Was Isolation aus einem Menschen macht - oder der Alptraum eines Mannes, der sich eine Sexpuppe bestellte.
Für wen ist das eigentlich erstrebenswert, sich eine Sexpuppe, komplett aus Silikon, alles lebensecht und so, in die Wohnung zu packen? Das Ding kostet soviel wie ein nagelneuer Kleinwagen und ist lediglich als Saftabladeplatz zu gebrauchen. Im Gegenteil, auf Dauer müssten die leblosen Augen doch eher den Eindruck vermitteln, eine frische Leiche im Haus zu haben.
Diese Gedanken wird sich wohl auch Robert Parigi gemacht haben, der hier sein Debüt als Autor und Regisseur feiert. Seine kuriose Mixtur bietet eine erfrischend unübliche Story.
Im Mittelpunkt steht Einzelgänger Kenneth (Desmond Harrington), der erfolgreich als Texter für Gebrauchsanleitungen tätig ist. Seine Arbeitskollegen bringen ihn auf den Trichter, sich eine Sexpuppe aus dem Internet zu bestellen. Fast zur gleichen Zeit begegnet er Lisa (Melissa Sagemiller), die einen Aushilfsjob in derselben Firma angenommen hat. Kenneth verliebt sich in sie, was die Sexpuppe Nikki daheim offenbar spitz kriegt. Zunächst finden sich Kenneth und Lisa, doch durch eine Unachtsamkeit beginnt für Kenneth ein wahrer Alptraum.
Horrorfans, die zunächst auf eine animierte Puppe a la Chucky hoffen, dürften bitter enttäuscht werden. Die Silikondame bewegt sich zu keiner Zeit und ist im direkten Sinne für keine Untat verantwortlich. Es ist die Psyche eines belächelten Outsiders, der sich mit der Puppe in eine Traumwelt begibt. Er kleidet sie wie Lisa, schminkt sie, tanzt mit ihr Walzer (nach einer aufwendigen Konstruktion in seiner Wohnung, die im ersten Moment an eine Sadomaso-Vorrichtung erinnert), er spricht und schläft mit ihr und sieht sie letztlich als reale Partnerin an, die auch Antworten, später gar Befehle gibt.
Ruhig verläuft die Erzählung, die innerhalb der ersten Stunde auf Charakterstudie und leichte Humoreinlagen setzt. Dafür sorgen unter anderem Udo Kier, als Nachbar mit stets offenem Gehör und Rip Torn als strenger, aber gerechter Arbeitgeber. Da rutscht man schon mal ins leicht Komödiantische ab, wenn Kenneth die frisch gelieferte Holzkiste nur mit Mühe durch seine Wohnungstür bekommt (und sie den Nachbarn als neue Gefriertruhe vorstellt), oder die Weckzeit, die im Verlauf immer eine Stunde später eingestellt wird. Kleine, aber charmante Ideen, die zwischendurch für Schmunzeln sorgen.
Nach einer Stunde kippt die Stimmung, vom Humor bleibt allenfalls Sarkasmus und der Handlung werden vermehrt Thriller-Elemente verpasst. Daraus ergibt sich ein kleines, aber durchaus spannend inszeniertes Psychoduell, das – passend zur bizzaren Grundstimmung – mit einer schwarzhumorigen Pointe aufwartet.
Obgleich der Streifen stark auf Atmosphäre und Charakterisierung der Figuren setzt und sich mit dem Voranschreiten des Inhaltes ziemlich viel Zeit lässt, wird es auch in ruhigeren Momenten nie langweilig. Das ist primär den treffend besetzten Darstellern zu verdanken.
Desmond Harrington spielt angemessen zurückhaltend und zeigt, passend zu seiner innerlich vereinsamten Figur, ein überzeugendes Minenspiel und eine authentische Körpersprache.
Melissa Sagemiller hat das gewisse Etwas, das im ersten Moment gar nicht so sehr auffällt. Sie wirkt zart und zerbrechlich mit feinen, markanten Gesichtszügen und ist vielleicht deshalb die ideale „Vorgabe“ für eine Sexpuppe, weil sie aus der Masse hervorsticht.
Die Nebendarsteller wissen ebenfalls zu gefallen, besonders Udo Kier wurde seine Rolle offenbar auf den Leib geschrieben, da er mit sichtbarer Spielfreude agiert.
Ja, es ist schon eine skurrile Mixtur, die „Love Object“ präsentiert. Vielleicht weniger ansprechend für eingefleischte Horrorfans, die Blut und Gewalt sehen wollen, da hier beides nahezu zu vernachlässigen ist. Eher ist es ein stiller Psychotrip, der mit kleinen Humoreinlagen immer wieder aufgehellt wird und sich nur selten zu lange an einer Szene aufhält.
Er hätte zwar hier und da noch etwas sarkastischer auftreten können und auch das Finale ein wenig fesselnder gestalten dürfen, doch unterm Strich bleibt ein ungewöhnlicher Film, den man sich gut ansehen kann, wenn man einmal keine Klischees und altbekannte Verlaufsmuster erleben möchte.
7 von 10