Review

"What do you want to do?" - "About that scout up there, you mean?" - "Well, now there's two." - "Lovely."

Getragen von dem sicherlich berechtigten Erfolg der Fernsehserie Yellowstone (2018 - 2024), die Jahr für Jahr mehr Zuschauer anlockte als zuvor, von dem Rausch des aktuellen Erfolges beim Publikum, auch von einer gewissen Hybris und gestützt durch Kritikerzuspruch ähnlicher Projekte in der Vergangenheit, namentlich Der mit dem Wolf tanzt (1990) und Open Range – Weites Land (2003), eventuell noch (der nicht selbst gedrehte, eher lauwarm aufgenommene) Wyatt Earp - Das Leben einer Legende (1994), hat sich der hier hauptsächlich Verantwortliche Kevin Costner auch finanziell in ein Wagnis und dies mit derzeit noch unsicheren, aber schlecht aussehenden Ausgang gestürzt. Die sichere Heimat wurde verlassen, das Risiko eingegangen, auch mit hauptsächlich eigenen Finanzen und einer nicht auf Jahre absehbaren und entsprechend unsicheren Vorausgabe, sowie gegen alle aktuellen Marktvorgaben. Die Schaffung einer neuen IP quasi, dazu die Wiederbelebung des Western, der im Kino seit Jahren schon nicht wirklich aktiv ist, sondern immer nur vereinzelte und noch weniger erfolgreiche Beispiele (wie Die glorreichen Sieben, 2016) hervorbringt, ein Genre, dass durchaus im Streamingbereich gefragt ist und als On Demand, dort aber entweder meist klein und künstlerisch, oder klein und abgegriffen (und bestenfalls wie hier auch mit James Russo und Jeff Fahey besetzt) und sicherlich kein Epos in gleich mehreren Teilen sind:

1863. Eine Grenzstadt namens Horizon, gegründet vom Missionar Desmarais [ Angus Macfayden ] wird durch einen nicht 'legitimierten' Apachenangriff unter Führung des Häuptlingssohnes Pionsenay [ Owen Crow Shoe ] vernichtet; unter den wenigen Überlebenden befinden sich Frances Kittredge [ Sienna Miller ] und ihre Tochter Elizabeth [ Georgia MacPhail ], welche von der herbeigerufenen Infanterie von First Lieutenant Trent Gephardt [ Sam Worthington ] und Sgt. Major Thomas Riordan [ Michael Rooker ] im nahegelegenen, von Colonel Albert Houghton [ Danny Huston ] geführten Camp Gallant aufgenommen werden. Andere Bewohner schließen sich teilweise dem Skalpjäger Tracker [ Jeff Fahey ] an, der ihnen Vergeltung und dazu noch einen guten Zuverdienst verspricht. Währenddessen rettet der Pferdehändler Hayes Ellison [ Kevin Costner ] einer Zufallsbekanntschaft, der jungen Prostituierten Marigold [ Abbey Lee ] und einem von ihr betreuten Baby das Leben, zieht damit aber den Zorn der Sykes-Familie auf sich, allen voran des ältesten Sohnes Caleb [ Jamie Campbell Bower ], der nun aus gleich mehreren Gründen unerbittlich hinter ihm her ist.

Bei der Premiere gab es noch mehrminütigen Beifall, bei der Veröffentlichung herrschte entweder Schweigen oder verhaltene Kritik, der anberaumte zweite Teil, dessen Vorschau hier in den letzten Minuten erfolgt, wurde bereits offiziell vertagt und die eigentliche Kinomacht schnell als PVOD (dies allerdings als Spitzenreiter in den gängigen Charts von iTunes über Fandango) veröffentlicht; zudem kamen Gerüchte einer Übernahme durch eben das auf, was man ursprünglich vermeiden wollte, eine weitere Miniserie, nun durch die Unterstützung von Netflix, was zumindest die geplanten Teil 3 und 4 ermöglichen, da finanzieren könnte, aber eben wieder etwas für die Mattscheibe und nicht für die Kraft der großen Leinwand gedacht ist. Verhoben hat man sich, ein wenig zumindest, ein im Nachhinein sicherlich absehbarer 'Missgriff', die Ankündigung eines Ereignisses, eines Spektakels, dass die Massen von der Couch und dem Ohrensessel hinweg in die Kinosäle locken sollte, auch noch zu der Sommersaison, wo eine andere Konkurrenz herrscht und schon andere Filme gescheitert sind.

Ob das nun Costner sein Heaven's Gate (1980) oder doch noch das Pferd herumgerissen und vom Sturz in den Abgrund gerissen wird, lässt sich jetzt noch nicht klären, Teil 1 derzeit auch nur unabhängig von der weiteren Entwicklung bewerten. Eine orchestrale Ouvertüre ist hier jedenfalls nicht vorhanden, das hatten die Epen der Sechziger, die fehlt auf jeden Fall, auch wenn sich Musikus John Debney sonst alle Mühe gibt mit seinen Pauken und den Trompeten, Eindruck zu schinden und die Leute wach und auf dem Sitz und bei Laune zu halten. Die Streicher sind auch dabei, vom Kleinen in das Große geht man, von den wuselnden Ameisen zu dem ersten Menschen, wie Unsere kleine Farm der Beginn. Land wird vermessen, seine Genauigkeit muss alles haben, eigentlich ist auch genug davon vorhanden, es gibt kein Grund für Streit und Schicksal; die Ureinwohner hat man natürlich nicht nach ihrer Meinung dazu gefragt, das Ergebnis ist entsprechend.

1859 die erste Szene, im San Pedro Valley, malerisch die Gegend, lauernd aber schon die Gefahren, die Friedlichkeit und Unberührtheit täuschend, es wird noch viel passieren. Das Land wird erkundet, das Blickfeld erweitert, ein Sturm zieht auf, buchstäblich und sprichwörtlich. Die Kamera findet dabei durchaus imposante Bilder, das ist jetzt nicht das Problem, zuweilen ruht sie sich darauf aus, zuweilen werden sie nicht gefunden, zuweilen wirkt es klein gehalten und als eine lange Nacherzählung anderer Werke, wie als Hommage mit viel Ausdauer, als Marathon empfunden. Dass, was man gesucht hat, wird hier nicht verpasst, es wird auf eine andere Art und Weise, manchmal auch auf eine unliebsame gefunden.

Die ersten Toten liegen bald im Sand, im Staub, nur wenig später wird jemand aus dem Schlaf gerissen und im Bett noch erschossen, zu einer anderen Jahreszeit, an einem anderen Ort, sprunghaft ist man hier, die ganze Perspektive wird gezeigt, immer auf der Hut. Manchmal werden Gräber ausgehoben, manchmal zum Herrn gesprochen, aus seinem Buch vorgelesen, manchmal wird zum Krieg ausgerufen oder sich für die Verteidigung vorbereitet; das Leben hier mit Schattenseiten und mit vielen, oft auch bösen Überraschungen. Die Jahre gehen ins Land, es gibt alte Bekannte und neue Figuren, es wird am Plot herumgeschraubt bzw. an dessen Strängen, manche scheinen wichtiger, manche gehen verloren.

Ein blutiger, flammender Überfall auf eine Zeltstadt ist die erste größere Szene, der Film namens Horizon, eine Art Shangri-La, eine Fantasie, ein Traumort, hat sein Spektakel, er bemüht sich um Aufmerksamkeiten und Identifikation mit den Figuren, um Attraktionen und Beteiligung, um Empathie und auch andere, negative Emotionen. Feinde – Hostiles (2017, der das gleiche Budget von 50 Mio. USD, nicht sonderlich viel also, und selbige Einspiel mit knapp über 30 Mio. USD hatte) bzw. Hostile Territory: Durch Feindliches Gebiet (2022) die erste Einheit, eine längere Sequenz andauernder Angriffe, von allen Seiten und von jetzt auf gleich. Kopfschüsse, Pfeildurchbohrungen, Explosionen und brennende Schlachtfelder später hat man die Kavallerie einberufen, der Film bekommt seinen Fokus, eine narrative Klarstellung, verursacht und begründet durch eine menschliche Katastrophe. Ein Rassenkonflikt wird hier aufgezeigt, ein Klassenkonflikt, ein Generationenkonflikt, eine unterschiedliche Motivation, mal mit Gefühlen gehandelt, mal aus dem Bauch heraus, mal mit dem Kopf und nicht mit dem Herzen. Es kommen die ersten bekannten Gesichter ins Blickfeld, Rooker und Worthington, in der Kleidung der US Army, als Zeichen der Unterstützung.

Es gibt die Menschen mit dem Beruf und die mit der Berufung, es gibt die für den Kommerz, es geht von Montana nach Wyoming nach Kansas, es gibt ein paar bessere Dialoge und Interaktionen, es ist nicht so sehr der rote Faden, der zählt, sondern viele Kleinigkeiten, die ein Puzzle aus mehreren Stücken und grundverschiedenen Rändern ergeben. Es wird geblieben, weggeritten und angekommen, Costner selber ist nach ca. 1h zu sichten, nicht für lange und nicht speziell im Zentrum; in einer eher seltsamen Eröffnung auch, ein Teil Deadwood (2004 - 2006), ein Teil die Neuauflagen der Winnetou-Filme, irgendwo zwischen Eine neue Welt und Der letzte Kampf (beide 2016), auf jeden Fall relativ unnötig und relativ speziell. Eine Mischung aus Weisheiten, die auch weise gesprochen wirken und ihre Wirkung nicht verhehlen und verfehlen, und einigen Drehbuchrascheln, was etwas Überarbeitung gebraucht hätte, Straffungen, Kürzungen, etwas mehr Konzentration auf das Wesentliche, eher so eine Art solides Filmemachen im Stil von Andrew V. McLaglen, viel Der Weg nach Westen (1967), ein bißchen Bandolero (1968), auch wenn dies jeder anders empfindet und anders sieht. Es sollte sicherlich etwas anderes werden, ein mitreißendes Großereignis, ein Das war der Wilde Westen (1962), hier aber von einem Mann gestemmt und in einer langgezogenen Handlung, nicht von drei Experten mit drei verschiedenen Abschnitten und Ansichten, mit nicht genügend Stärke in den darstellerischen Leistungen und den Qualitäten der schlichten Anwesenheit, in der Präsenz, selbst der Film ist mit zweieinhalb Stunden kürzer.

Was man hier allerdings doch leistet, und das kann man zugestehen, sind eine aufwändige Produktion, gewisse Höhepunkte, potenzielle Aufeinandertreffen, die sich vom Gespräch über in eine Schießerei ergehen, bei der man fast ein halbes Dutzend Treffer aus nächster Nähe benötigt, damit der Andere endlich seine Drohungen sein lässt und seine Existenz auslöscht. Viel sind aber auch Sentimentalitäten, Banalitäten, Trivialitäten, es wirkt zuweilen wirklich wie die Eröffnung einer Miniserie, ein Ein Weg in die Wildnis (1989), ein Mehrteiler auf NBC (oder CBS), es wirkt ein wenig uneben noch, wenig aufgelöst, viel angerissen, viel aufgedröselt.

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