Regisseur Guy Hamilton, der schon einige Bond-Abenteuer drehte, wollte mit „Remo – Unbewaffnet und gefährlich“ eine ähnliche Agentenfilmserie starten, doch leider floppte der Film an den Kassen.
Es ist Nacht und der Cop Sam (Fred Ward) beobachtet ein paar verdächtige Jugendliche im Hafenviertel. Als er sie bei einer Schlägerei hochnehmen will, entpuppt sich die Angelegenheit als Falle und der Cop muss den Verdächtigen erst mal deftig auf die Glocke hauen. Doch ihm wird keine Ruhepause gegönnt: Als er sich in seinem Streifenwagen ausruhen will, versenkt ein Unbekannter ihn mit seinem Auto im Fluss. Somit ist in den ersten Minuten schon die Geburt des Helden geklärt und man kann zum offiziellen Teil übergehen.
Als er aufwacht erfährt er, dass er einer Schönheitsoperation unterzogen wurde, um seine Spur zu verwischen, offiziell für tot erklärt wurde und nun Mitglied einer streng geheimen Organisation ist. Außerdem ist sein Name von nun an Remo Williams. Aussteigen ist auch nicht, denn in diesem Falle droht die Kugel. Gezwungenermaßen findet sich Remo mit seiner Situation ab und beginnt sein Training bei dem koreanischen Meister Chiun (Joel Grey). Dieses Training nimmt ungefähr die erste Hälfte des Films ein und unterhält auf witzige Art.
Doch als sich Remo und seine Organisation an die Spur von George Grove (Charles Cioffi) heften, wird es brenzlig. Grove beliefert die US-Regierung mit Waffen; allerdings sind Budgetüberschreitungen und Fehlproduktionen an der Tagesordnung. Doch wer Dreck am Stecken hat, der versucht natürlich Geheimdienstler schnell loszuwerden...
Es ist wirklich schade, dass aus „Remo“ nicht mehr wurde, denn der Film hat wirklich Potential. Denn in einem eventuellen zweiten Teil wären die Trainingsszenen nicht mehr nötig gewesen (oder zumindest nicht mehr in dieser Länge) und man hätte direkt zu den Missionen von Remo Williams übergehen können. Der Originaltitel „Remo Williams: The Adventure Begins“ deutet schon an, dass deutliche Bestrebungen in diese Richtung zielten, immerhin hatte die „Indiana Jones“-Franchise gerade bewiesen, dass derartige Reihen neben Bond bestehen konnten.
Was zu einer ernsten Konkurrenz für Bond und Indy bei „Remo“ fehlt, das ist ein wirklich einzigartiger, memorabler Held. Nicht, dass die Ansätze nicht da wären: Der Fast Food liebende Cop, der strengem Training unterzogen wird, der eine humorvolle Großspurigkeit mitbringt und seine Gegner ohne Waffeneinsatz, sondern mit Körperbeherrschung besiegt. Doch das ist nicht so ungewöhnlich und hätte in eventuellen Sequels ausgebaut werden müssen, denn so sind es dann die Nebenfiguren, vor allem der arrogante Chiun, die hier als Alleinstellungsmerkmal dienen, während der Held etwas mehr Profil vertragen könnte – auch wenn der Mangel an Familie und Bindungen erst sein Auswahlkriterium für die Organisation war.
Angenehme Auflockerung bietet der Humor, der vielleicht nicht zum Schreien, aber doch zum Grinsen ist. Vor allem die humorigen Trainingseinheiten, in denen Remo unter den Verbalattacken seines Mentors zu leiden hat, sind recht spritzig geraten, die zudem auch in ihren etwas unspektakulären Momenten dadurch Würze bekommen; z.B. wenn Chiun kommentiert, wie Remo nach einem Sprung im Dunkeln auf die Schnauze fällt oder der sonst so trainingsversessene Lehrmeister seine Seifenopern nicht verpassen will und als einzigen amerikanischen Beitrag zur Weltkultur lobt. Diese Momente verschaffen „Remo“ seinen lockeren Charme, während Hamilton seinen Plot flott herunter erzählt, nicht unbedingt komplex, aber mit dem entsprechenden Tempo: Parallel zu den Trainingsszenen treibt er die Handlung um Groves krumme Geschäfte voran und hält sich abseits dieser beiden Stränge nicht groß mit Subplots auf: Über Remos Organisation erfährt man nur das Nötigste und wenn eine gewisse Anziehungskraft zwischen ihm und Major Rayner Fleming (Kate Mulgrew), die Grove ebenfalls auf die Schliche kommt, zu spüren ist, so kommt „Remo“ ohne Liebesgeschichte aus. Der Nachname der Soldatin dürfte nicht zufällig dem von Bond-Erfinder Ian Fleming entsprechen.
Die Action ist bedient das Agentenfilmgenre: Einige kurze Schießereien, in diesem Falle noch ein wenig Nahkampf, aber vor allem tolle Stunts und spektakuläre Szenen. So darf Remo sich von einigen Schlägern über die Freiheitsstatue und ein angrenzendes Baugerüst jagen lassen oder im Showdown an einem Baustamm, der seinerseits an einem Kran hängt, 50 m über dem Boden Haltung bewahren. Spektakulärer als James Bond ist das nicht, aber souverän inszeniert: Geschickter Einsatz von Doubles und weiten Aufnahmen, Egoperspektiven, aber auch der Aufnahmen von Fred Ward in luftiger Höhe lassen gerade die zahlreichen Kletterpartien eindrucksvoll wirken. Schade nur, dass Remos mühsam antrainierte Martial-Arts-Kenntnisse kaum zum Einsatz kommen, gerade das Aufeinandertreffen mit Handlanger Stone (Patrick Kilpatrick) ist enttäuschend schnell vorbei. Die längste Schlägerei ist ironischerweise die aus der Auftaktszene, in der Remo noch als ungeschliffener Schläger gegen seine Gegner vorgeht.
Fred Ward macht seine Sache als Titelheld Remo Williams gut und spielt den Geheimagenten wider Willen mit dem nötigen Augenzwinkern. Joel Grey gibt eine herrlich kauzige Figur ab, so seltsam die Besetzung eines Weißen in der Koreanerrolle auch erscheinen mag, und gibt ein gutes Team mit Ward ab. Die anderen Darsteller sind wenig zu sehen, da sich der Film fast ausschließlich auf Remo und seinen Mentor konzentriert, liefern aber Brauchbares: Gerade Charles Cioffi, Michael Pataki und Patrick Kilpatrick können als Schurken Akzente setzen, während J.A. Preston als Rekrutierer Remos einige dankbare Szenen hat. Etwas unterfordert ist Kate Mulgrew in der weiblichen Hauptrolle, die in erster Linie zum In-Gefahr-Geraten da ist, auch wenn ihre Rolle immerhin ein wenig tougher angelegt ist, als mutige Inspektorin des Militärs, die Groves Machenschaften auf die Schliche kommt.
„Remo“ ist eine spaßige Agenten-Actionkomödie mit einigem Potential, aber Luft nach oben: Etwas spektakulärer könnte der Film trotz Guy Hamiltons souveräner Inszenierung sein, die Hauptfigur könnte mehr Profil vertragen und es wird vielleicht etwas viel Zeit auf Remos Training verwandt. Dank des hohen Tempos, des augenzwinkernden Humors, des Charmes und der schicken Action bietet „Remo“ dennoch zwei Stunden kurzweilige Unterhaltung. Schade, dass nicht mehr aus der Filmserie wurde.