Review

Nach mehreren und sich auch hinsichtlich des Erfolges potenzierenden Jahren hat sich der Actionthriller als Mischform aus den Talenten des HK-Kinos mit den Finanzhilfen des chinesischen Filmgeschäftes an den VRC-Kassen mittlerweile wieder in Sachen Zugkraft zurückgefahren; trotz oder auch wegen Beibehaltung genutzter und benutzter Stars in der Hauptrolle, allen voran Darstellern wie eben hier Andy Lau, Louis Koo, Tony Leung (Chiu-wai) oder Aaron Kwok und fortführender Motive und Thematiken. Vermehrt im Subgenre des Polizeifilmes angelegt und im Kampf gegen das Drogengeschäft, also politikaffin formuliert, sind die Einspielergebnisse eher gesunken als gestiegen oder wenigstens beibehalten und hat sich das Publikum vom Festland anderen Erzeugnissen zugewandt, oftmals auch kleineren, persönlicheren Produkten, oder tatsächlich lokalen Erzeugnissen. Als gleich drei aufeinanderfolgende Beispiele (von noch mehr) sind dabei relativ zeitnah The Goldfinger (über einen realen Finanzskandal in den Achtzigern) mit einem Startdatum kurz vor Jahresende und einem Einspiel um die (insgesamt) 85 Mio. USD, I Did It My Way ebenfalls kurz vor Jahresende mit etwa 55 Mio. USD und Bursting Point Anfang des Dezembermonats mit nur 14 Mio. USD zu sehen, richtig rentabel und dies noch nicht einmal auffällig wird dabei nur der erste Titel zu werten sein, mittlerweile sind auch die Kosten stark angestiegen und die Teilhaber sowieso. I Did It My Way (welcher im Originaltitel eher sowas wie Stealth bedeutet, den Sinatra-Song aber einmal bei einer Hochzeit als wohl vom Paar auserwähltes Lied anspielen lässt) dabei als Fortführung der Regiekarriere vom zuvor als Director of Photography tätigen Jason Kwan, diesmal auch im Alleingang und ohne die (fragwürdige) Unterstützung von Wong Jing; welcher sich vermehrt auf dem Streamingmarkt mit billigen Nachplappern früherer Erfolge herumtobt:

Eddie Fong [ Eddie Peng ], Superintendent der Cybercrime Investigation Unit, ist im Auftrag von Chung Kam-Ming [ Simon Yam ], Assistant Commissioner of Police, hinter einem mysteriösen Verbrechersyndikat her, dass sich im großangelegten Drogengeschäft über das Internet versucht. Man vermutet Chan Chiu-Sang [ Philip Keung ] als den Mann im Hintergrund, wird dieser aber von seinem Anwalt George Lam [ Andy Lau ] abgeschottet, seinem IT-Fachmann Davis [ Terrance Lau ] und von Sau Ho [ Gordon Lam ], dem Mann für das Grobe. Fong soll deswegen zünftig mit Yuen Muk-Yu [ Lam Suet ], Chief Inspector des Narcotics Bureau zusammenarbeiten, außerdem hat man mit Chan Sung-Lam [ Kevin Chu ] einen Undercover in den Reihen der Gangster platziert.

Um mit der Zeit zu gehen und sich als fortschrittlich zu geben, wird hier in der ansonsten als Genregeschichte zu sehenden Handlung gleich zu Beginn mit Schlagwörtern wie "Cyber Crimes", "Dark Web", "Super Internet Platforms", "Hacker Army", "Cryptocurrencies" etc. herum geunkt, natürlich geht es um den Kampf der Polizei dagegen, und vor allem um dem Kampf gegen die Drogen, bevorzugtes Ziel der chinesischen Politik, gerne auch von den staatlichen Zensoren so gesehen, der Film muss abgenommen und von der China Film Administration durchgewunken werden. Hier ist der Anteil der produzierenden Studios auch scheinbar deutlich vom Mutterland stammend, wird der Film selber allerdings aus HK und dies autark gezählt, Universe Entertainment Limited im Hauptanteil, dazu Infinius Jupiter Production Limited als relativ junges, 2016 gegründetes und seitdem aktives Unternehmen mit Sitz in Kwun Tong, mit Hauptdarsteller Andy Lau im Hintergrund. Lau hat die Transition von HK nach VRC relativ leicht geschafft, mit politisch eher unauffälligen Werken auch, er wirkt nicht so sehr als Staatsdiener wie andere Darsteller (oder Regisseure) und er hat sich mit der zuweilen doch brisanten Situation auf seine ruhige Art und Weise arrangiert.

Ein Meeting und damit verbunden die Vorstellung der Prämisse später wird auch schon der Polizeifilm gestartet, es gibt eine enge Frist von wenigen Tagen, es gibt die Hauptakteure, die Kontrahenten, die Protagonisten und die Antagonisten, gespielt von vertrauten Begleitern von Lau, von langjährigen Mitstreitern, von bekannten Gesichtern. Die Operation selber startet sofort, mit einer Mischung auf vielerlei Effektszenen, aus technischer Unterstützung, sowie dem Drehen vor Ort, dem bodenständigen Geschehen, ein Abgleich von viel und auch erkennbarer Nutzung von Spezialeffekten sowie dem handwerklichen Präsentieren, ein Potpourri, ein inszenatorischer Synkretismus, welcher zuletzt auch bei anderen Werken wie Shock Wave 2 (2020) oder The White Storm 3: Heaven or Hell (2023) auffällig war und zuweilen auch störend. Überhaupt wird eingangs viel parallel in Augenschein genommen, mehr Schein als Sein, mehr Komplexität angedeutet als eigentlich vorhanden, das Private mit dem Geschäftlichen verbunden; bevor es an die Störung eines Geschäftsdeals in einer alten Fabrikruine in Tai Po, New Territories geht, den ausgeprägten Einsatz der Waffengewalt auf beiden Seiten, dem ausschweifenden Munitionshagel, der großflächigen Zerstörung. Ein durch Regen, Hand- und Blendgranaten zusätzlich erzeugtes Chaos, viele verschiedene Einflüsse, schnelle Montagen, Perspektivwechsel; ein Schnittgewitter mit versuchter Fokussierung in einzelnen Situationen, "a mess" beschreibt es ein eingesetzter Scharfschütze hinsichtlich der Sichtverhältnisse, und derart ist es auch eingefangen worden.

Verbal wird später kurz eine Nostalgie heraufbeschworen, dass die alten Tage besser waren, dass man damals echtes Gefühl für die Kunst und die Kultur brauchte und es auch so von den Konsumenten aufgenommen wurde; davon ist hier eher weniger übrig, das Szenario kühl, es scheint keine Sonne, es ist immer im Grau gefangen und im Klammen. "The sun's finally back", sagt wie zum Hohn einer der Nebencharaktere, der von Kent Cheng gespielte Nudelverkäufer kurz vor dem Abspann zu seinen Essensgästen; ältere Darsteller in einem neuen Universum, der Versuch der Nachbildung von Alan Yuens Firestorm (2013), mit teilweise gleicher Besetzung, mit ähnlichen monetären Einsatz, mit ähnlich schwerer Artillerie, mit mittlerweile aber etwas abgeschwächter Überzeugung, auch aufgrund einiger materieller Unzulänglichkeiten.

Der Aufwand ist da, der Inhalt nicht, es werden viele Aufräumarbeiten veranstaltet, Beseitigungsaktionen, Beweise und Zeugen vernichtet, Explosionen dafür ebenso eingesetzt wie spitze Messer und Auffahr'unfälle', der LKW als Rammbock, es wird auf Druck gegangen und Konfrontation, eine Tatkraft gezeigt, eine Anspannung zu erregen versucht. Das Milieu ist dabei eher ablehnend bis abstoßend, viel Dunkel, viel Kälte, viele Aggressionen, vorgetäuschte Gefühle, auch eine angedeutete Vergeblichkeit des Kampfes gegen die Organisation, wird der Undercover enttarnt und sind die polizeilichen Maßnahmen restriktiv bis destruktiv in den eigenen verspäteten Reaktionen. Ein Albtraum im Moloch von HK, ein Agieren von Zentralen aus, von sterilen Hauptquartieren, meist das Nutzen digitaler Wege, vom Film und im Film. Folter als Suche nach Antworten, der Tod von Individuen und das Sterben einer Gesellschaft, Schockmomente intensiver als die Liebesschwüre zwischen Mann und Frau und die der zwischen den Gangsterbrüdern beschworenen Loyalität. Junges Leben wird vernichtet, Trauer, die nur kurz und wenig wirkt. Der letzte urbane Thriller, der den Moloch HK etwas mit Farbe und Leben gefüllt hat, auch auf die Straßen und unter die Menschen gegangen ist, war Raging Fire (2021), vorher, hier und folgend ist das eher ein hochgezüchtetes Konstrukt, fast wie das Abbild einer sterilen Künstlichen Intelligenz, seitens der Filmemacher vielleicht eine Absicherung, seitens der Zuschauer eher die Abschreckung und Abstumpfung, zudem kommt es zu zwei, drei Ärgerlichkeiten oder auch Dämlichkeiten, und keine der Personen ist einem tatsächlich wichtig.

Unterstützt wird man mit einiger Anspannung, mit Verzweiflung der Personen auch, mit manchen präzisen Dialogen, die eine intimere Herangehensweise forcieren: "I want to resign." - "Reason?" - "What reason?" - "Why don't you need a reason?" - "Why do I need a reason to quit? Have you ever gone undercover? When did you join the force?" - "That's not a need-to-know for you. This isn't your first day undercover. All you need to know is...One Cop is dead....One Cop is in a coma...and one Cop wants to quit!"; der erste entscheidende Moment zu Beginn des zweiten Drittels, der Scheitelpunkt quasi, ab dann erwacht und kippt der Film. Eine Menschenjagd in den Straßen, eine ausgedehnte und stramm choreografierte Handgreiflichkeit mit vielen Glasstunts als Zeugnis der Verletzlichkeit, ein wirkungsvolles Hochzeitsmassaker in einem malaiischen Hotelressort gegen mit Schnellfeuergewehren heranstürmende südamerikanische Söldnertruppen, mit vielen Toten und reichlich Verhau, mit folgend Emotionalisierung und Moralisierung, mit furchterregenden Vergeltungen und einem breit angelegten Showdown im Hafen, einer Art post-apokalyptischen Schrottplatz, ein metallenes Gefängnis mit herabfallenden Bauteilen und Bleiregen. Gefangene werden hier jedenfalls nicht gemacht, das Geschehen ist durchaus jederzeit dringlich, mehrere Parteien im Krieg miteinander verbunden.






Details
Ähnliche Filme