecher, man hat den Straßenverkehr gebremst, Blockaden aufgestellt, die Kreise werden enger, der Rahmen eingegrenzt. Mit Snipern hat das lange Zeit nichts zu tun, es wird zu einer Kriminalgeschichte, einer Art Polizeifilm, mit einem gewöhnungsbedürftigen Hauptdarsteller, Xie Mengwei, diesjährig auch in Hard Guy Sniper zu sichten, körperlich agil, aber von kleiner Statur und mit einer sehr piepsigen Stimme ausgestattet, physisch offensiv, verbal defensiv bis lächerlich, eine seltsame Mischung, wenigstens die Zeit vergeht.
Zudem ist die Location hier ganz angenehm, der Antagonist lässt es sich gutgehen, ein riesiges Schwimmbecken, Palmen im Hintergrund, Holzveranda, sowieso viel verziert und vertäfelt. Eine Art Urlaubsresort, mitten in der Pampa, ein paar Bäume als Fixpunkte, der Rest ist Probe aufs Exempel, viel Herumeierns, oft primitiv. Alles Fassade bloß und nichts dahinter, der Film nach außen wie die Geschichte nach innen, eine andere, eine vorgetäuschte Oberflächlichkeit, auch ein Hinauszögern, es wird im Grunde erst im Showdown wieder in die Vollen gegangen, vorher reicht die Kohle nicht. Blanke Durchschnittsware mit einigen visuellen Ideen, aber nicht mit mehr und mit nichts dahinter.