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Was ist das für ein Stoff! Ein mäßig erfolgreicher Immobilienmanager, der im Schatten seines Vaters steht, wird von einem skrupellosen Anwalt unter dessen Fittiche genommen und entwickelt sich zum egomanen Immobilienmogul, der später einmal die Weltordnung ins Wanken bringen sollte. 

Was bietet diese Geschichte für filmische Möglichkeiten! Eine beißende Satire à la THE BIG SHORT. Ein durchleuchtendes Biopic à la THE SOCIAL NETWORK. Ein relevantes Zeitdokument à la CIVIL WAR. Ein Familiendrama um Abhängigkeiten und übermächtige Vaterfiguren. Ein spannender Wirtschaftsthriller um Korruption und Machenschaften der Großunternehmen. 

Und was macht Regisseur Ali Abbasi (BORDER, HOLY SPIDER) daraus? Er filmt einfach brav die Geschehnisse ab. Die größte Kreativleistung besteht dabei noch darin, das Filmmaterial an die portraitierten Jahrzehnte anzupassen – griselig und grobkörnig für die 70er, dezente Video-Farbstreifen für die 80er. 

Wer mit Trumps Geschichte nicht vertraut ist, bekommt hier zumindest einen mit Zeitkolorit angereicherten verfilmten Wikipedia-Eintrag, eine chronologische Abhandlung von Fakten, Mutmaßungen – und leider auch ein paar Fake News. Keine satirische Überspitzung, keine scharfe Kritik, kein intelligenter Subtext, keine clevere Umsetzung. Es hilft wahrscheinlich nicht, dass Drehbuchautor und Journalist Gabriel Sherman zuvor u. a. das INDEPENDENCE DAY Sequel verantwortete. Der Film ist leider tumb wie Trump. 

Die Motivation der Figuren bleibt schwer nachvollziehbar: Was treibt einen erfolgreichen Anwalt wie Roy Cohn an, sich um einen naiven Loser wie Trump zu kümmern? Und was machte Trump schließlich vom ansatzweise sympathischen, da bemitleidenswerten Immobilienanfänger, der im Wohnblock seines Vaters noch selbst die Miete eintreibt, zum größenwahnsinnigen Ignoranten? 

Sebastian Stan, seit seinem Mainstream-Durchbruch im Marvel-Universum abonniert auf schwierige Rollen und unsympathische Typen, macht seine Sache so gut wie möglich, hat allerdings mit einer Frisur zu kämpfen, die schon bei Trump wie ein Toupet aussah, bevor er dem Originalhaar chirurgisch nachhalf. Zumindest schafft Stan es, aus dem anfänglichen ambitionierten Sonnyboy nach und nach das werden zu lassen, was den Trump von heute bereits in Ansätzen sichtbar macht – Mimik, Gestik, Sprechweise, Vokabular, Körperfülle. Jeremy Strong hingegen wirkt verbissen wie schon in SUCCESSION, sein Schauspiel sieht schlichtweg anstrengend aus. Komödiantin Maria Bakalova (BORAT 2) ist verschenkt als Model mit Designambitionen Ivana Trump, die Beziehung der beiden bleibt nach einer ausgedehnt dargestellten Flirtphase eine Black Box. 

Der Film endet kurz nach Eröffnung des Trump Towers mit Donald Trump auf dem Höhepunkt seines Erfolgs. Also eigentlich dann, wenn es erst so richtig spannend wird.

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