Der erste Ausflug des seit 2017 aktiven Regisseurs Chris Huo Suiqiang in das Genre des modernen Actionthrillers, welches er folgend in rascher Reihenfolge mit Blind War (2022), The Comeback (2023) und Hunt the Wicked (2024) bedient hat; zuvor wurde sich in der Gattung der Fantasy vermehrt ausgetobt und dort auch eigene Reihen geschaffen. Aufgrund einer zunehmend populären, auch im Westen mit bekannter Besetzung und dem Wechsel von Set, Setting und Motiven sind die letzten Werke zuweilen auch offiziell im westlichen Markt erschienen, da allgemein verständliche Handlungen geboten werden und eine (Schuss)Waffenaffinität, also filmisch globales Geschehen. The Sniper dabei als Sprungbrett für eine möglicherweise größere Karriere als das Bedienen des Web Movies, der erstmal rein auf die Online-Auswertung abzielenden Produktion, kommt Zeit, kommt Rat; man wird es sehen:
Die sogenannte Salvation Society ist aufgrund ausschweifenden Menschenhandel, Organhandel, Drogenherstellung und Drogenhandel die mächtigste kriminelle Organisation in Südostasien. Die Scharfschützen Jin Ming [ Michael Tong ], Jin Tai [ Henry Prinz Mak ] und Li Shan Ji [ Raquel Xu ] haben es sich beruflich wie privat zur Aufgabe gemacht, dem verbrecherischen Treiben Einhalt zu gebieten.
An der sogenannten Salamani-Grenze beginnt das Geschehen, Südostasien, ein Gefangenenlager im Visier, die Insassen sind Heranwachsende, Adoleszenten, manche noch Kinder. Ein Dschungelkrieg in der Einleitung, die Gegend grausam schön, kein Widerspruch in sich, die Natur unbefleckt, der Mensch umso skrupelloser und ohne Moral oder Gewissen. Eine Rettungsmission steht nicht an, es geht nicht um die Befreiung der Insassen, nicht um die Zerstörung des Konzentrationslagers, sondern eigentlich bloß um das Ausschalten einer gewissen Person, eines berüchtigten Kriminellen; die Operative ist klar, man wird aber in die Belange hineingezogen, vom Äußeren in das Innere gesogen. Um das Treffen von Entscheidungen geht es, ein Mann geht vor, die anderen seiner Einheit müssen mit, ein Gefecht entbrennt, erst werden die Zivilisten erschossen, dann sich seitens der Verteidiger der Anlage die gleichwertigen Gegner, die Angreifer in Uniform zur 'Brust genommen', ein blutiges Gemetzel aus Gewehrsalven, aus Einschüssen, aus geworfenen Handgranaten, Messerattacken und Pistolenkugeln.
Hierbei erinnert man noch am Ehesten an die damals die Kinolandschaft prägenden Wolf Warrior und Operation Mekong, militärische Übungen und Scharmützel im Waldgebiet, andere 'Direct to Video' - Vertreter haben sich gerne an den jeweils folgenden Wolf Warrior 2 und Operation Red Sea, also die Ausflüge nach Afrika, den Wüstenkrieg orientiert; eine zeitlich deutliche Trennlinie, die im Übrigen nicht beibehalten oder fortgeführt wurde, sondern (wie bspw. Hunt the Wicked) dann in einheimischen Gefilden bleibt und sich bevorzugt dem Kampf gegen die Drogen vor der eigenen Haustür widmet. Hier ist aber noch der Militarismus gefragt, das Soldatenleben, der ständige Wettstreit miteinander, selbst unter Genossen und Kameraden, die Waffe als Frau und bester Freund zugleich, das Heroische im Bestreiten und Bestreben. Gefilmt mit Druck und Schnelligkeit, vom Truppenübungsplatz zur Lektion zur nächsten Mission, zwischendurch winken die Auszeichnungen, das Briefing ist kurz, es zählt die Infiltration, es zählt die Exekution.
Man startet mit schnellem Tempo, mit viel zur gleichen Zeit, mit forschen Schnitten, mit etwas bürokratischen Gerangel, mit Diskussionen im Hauptquartier, mit Sabotage in den eigenen Reihen, mit Verlusten an der Front, der Bebilderung vom eigentlichen Kampf und der Wiedergabe über den Bildschirm, selbst mit einem aufgenommenen Replay. Falsche Beschuldigungen und unbotmäßige Verdächtigungen wechseln sich ab mit Theorie und Praxis, ein dann vermehrt dunkles Kapitel, blauschwarz und bleischwer eingefangen, eine stets komparative, kombatative Situation. Die Geschichte springt mehrfach nach vorn, um Jahre gar, ein Weglassen und Ignorieren zwischenzeitlicher Informationen. Wer sich auf eine Beibehaltung der bisherigen erfolgreichen Vorgehensweise freut, sieht sich dann enttäuscht, dass, was noch kommt als Filmmaterial und Füllmaterial ist eher etwas wie die frühen taiwanesischen Arbeiten um Takeshi Kaneshiro respektive Nicky Wu und Stephen Hao Shao-Wen, die Shaolin Popey Titel, die komödiantischen Bestandteile mit einem vorlauten Kind. Plus moralische Lehren und Belehrungen; an den Drehbüchern müssen sie grundsätzlich noch einmal arbeiten, das Formale hat meist seine Kreationen, das Materielle oft am Darben, am Überziehen und am Scheitern, eine unheilvolle, unheilbare Mischung, eine Kränklichkeit der Werke, der Geist hält mit dem Körper nicht mit.
Mehr durch Zufall schließt sich später der Kreis, geht es wieder um illegale Blut- bzw. Organspende, die Verbrechensorganisation noch größer geworden, alle Maßnahmen der Polizei umsonst. Ein Zustand wie im Schlachthof, eine düstere Fabrik aus Menschenopfern, eine medizinische Abfertigungshalle, ein menschliches Ersatzteillager. Die Brutalität zieht wieder an, die Scharfschützenduelle, das Malträtieren von schwerbewaffneten Wachmannschaften und Behindern niederer Machenschaften. Dabei wechselt man zuweilen auch zu längeren Einstellungen, die Übersichtlichkeit bleibt sowieso regelmäßig vorhanden, wenngleich auch mit dem Vorhandensein von jederzeit Aufmerksamkeit und Konzentration, es herrscht eine Behändigkeit vor, selten mit Zeitlupen hervorgehoben. Stilistisch ist das Vorgehen gerade auch im nächtlichen Albtraum des Prä-Finales und des Showdown im Duell mehrerer Sniper recht gekonnt, prägnant auf den Punkt gebracht, die Finesse im ständigen Töten aus Nähe und Distanz gefunden, auch in der Zuhilfenahme von Blut und kleineren Stunts. Helfen tut auch die Besetzung der Hauptrolle mit dem australisch stämmigen Henry Prince Mak, Geburtsjahr 1990, der relativ frisch im Geschäft ist noch, der als Sänger, Tänzer, Fernsehschauspieler angefangen hat, hier nach zwei Nebenauftritten in Operation Red Sea und Raging Fire im kleineren Rahmen im Zentrum der Handlung steht; das Sequel hier zu mit The King of Sniper: The Assassination auch unter Regie von Chris Huo ist prompt veranlasst und Anfang '23 präsentiert.