Review

Deadbeat at Dawn
gehört nicht umsonst zu den meistgeschätzten semiprofessionellen Filmen. Er ist unglaublich intensiv, extrem gut und einfallsreich inszeniert, hat eine Botschaft und ist sogar noch wunderbar gespielt. Sowas kommt bei anderen Filmemachern höchstens zufällig vor, während VanBebber es mit "Charlies Family" bzw. der späteren Langfassung "The Manson Family" umso beeindruckender wiederholen konnte.
Die Storyline um den zwischen Drogensumpf und Gangkriegen festgehangenen Goose, der für einen Moment glaubt, aus dem Dreck entkommen zu können, schlägt einem mit sadistischer Präzision regelmäßig in die Magengrube. Lächerliche Szenen, wie sie bei Amateurstreifen die Regel sind, sucht man hier vergebens. Vom ersten Moment an zahlt sich aus, dass der Regisseur und Hauptdarsteller die Kameraarbeit einem Zweiten überlassen hat, denn diese ist schlichtweg atemberaubend. Jede Szene, jeder Schnitt sitzt und verblüfft zutiefst. So kann man den Film direkt auf eine Ebene mit Filmen wie "Henry" und "Mann beißt Hund" stellen, wenn er auch thematisch weit weniger als zynische Satire als diese daherkommt. Stattdessen ist es ein Drama, und vielleicht das härteste, welches je gedreht wurde. Die extrem blutigen und bestens inszenierten Splattereffekte sind nur ein kleiner Bestandteil dabei. Die grausam realistische Darstellung dieser dreckigen (Unter-)Welt sucht in ihrer schmutzigen Fassade ihresgleichen. Nur in ganz wenigen Momenten darf Goose entfernte Blicke auf die große Stadt werfen, mit ihren Hochhäusern, wo es vielleicht so etwas wie ein geregeltes Leben geben könnte, doch sofort hat ihn die klebrige Hand seiner verkorksten Existenz wieder und der nächste Überlebenskampf wartet schon.
Besonders hervorzuheben ist die Entwicklung der Story, die nur kurzzeitig droht, so eine Art "Death Wish"-Mist zu werden, bis das Leiden des Hass- und Selbsthass-erfüllten Goose wieder in den Vordergrund rückt und er zunächst wieder mit genau jenen "arbeiten" muss, die seine Liebe auf grausamste Art vernichtet haben. Erst am Ende scheint sich ein weiterer Lichtblick zu zeigen, als Goose versucht mit der Beute aus einem Raubüberfall bei der Schwester seine verstorbenen Liebe etwas gut zu machen, während der Tod ihrer Mörder am Ende eher eine Hingabe an das Medium Film zu sein scheint. Doch auch diese scheinbare Erlösung bringt Goose nichts: er bezahlt mit dem Leben und der Zuschauer hofft nur noch, dass er es vielleicht wieder zu seiner Liebe schafft - an einem anderen Ort.
Zwischendurch gibt es bitterböse Episoden, z.B. wenn Goose seinen süchtigen Vater trifft; er vor einem anderen Penner versucht, Selbstmord zu begehen und dieser nur seine Freude darüber ausdrückt, dass er selbst nicht draufgehen wird("it's allright, man..."). Einziger fast schon satirischer Moment im Film ist, als Goose versucht, ein Paar Kröten mit dem Verschachern von Kokain an einen Typen im Armani-Anzug zu verdienen - der Deal klappt und Goose fragt, wofür er den Stoff haben wollte. Der Reiche sagt mit Grinsen auf dem Gesicht: "Ich verkauf es den Kindern auf dem Schulhof. Aber was kümmert dich das?"
Die unvergesslichsten Szenen gehören wohl einem bullenhaften Kerl, der Goose Liebe ermordet - er gibt einen Psychoten ab, wie man ihn nur einmal sieht! Seine Worte verfolgen einen noch lange danach und ihm gehört letzlich auch der spektakulärste Tod. Unglaublich auch die beinah schon plakative Dämonisierung des Chefs der gegnerischen Bande - ein bestialisches Monster!
Der Film hat nicht nur in seinen Traumsequenzen den Charakter eines Horrorfilms, sondern unzählige Szenen, in denen Goose dem Wahnsinn zu verfallen droht, sind mit dem nötigen paranoiden Elan gedreht. Die exzellente Soundkoulisse tut ihr übriges dazu.
Fazit: Der Film ist ultrahart, aber unbedingt sehenswert. Ein Meisterwerk des semiprofessionellen Films, wenn es je eines gab.

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