Ursprünglich hätte „Borderlands“ bereits 2022 erscheinen sollen, kam jedoch erst 2024 raus. Und waren Videospielverfilmungen zuvor meist Kassengift, so erwiesen sich „Der Super Mario Bros. Film“ und „Five Nights at Freddy’s“ anno 2023 als große Hits. Doch „Borderlands“ konnte von dem Momentum nicht profitieren und erwies sich als kommerzieller Flop.
Ein anfängliches Voice Over von Protagonistin Lilith (Cate Blanchett) führt in die Welt von „Borderlands“ ein, die reichlich generisch ist. In der fernen Zukunft bevölkert die Menschen unterschiedlichste Planeten, hatten schon Kontakt mit Monstern und Aliens – zu letzten gehören auch die Eridianer, die auf dem Planeten Pandora eine wertvolle Technologie in einer geheimnisvollen Kammer hinterlassen haben sollen. Dort wird fleißig von Glücksrittern danach gesucht, was nicht so einfach ist, weil Pandora eine Welt voller Banditen, Kannibalen und Monster ist. Außerdem die Heimat von Lilith, der sie freudig den Rücken gekehrt hat, weshalb die Kopfgeldjägerin nach alter Dramaturgiesitte für die Handlung des Films natürlich dorthin zurückkehren muss.
Dafür wiederum sorgt der Großindustrielle Atlas (Edgar Ramírez), der Lilith für die Suche nach seiner Tochter Tiny Tina (Ariana Greenblatt), schickt. Der Auftrag wird großzügig versilbert. Wie das Publikum bereits weiß, wurde Tina von Atlas‘ abtrünnigem Gefolgsmann Roland (Kevin Hart) aus einem Weltallgefängnis befreit, wobei die beiden noch den Psycho Krieg (Florian Munteanu) als Ausbrecherkompagnon an die Seite bekamen. Schon hier fällt auf, dass mit Erklärungen nicht viel los ist, etwa ob sich Tina und Krieg schon vor dem Ausbruch kannten. Anderes wird bewusst im Unklaren gelassen, damit es im Folgenden noch eine Überraschung zu Tina geben kann, die angesichts zig ähnlich gelagerter Geschichten keine mehr ist.
Tina, Roland und Krieg sind nach Pandora gereist, wo Lilith kurz nach ihrer Ankunft auf den Roboter Claptrap trifft, der darauf programmiert wurde ihr dienlich zu sein und eine Nervensäge mit großer Klappe ist. Als Lilith Tina aufspürt, muss sie allerdings bald feststellen, dass sie weder die Einzige ist, die nach dem Mädchen sucht, noch dass Atlas ihr die ganze Wahrheit erzählt hat…
„Borderlands“ blickt auf keine einfache Produktionsgeschichte zurück. 2021 wurde der Film abgedreht, am Ergebnis sollte noch länger rumgefeilt werden, doch Eli Roth war wegen der Arbeit an „Thanksgiving“ für die Nachdrehs verhindert, weshalb das Studio Lionsgate zu diesem Zweck „Deadpool“-Regisseur Tim Miller anheuerte. Allerdings wurde gleichzeitig der Wunsch geäußert, dass der Film doch mainstreamkompatibler als die ursprüngliche Version werden sollte – immerhin ist Horror-Spezi Roth kein Kind von Traurigkeit. Doch wenn man sich „Borderlands“ so anschaut, dann haben die Nachdrehs nur das Grundproblem des Films verschlimmert: Dass unterschiedliche Leute unterschiedliche Vorstellungen von dem Film hatten. Roth dürften das Potential einer abgefuckten Dog-Eat-Dog-Endzeitwelt voller Freaks, Kannibalen und Monster gesehen haben, Lionsgate dürfte aber von Anfang auf das PG-13-Publikum geschielt haben, als es die Comedians Kevin Hart und Jack Black anheuerte, die schon in den erfolgreichen „Jumanji“-Sequels „Welcome to the Jungle“ und „The Next Level“ zusammen spielten. Von den offensichtlichen Vorbildern ganz zu schweigen, wobei vor allem James Gunn hier Pate gestanden haben dürfte, dessen „Guardians of the Galaxy“-Reihe und „The Suicide Squad“ auf höchst amüsante Weise zeigten, wie abgedreht-humorvolle Storys über schräge Außenseiter-Teams funktionieren können, sowohl mit PG-13- als auch mit R-Rating.
Dummerweise fehlt es „Borderlands“ an ähnlichem Fingerspitzengefühl und ähnlicher Liebe zu den Figuren. Der mit Abspann gerade mal 100 Minuten lange Film nimmt sich keine große Zeit den Großteil seiner Figuren vorzustellen oder zu entwickeln. Vor allem Roland bleibt weitestgehend blass und eigenschaftslos, Krieg ist eh nur eine Kampfmaschine und die später hinzustoßende Schatzkammer-Expertin Tannis (Jamie Lee Curtis) ist in erster Linie dazu da, um das Publikum auf mehr oder weniger smoothe Weise mit Hintergrundinfos zu füttern. Claptrap ist ein Comedic Sidekick, bleiben also Lilith und Tina, die aber beide altbekannte Story Arcs besitzen. Lilith ist die hartgesottene Kopfgeldjägerin, die dann wieder für Ideale zu kämpfen lernt, Tina eine kleine Krawallmacherin mit Kuschelhasen- und Sprengstofffaible, unter deren überdrehter Schale ein verletzlicher Kern steckt. In der Annäherung der beiden steckt immerhin ein bisschen Charakterzeichnung, aber so wirklich Zeit zum Entwickeln bleibt dem Film da nicht. „Borderlands“ gehört zu den wenigen aktuellen Großproduktionen, denen ausnahmsweise mal ein paar Minuten mehr auf der Uhr gutgetan hätten.
Die Geschichte ist dann die übliche Schnitzeljagd nach der Kammer und dazugehörigen Schlüsseln, denn alsbald stellt sich heraus, dass Tina jenes Mädchen aus einer Prophezeiung sein könnte, welches die Kammer aufbekommt. Doch auch hier fehlt der richtige Drive, die richtige Dramaturgie, wenn man hier den Häschern entkommt, da einen Hinweis findet und dort einen Kannibalenhort auf der Suche nach einem Gegenstand erkundet. Urplötzlich kommt der Film dann zu seinem Showdown, in welchem dann der Oberschurke auftaucht, der den ganzen Film über kaum präsent war, und noch einen Zwischengegner für Krieg dabeihat, der aber vorher nie im Film zu sehen war. Davon abgesehen ist das Finale auch noch deswegen ultralangweilig, weil den Helden erst das Wasser bis zum Hals steht, sie dann durch eine glückliche Fügung gewissermaßen den Unverwundbarkeitscheat aktivieren können und die namenlosen Schergen relativ gefahrlos besiegen können. Zur vollkommenen Schnarchgarantie darf natürlich auch ein Mumbojumbo-Standoff in einer andersweltlichen CGI-Kammer am Ende nicht fehlen, das natürlich exakt so abläuft wie artverwandte Situationen in Büchern und Filmen.
Die vorigen Actionszenen sind etwas besser, lassen aber bisweilen auch an Rauminszenierung und memorablen Momenten mangeln. Eine Schießerei zu „Aces of Spades“ von Motörhead zu zeigen, ist zwar spätestens seit „Shoot ‘Em Up“ nichts Neues mehr, aber der Song bleibt unverwüstlich, die entsprechende Sequenz ist recht zackig und enthält einen der derzeit beliebten One-Take-Action-Shots, in dem man alle Mitglieder der Heldentruppe in Action sieht (analog zu der viel gefeierten Splash-Panel-Sequenz aus „The Avengers“). Die erste Konfrontation zwischen Lilith und ihren späteren Mitstreitern im ersten Drittel des Films ist ganz okay, reichlich schwach dagegen eine anschließende Verfolgungsjagd, in der die Heroen von Fahrzeugen und Fluggeräten der Atlas Corporation gejagt werden. Das liegt auch an den lausigen Hintergrundanimationen, wenn man die Figuren auf den Fliegern sieht – nicht die einzigen CGI-Effekte im Film, die nur halb fertig ausschauen, was für eine Produktion mit einem Budget zwischen 110 und 120 Millionen Dollar schon beschämend ist. Da fällt die fehlende Härte nicht so sehr ins Gewicht, zumal manche Szenen in der Kannibalenhöhle die Grenzen des PG-13 austesten. Hätte Roth seinen Willen gehabt, dann hätte das Ganze vermutlich noch mal ganz anders ausgesehen.
Doch es gibt auch Lichtblicke, den in einzelnen Momenten blitzt tatsächlich der Film auf, der „Borderlands“ hätte sein können. Es gibt einige hübsch schräge Einfälle und Figuren, darunter ein Touri-Bus für Jäger der verlorenen Kammer, ein Autosprung durch ein Riesenmonster oder Tinas kreative Sprengfallen. Der Humor insgesamt dann Hit and Miss, was aber auch an der Inkongruenz des Ganzen liegt. Da gibt es zynische Gags darüber, wie wenig ein Leben in dieser Welt wert ist (etwa wenn Lilith von Atlas dafür gelobt wird, dass sie seine Handlanger beim Erstkontakt ohne viel Federlesen abknallt), aber auch kindgerechten Pipi-Kacka-Humor, etwa wenn Claptrap eine ganze Ladung Projektile ausscheiden muss und es nicht so gut findet, wenn ihm Leute dabei zusehen. Dass man hierzulande mal wieder nicht auf einen Comedian-Synchro-Coup verzichten wollte und Claptrap (im Original: Jack Black) von Chris Tall sprechen ließ, hilft da auch nicht gerade weiter.
Absolut hochkarätig dagegen die Besetzung, die das Beste aus der Sache macht, auch wenn sie sich weit unter Wert verkauft. Cate Blanchett ist als toughe Einzelgängerin auch auf Autopilot noch solide, Ariana Greenblatt hat ordentlich Spaß als Krawall-Else und Jamie Lee Curtis kann ihre bessere Stichwortgeberin noch mit Präsenz versehen. Florian Munteanu muss in erster Linie mit körperlicher Präsenz punkte, aber die hat er definitiv. Kevin Hart trainierte für seine Rolle extra mit einem Navy Seal und will mal mehr als nur das Plappermaul sein, aber letzten Endes ist genau das sein Problem: Für einen Actionhelden ist er dann doch zu klein und witzig, als Comedic Sidekick ist er zu wenig gefordert, auch wenn man es ihm dankt, dass er auf die Kreischattacken manch anderer Rolle verzichtet. Noch mäßiger ist allerdings Edgar Ramírez mit einer schnarchigen Performance als eiskalter Konzern-Head-Honcho. Bessere Cameos gibt es von Gina Gershon als Barbetreiberin unter zentimeterdickem Make-Up und Haley Bennett als Liliths Mutter in einer Rückblende.
Phasenweise ist „Borderlands“ also herrlich schräg und überzeugt mit dem Design seiner Endzeitwelt, irgendwo zwischen „Guardians of the Galaxy“ und „Mad Max: Fury Road“. Dass er allerdings noch nicht mal entfernt an die Qualität dieser Vorbilder herankommt, liegt an einem lustlosen Storytelling, halbfertig aussehenden CGI-Tricks, meist egalen Figuren und nur selten memorabler Action. Schade drum, denn Besseres wäre sicher möglich gewesen, das erkennt man an den vorhandenen Ansätzen.