Review

Kurosawa war der erste, bekannter sind jedoch die Remakes von „Yojimbo“, vor allem natürlich „Für eine Handvoll Dollar“ als Begründer des Italowestern.
„Yojimbo“ erzählt seine Geschichte im feudalen Japan, in dem ein Samurai (Toshiro Mifune) bei seinen Reisen durch die Lande in ein kleines Städtchen gerät, in dem sich zwei rivalisierende Banden im Streit um das Erbe des verstorbenen Anführers bekriegen. Der Handel mit Seide und Sake, Prostitution und Glücksspiel sind die Einnahmequellen der Banden, Gesetzlose werden zur Verstärkung angeheuert. Im Gegensatz zu den gesetzlosen Weiten des Italowestern gibt es in „Yojimbo“ sehr wohl Staatsbeamte, die sich jedoch als korrupt und inkompetent erweisen, was auch recht nihilistisch ist.
Der Samurai verdingt sich als Diener zweier Herren wahlweise bei der einen oder anderen Bande, um die Verbrecher gegeneinander auszuspielen. Doch sein gefährliches Spiel erweckt bald Argwohn...

Aus der Rückschau betrachtet, gerade im Vergleich zu den Remakes „Für eine Handvoll Dollar“ und „Last Man Standing“, fällt auf, dass „Yojimbo“ noch dem Ehrbegriff des Samuraifilms verhaftet ist und das Ausspielen der Banden auf ganz andere Weise angeht. Wo der Mann ohne Namen und John Smith an Geld interessiert sind und scheinbar erst im Verlauf der Handlung ihr Gewissen entdecken, so erzählt der Fremde dem Gastwirt von Anfang an, dass er die Verbrecher ausmerzen will, nimmt Geld nicht an, wenn er den Auftrag nicht erfüllt usw. Für einen Samurai ist sicherlich immer noch recht halbseiden, aber doch moralischer als seine Nachfolger.
Die Geschichte vom Diener zweier Herren erzählt Kurosawa spannend und eindringlich, aber mit der sprichwörtlichen Ruhe, in der die Kraft liegt. Der herrenlose Samurai lässt sich sehr offen umwerben, das Auftauchen der Beamten erzwingt eine Art Waffenstillstand und erst in der zweiten Hälfte spitzt sich der Konflikt zu. Ein paar kleine Schnitzer gibt es in der Dramaturgie zu beklagen, z.B. die begehrte Frau, die hier im Gegensatz zu den Remakes quasi gar nicht eingeführt wird und dann bei der Geiselszene wie ein As aus dem Ärmel gezaubert wird. Zudem könnte sich „Yojimbo“ in der ersten Hälfte hier und da ein kleines bisschen kürzer fassen.

Doch Kurosawas Gespür für Bilder ist über jeden Zweifel erhaben, denn vieles kann er einfach visuell erzählen. Die Rivalität zwischen dem Samurai und dem pistolenschwingenden Bruder eines Bandenchefs muss gar nicht erst in große Worte gekleidet werden, schon allein wie Kurosawa sie im Bild zueinander positioniert spricht da Bände. Auch die Schwertkämpfe sind zwar nur kurz, aber von großer Kraft und extrem hübsch anzusehen – phantastisch vor allem die erste Kostprobe vom Können des Fremden, wenn er drei Gegner in ihre Schranken verweist und mit Eiseskälte von dannen geht.
Gerade diese Form von Kälte und Coolness bringt Toshiro Mifune in der Titelrolle auch wunderbar herüber und dominiert den Film in jeder Szene – häufig ohne große Dialoge, sondern allein mit seiner Präsenz. Dagegen können die Nebendarsteller einfach nicht an, obwohl auch sie alle durch die Bank weg überzeugen.

Alle Varianten der „Yojimbo“-Geschichte sind auf ihre Art und Weise interessant, egal ob als klassischer Samuraifilm, als Italowestern oder amerikanischer Neowestern – Kurosawas Original besitzt dabei immer noch eine unvergleichliche Kraft, trotz kleinerer dramaturgischer Schwächen.

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