Auf Regienamen wie Chow Wah-Yu, Cheuk Tak-Ong, Ng Chan-Chau oder Kwong Yip-Sing stößt man trotz auch (mangelhafter, also nicht gänzlich lückenloser) Einträge in der Hongkong Movie Database nur dann, wenn man sich auf mit den eine Weile von TVB (Television Broadcasts Limited) produzierten Fernsehfilmen beschäftigt. Die zwar teilweise auch regulär auf Heimmedien wie der Video CD oder der Videokassette herausgebracht worden sind, aber bis vor wenigen Monden dennoch relativ spärlich in der Verbreitung waren; mittlerweile sind sie nicht bloß offiziell über dem jeweiligen Streamingdienst abrufbar, als auch (kostenlos, mit Werbung) über gängige Videoportale erhältlich. Gerade Chow war auch recht fleißig, trotz einer (scheinbar) kurzen Telemovie-Filmographie von 1989 bis 1994, On the Run und der actionreiche Double or Nothing (eine Art Once a Thief für die kleine Mattscheibe) in dem entsprechenden '94 als die letzten Einträge:
Die junge und schwerreiche Witwe Deng [ Kiki Sheung ] wird zufällig Zeugin des Mordes an einem Polizisten. Sie wendet sich hilfesuchend an den Cop Liu [ Lawrence Ng ], der ein Freund des Getöteten war, und gegen den Willen seines Vorgesetzen Cao [ Jason Pai Piao ] auch die Ermittlungen fortführt.
Auf der Flucht also, wieder einmal, hatte man das kürzlich in Burden of Proof (1994) oder The Fugitives (1991), hier ergeht es Lawrence Ng so, die Polizei auf den Fersen und damit als Feind quasi, stets den Blick nach hinten werfend, stets in Hast und in Bewegung. Ein Verstecken in der Millionenmetropole scheint unmöglich, ein Vorwärtsdrängen durch die Massen ja, ein auf der Hut bis zur Paranoia nötig. Isoliert und klagend die Klänge, der Film mit selbsterstellten Vorspann, mit den Highlights der Szenerie, nicht chronologisch in der Reihenfolge, sich steigernd im Spektakulären aber, erst paar Sprints und Sprünge, dann die Schüsse und Explosionen, zu einem tragenden Titellied. Die Geschichte selber beginnt dann trotzdem von vorn, nicht mittig oder von hinten zurück, erst zeigt man den Anfang, noch ist alles Friede, Freude, Eierkuchen, das Leben in gerechten Bahnen, alles hat seinen Sinn und seine Ordnung.
Ein Löwentanz wird geboten, eine festliche Eröffnung, draußen vor den Toren der Stadt, es gibt aber bereits eine böse Überraschung, einen ersten Toten. Im Mittelpunkt des Interesses stehend, mitten in der Einleitung verstorben, ein Geschäftsmodell war geplant, nun gibt's bloß die Testamentseröffnung. Kg kommt später erst ins Spiel, er ist zwar Cop, hat aber mit der ganzen Angelegenheit noch nichts zu tun, ein erstmal ahnungsloser und unschuldiger Gesetzeshüter wie Eddie Cheung in The Fugitives, bald unfreiwillig involviert und mit den eigenen Kollegen im Clinch und viel zu tun. Beide Darsteller nicht unbedingt als Actionhelden sonst besetzt, hier beim Fernsehen mehr zu tun, es gibt sogar eine integrierte mediale Überschneidungen, wird doch von einer Ausstrahlung im TV zu einem realen Überfall geblendet, die Bilder nahezu identisch, was sogar die Zuschauenden für eine Sekunde verwirrt und verblüfft, was auch die Reaktionen und die Gegenwehr für einen Moment lähmt.
Ein Überfall im Nachtclub, eine sich ausbrechende und ausbreitende Schießerei, zwei Beamte vor Ort mit der Dienstwaffe tätig, die Gauner fallen in Glas, oder springen durch ein Fenster fort. Ein blutiger Treffer beendet einen Entkommensversuch, auch vorher wurden die Gauner niedergestreckt, Recht und Ordnung wieder eingekehrt. Regisseur Chow erfahren genug und talentiert in der Inszenierung, er hat auch abseits von TVB Actionfilme gehandhabt, er hat sich im B-Picture wie The Real Me (1991) geübt, er war langjährig auch als Produzent und Supervisor konstruktiv. Eine gewisse Steifheit in den privaten Szenen, in den Innenaufnahmen, den Dialogen bekommt auch er nicht abgeschüttelt, er hat die Darsteller aber fest im Griff, Ng ist vielleicht auch ein Glücksfall, er hat sich viel im Category III Bereich herumgetrieben, er wurde oft in Schmutz und Schmier, nicht im dramatischen Crime, im schnellen Thriller eingesetzt.
Eine getrennte Liebe hier, auseinander führende Wege, ein Verrat der Gefühle, also gibt es bald Alkohol zum Frühstück, es gibt immer noch den Vorbau der Geschichte, einen nächsten Todesfall, im Parkhaus ein brutaler Mord. Zusammenhänge größerer und kleinerer Art, manches könnte man fast als Plagiat oder Referenz doch lesen, eine Szene ist mehr oder minder ein direktes The Last Boy Scout Imitat. Die Komplexität wird erweitert, die Komplikationen, es findet eine ernsthafte Ermittlung statt, die Stimmung ist bedrückt und gleichzeitig auf 180, eine schlechte Mischung. Eine persönliche Herangehensweise hier, es wird Ernsthaftigkeit und Gefühlsbewusstsein versucht, was zu zuweilen langen Gesichtern und etwas Blässe sorgt. Appelliert wird auch, motiviert, im Mittelfeld sinniert, von der Gesellschaft isoliert. Entschuldigungen folgen auf Anschuldigungen, dann wird es plötzlich flott, durch buchstäblich ein Fingerzeig.
Ein Killerkommando wird aktiviert, wird mit Spezialauftrag losgeschickt, die Montage auf Spannung gebracht, drei Angreifer zum Ausschalten, nur Einer zur Rettung. Ein Indoor-Shootout als erstes Scharmützel, mit Zeitlupen hervorgehoben und gezehrt, später werden Anrufe abgehört, mit falschen Versprechungen, mit konspirativen Umständen gespielt, ein Kampf allein gegen das System, gegen die eigene Organisation, man kennt deren Arbeitsweise, und wieder hat man The Last Boy Scout (die Pistole im Teddybär) gesehen und kopiert. Besser gut geklaut als selber schlecht erfunden, plus eine motorisierte Aufholjagd mit erst Funkensprühen, dann Detonation und den Wasserhydranten reißt man auch um, ein Schlachtfeld in Vollendung.
So ist das im Leben, den falschen Versprechungen geglaubt, sich geirrt, nicht hinter die Stirn des Anderen geschaut, ins offene Messer gelaufen, blindlings, da mit geschlossenen Augen. Man tut, was man immer tut in solch einer Situation, , man zieht sich zurück, und leckt sich die Wunden, man gewinnt einen besseren Überblick, man schaut aus einer anderen Perspektive, man erwägt die Einbeziehung und Einbindung des ICAC; all das passiert hier. Eine Ruhepause eingelegt, Kraft getankt, die Laufzeit verlängert und gefüllt, doch bald wieder die Reflexe getestet und die Kondition, durch die Innenstadt gespurtet, treppauf, treppab, die (jüngeren) Kameraden im Haken, die Befehlsempfänger mit klarer Struktur. Über die Überführung geht es, rein in die U-Bahn, die Tsuen Wan Station, das Zentrum per Gedränge und Geschubse erkundet, zu einem lärmigen Cantorocksong. In Wan Chai ist man wieder draußen, nun gibt's die Ballade, die Verlorenheit, wird hier insgesamt viel mit zusätzlichen Mitteln ausgedrückt, ein Videoclip fast, das Schüren von Emotionen, das Wecken von Gefühlen, Anonymität und Unsicherheit, eine Chancenlosigkeit, der kleine Mann gegen die Anzugträger und ihre Schergenmannschaft, die Waffen blinken im Sonnenschein, ein Showdown mit Wirksamkeit.