Eine kleine Barbekanntschaft, er ist am Arbeiten, sie hinter dem Tresen, sie kennt die Leute, sie kennt die Gewohnheiten der Personen, der Gäste, Stamm- oder Laufkundschaft, sie kennt sein bevorzugtes Getränk. Beide unterstützen sich, für den Moment. Ein 'invading of privacy', mal aktiv, mal passiv, ein Knüpfen von Kontakten, ob gewollt oder nicht. Drei verschiedene blonde junge Frauen sind in der ersten Szene, drei unterschiedliche Charaktere, eine von ihnen könnte The Last Girl sein, wie sich der bei der Erstveröffentlichung Cult Killer betitelte Film im Deutschen (schimpft und getreu des ursprünglichen Arbeitstitels) nennt:
Jamie Elizabeth Douglas [ Shelley Hennig ] wird nicht nur von der irischen Polizei unter Detective Sergeant Rory McMahon [ Paul Reid ] wegen einiger zunehmenden Mordfälle gesucht, sondern auch von der umgeschulten, beim Mentor Mikeal Tallini [ Antonio Banderas ] gelernten Privatdetektivin Cassie Holt [ Alice Eve ]. Dabei konzentrieren sich die Ermittlungen auf die nächsten von Jamie deutlich auserkorenen Opfer, das Ehepaar Dottie und Edgar Evans [ Olwen Fouéré & Nick Dunning ], die aber durch ihren Anwalt Victor Harrison [ Matthew Tompins ] und die für ihn tätige Wallace [ Kim DeLonghi ] abgeschirmt werden.
Cult Killer, wenn man bei dem Offensiven bleiben möchte, steht im Regal neben Ritual Killer, beides DtV, beides Richtung Psycho-/Mystery-/Horrorthriller, beides durch Darsteller geadelt, die man auch von der großen Leinwand kennt und dort auch noch sieht, nur noch seltener als vorher, hier beim zweiten Geld-, beim Zuverdienst. Das eigentliche Zugpferd derlei Filme, dort Freeman, hier Banderas, spielt oft die zweite Geige in der Geschichte, ausreichend für Nennung und vor allem für das Cover, für das Marketing, inhaltlich und damit arbeitstechnisch eher die Ergänzung, wobei für Banderas der Gang in die Gefilde mit einstmals größeren Arbeiten wie Security bewusst angefangen hat, letztlich ist man bei Kleinigkeiten wie Code Name Banshee (vom selben Regisseur Jon Keeyes, der auch The Survivalist oder den horrenden Rogue Hostage) gelandet oder The Enforcer, zweiterer immerhin mit vergleichsweise guten Kritiken.
Der Film hier selber dabei eher unter dem Radar gelaufen, trotz oder wegen der Distribution durch Saban Films, ein Fisch von vielen im Wasser, die Firma aktuell auf Durchzug, also auf ein Überschwemmen des Marktes etwas eingestellt, auf ein Liefern von Nachschub für die Klientel, welches nicht wächst, zumindest zahlenmäßig nicht. Banderas ist immer noch präsent genug auch für die kleinen Auftritte, er liefert seine Leistung, er zeigt sich engagiert, er ist nicht mehr der Mann der Stunde, hat sich aber arrangiert. Der Mann, Er, trinkt übrigens Kaffee in der Bar, er bekommt als einziger eine Tasse gereicht, er muss zumindest die nächsten Minuten auch noch nüchtern bleiben, da er Ziel einiger Angriffe anderer Männer wird; er ist (hier noch) der (zweite) Hauptdarsteller, er kann sich mit Fäusten, mit einem Schlagstock und einer gezückten Pistole auch verteidigen, er hat keine Hilfe nötig. Die Szene, die Eröffnung des Filmes, ist nicht herausragend inszeniert, sie schließt mit einem Zitat von Dschingis Khan (?) und ist auch tatsächlich der Prolog, sie spielt 5 Jahre eher, die Überraschungen kommen noch, die Geschichte entwickelt sich anders als vermutet, sie ist für den Gang in alle Richtungen gut.
Andere Figuren hier kommen nicht mit Kaffee allein durch den Tag, sie brauchen etwas Stärkeres, etwas Hochprozentiges, sie brauchen einen gewissen Pegel, eine Unterstützung der Nerven, eine Beruhigung der Sinne und der Unsicherheiten, die das Leben hier mit sich bringt und ihnen an der Seele nagt. Die Bilder des Filmes sind relativ duster gehalten, das Licht gedämmt, die Sprechweisen verzögert, jeweils leicht akzentuiert. Eine Investigation findet statt, es fallen Schlagwörter, "Sekte", "Kabale", "private Gestapo", eine Ermittlung vor Ort, in einem kleinen, nicht immer überschaubaren Städtchen. Es wird gedroht, es wird gewarnt, es wird gegenseitig Flüche an den Kopf geworfen und nachspioniert, "The last time a private investigator was like never, ever." - "What if some hard boiled film noir shit happens?", in den Bildern grau-schwarz, selten mit heller Aufleuchtung, die Sonne ist nicht sichtbar, sie hat sich verzogen. Eine Art Krimi wird dafür aufgemacht, ein Drama mit hineingebracht, die Tat und der Täter ist dem Zuschauer nicht unbekannt. Überhaupt erfährt man hier viel über die Personen, Vorgeschichten, Zwischenaktionen, es könnte sich auch um einen Pilotfilm fürs (britische) Kabelfernsehen handeln, es wird kein Reißer entwickelt, nichts Spektakuläres geboten. Dramaturgisch arbeitet man mit Rückblenden, welche eher die Charaktere erweitern, und öfters auch ein Gimmick, eine deutliche, eine zusätzliche Belastung der Laufzeit und eine schlichte bis faule Ausrede sind.
Ermittelt bzw. erkundigt wird sich dabei von mehreren Parteien aus, in einer Gegend, die immerhin aufgrund der Wahl des irischen Drehortes dem Zuschauer relativ neue Eindrücke in Form von Landschaften und Architekturen bieten, Kamera und Montage sind solide, darstellerisch von dem halben Dutzend Anwesender ebenso, aber zunehmend nervig; bei der Geschichte ist eher das "Warum" und nicht das "Wie" oder gar "Wer" die offene Frage, also ist eher der Weg das Ziel, der Weg geht ca. 100min plus Abspann, das könnte man auch kürzer halten und fokussierter; "Now, first of all, forget everything you see in movies. The job is almost always boring.", das nimmt man hier fast wörtlich. Interessanterweise ist das und interessanterweise ist hier viel 'unoffiziell', eine schwer bis überzogen bewaffnete Sicherheitsfirma belagert den Tatort, die Detektivarbeit kommt von ebensolchen, von Privatdetektiven und ihren Associates nämlich, die Polizei, die Garda Síochána ist bloß im Hintergrund und scheinbar zum Wache halten da; zudem werden merkwürdige Identifikationen bereitgehalten ("All the broken dolliesp laying together.") und ganz einfach deutliche Längen durch vielerlei Wiederholungen vom Ewiggleichen geboten. Hinten raus wird es zunehmend bis absurd gewalttätig, der Nagel im Sarg quasi, die Exzesse retten es dann auch nicht mehr.