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Keine Frage, der koreanische Film ist im Kommen. Das ist nicht zuletzt dank „Shiri“ oder „2009 – Lost Memories“ bekannt. Mit, verglichen zu Hollywoodproduktionen, recht kleinen Budgets lernen sie der Traumfabrik langsam aber sicher das Fürchten. „Tube“ ist der aktuellste Sprößling aufstrebender Actionthriller aus Fernost. Man könnte schon fast denken, dass die Drehbuchautoren auf Nummer Sicher gehen wollten und daher eine ganze Menge Motive amerikanischer Kassenschlager zu einem ziemlich unterhaltsamen „Die Hard“- oder „Under Siege“ – Rip-Off verwursteten. Der Charakter des Hauptprotagonisten Detective Jay (Kim Seok-hun) ist dem von Martin Riggs aus „Lethal Weapon“ nachempfunden, die Idee mit der Bombe im Zug erinnert an „Speed“, die nicht vorhandene Möglichkeit ihn zu stoppen an „Money Train“, das Motiv des Kidnappers erinnert an „The Rock“, et cetera, et cetera. Um Einfallsreichtum ist man hier nicht bemüht, wohl aber um Unterhaltung.

Schon der Beginn auf dem Airport von Seoul stellt klar was man von diesem Film zu erwarten hat. In einer fünfminütigen Shootoutparade kämpft sich ein Terroristentrio mit großkalibrigen Waffen ihren Weg durch den Flughafen und lässt sich dabei weder von einer Spezialeinheit, noch von deren Verstärkung aufhalten. Schnell geschnitten, mit temporeicher Musikbegleitung (eine Stärke des gesamten Films) und rasanten Kamerafahrten offenbart sich schon in der Pre-Credit-Sequenz, dass man hier einen erstklassigen Actionthriller beiwohnt, der sich dabei von „Heat“ inspirieren ließ, nicht ganz dessen Klasse erreicht, aber immer noch klasse Eyecandy abgibt.

Detective Jay (Seok-hun Kim) mischt dabei munter mit, ist der Terroristenanführer T (Sang-min Park) doch der Mörder seine Frau an dem es sich zu rächen gilt. Seit diesem tragischen Vorfall ist er nicht mehr Mitglied der Spezialeinheit, sondern muss sich als Cop der U-Bahn verdingen und begibt sich dabei fast täglich in überflüssig riskante Situationen – er hat resigniert uns ist müde – wird noch angetrieben von dem Wunsch T zu töten. Die Chance soll er bekommen, als sein Erzfeind eine U-Bahn entführt und sie zu sprengen droht, wenn seine Forderungen nicht erfüllt werden.

Nun, der Plot bleibt recht schnell auf der Strecke und ist hier wirklich nur ein Aufhänger. Dabei wäre mehr Hintergrundwissen um das „Rhodes-Team“ von Interesse gewesen, während die Charaktervorstellungen asiatisch-typisch dick aufgetragen werden, etwas zu pathetisch geraten und letztlich auch ein wenig sinnlos sind, da alle Figuren später im Film sowieso zu Stereotypen verkommen. Vor allem die sich entwickelnde Lovestory zwischen Held und weiblichen Anhängsel wird mal wieder ausgewalzt.

So reißt hier die Action alles raus. Jay rast mit dem Motorrad durch den Bahnhof, schwingt sich auf den fahrenden Zug (in dieser Szenen wird dann der Budgetunterschied zu Hollywood doch deutlich, da heftig mit Close-Ups improvisiert werden musste) und beginnt sich zum vorderen Wagen vorzuarbeiten. Zwischendurch wird unter oder auf den Zug geklettert, Waggons abgekoppelt, aus dem Zug gefallen, wieder eingestiegen, es wird geballert und gefightet – kurz gesagt, es wird gewaltig auf die Tube gedrückt, wenn die rasante Hatz durch das Röhrensystem beginnt. Für Spannung ist derweil die U-Bahn-Leitung zuständig, da die nun die Strecken für den unkontrollierbaren Zug freimachen müssen.
Die Kampfszenen sind dabei nie übertrieben gewalttätig. Ganz im Gegenteil, explizite Details werden dem Zuschauer erspart. Damit richtet der Film sich deutlich an den Mainstream.

Man kann sich im Verlauf des Films dem Gefühl nicht erwehren, dass hier Product Placement der penetranten Art und Weise betrieben wird. Offensichtliche Werbung wie die Warsteiner-Dose (etwas überzogen), den Kameraschwenk auf die Werbebande im Bahnhof oder die Adidas-Armbanduhr sind aber eher die Seltenheit und zu verschmerzen. Diese Zugeständnisse mussten für ein ordentliches Budget wohl gemacht werden. Zumindest ich kann das verzeihen.

Auch wenn die Logik hin und wieder aus dem Zug springt und der Film sich nach dem vermeintlich finalen Endfight noch mal um fünfzehn Minuten streckt, bleibt ein zufriedener Zuschauer zurück, der aber schon Actionfan sein muss, um die vielen Mankos nicht zu sehr zu gewichten. So fragt man sich des Öfteren warum T keiner seiner zahlreichen Chancen wahr nimmt und Jay tötet, nur mit einem Partner den Zug kidnappt und mal eben eine ganze Spezialeinheit wegnieten kann. In solchen Momenten rutscht „Tube“ auf B-Niveau ab. Es gibt in dieser Produktion wirklich einiges, was man hätte anders machen können. Dabei ist nicht die erstklassige Inszenierung, sondern das einfallslose Drehbuch zu kritisieren.

Schauspielerisch gibt es derweil wenig auszusetzen. Sang-min Park ist ein hinreißend, fieser und charismatischer Bösewicht, der Kim Seok-hun ein ums andere Mal die Schau stiehlt. Kim erinnert hier vom Auftreten her an den jungen Chow Yun-Fat und gibt eine sehr ordentliche Vorstellung als Filmheld.

Fazit:
„Tube“ ist der beste Actionfilm, den ich bisher aus Korea kenne, auch wenn sich an Ideen sehr ausführlich bei Hollywood-Größen bedient wird. Zwar hat der Film nach dem fulminanten Auftakt einen kleinen Durchhänger, doch der wird vom temporeichen Rest des Films wieder wettgemacht. Eine tolle Musikbegleitung unterstützt die spektakuläre Action, während die Story noch in der ersten Station entfernt wird. Hirn raus und DVD rein. Genrefans, die sich nicht über jede Kleinigkeit mokieren, werden hier gewiss ihren Spaß haben. Selbst die, die sonst mit Filmen aus Fernost nichts anfangen können.

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