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Das Bildnis der Doriana Gray

In Coralie Fargeats Cannes-Triumph (Ohnmachtsanfälle und Goldene Palme für das Drehbuch) lässt sich der alternde Aerobic-Star Elisabeth Sparkle (Demi Moore) auf eine ungewöhnliche Methode der Körperoptimierung ein – mit Hilfe einer ominösen Substanz gebärt sie in einem schmerzhaften Prozess ihr „besseres Selbst“ Sue (Margaret Qualley). Doch beide Wesen bilden eine Einheit, es gibt bei der „Substance“-Methode strenge Regeln zu beachten und es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese gebrochen werden. 

In unseren Zeiten der Oberfläche und ständigen – insbesondere optischen – Selbstoptimierung war eine Neuauflage von Oscar Wildes Klassiker „The Picture of Dorian Gray“ eigentlich längst überfällig. Fargeats nutzt Wildes Motiv geschickt für eine satirische Aufarbeitung von Körper- und Jugendkult in der Entertainmentindustrie. 

Dabei beweist sie bereits beim Casting ein fantastisches Gespür: Die „Doppelrolle“ von Elisabeth/Sue ist mit Moore/Qualley grandios besetzt, beide Schauspielerinnen geben und zeigen alles, von beiden sind wir diesen Mut zur Körperlichkeit zwar schon gewohnt, immerhin posierte Demi Moore nackt und hochschwanger auf der Vogue (die hier quasi auch nebenbei zitiert wird), aber das ist immerhin auch schon 33 Jahre her. Mit ihren über 60 Jahren ist das hier eine in jedem Sinne reife Leistung. Auch das Wiedersehen mit Dennis Quaid (eingesprungen für den verstorbenen Ray Liotta) ist erfreulich, auch er hat sichtlich Spaß an seiner over the top Darstellung des Produzentengockels. 

Doch THE SUBSTANCE ist kein reiner Schauspielerfilm. Die Regisseurin zitiert Vorbilder quer durch die Film- und Genregeschichte. Die Räume sehen allesamt aus, als wären sie für nicht realisierte Kubrickfilme entworfen worden (oder aus bestehenden kopiert), der Bodyhorror könnte direkt von Rob Bottin (THE THING) oder aus Brian Yuznas SOCIETY stammen, im Finale verschmilzt CARRIE mit dem ELEPHANT MAN. 

Das ist natürlich von allem zuviel, aber Fargeat legt es durchaus auf Überforderung an, Subtilität kann man dem Film gewiss nicht vorwerfen, er soll knallen und das tut es, von den bombigen Primärfarben über den wummernden Soundtrack bis zu den extremen Kameraperspektiven. Auch das inhaltliche Konzept ist komplett künstlich und abstrakt, angefangen bei der seltsamen Substanz, für deren Nutzung niemals sichtbar Geld fließt (andererseits verständlich, bei diesen Nebenwirkungen) bis zum völlig aus der Zeit gefallenen Hype um eine Aerobicsendung im Frühstücksfernsehen. Für eine Horrorsatire macht das aber alles irgendwie Sinn. 

Der Film hat so viele Höhepunkte zu bieten, dass das Finale im Vergleich etwas flach ausfällt, allerdings macht die letzte Einstellung alles wieder rund, der Kreislauf schließt sich und wir gehen satt nach Hause.

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