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„Geld kann man niemals zu viel haben!“

Mitte der 1960er assistierte der Italiener Tonino Valerii („Der Tod ritt dienstags“) Sergio Leone bei den ersten beiden Teilen der Dollar-Trilogie; 1966 war es dann soweit, Valerii organisierte sich ebenfalls einen US-amerikanischen Hauptdarsteller und debütierte mit dem Italo-Western „Lanky Fellow – Der einsame Rächer“ seinerseits als Regisseur.

Die mexikanische Bande um Anführer Sanchez (Fernando Sancho, „Eine Pistole für Ringo“) überfällt einen Geldtransport der US-Armee und lässt niemanden am Leben. Das ruft jedoch den von allen nur Lanky Fellow (Craig Hill, „Blutiger Schatten“) genannten Kopfgeldjäger auf den Plan, der der Bande inkl. Sanchez den Garaus macht und anschließend den satten Finderlohn in Omaha, dem Bestimmungsort des Gelds, kassiert. Daraufhin engagiert Minenbesitzer Collins (Piero Lulli, „Escondido“) den Fremden, um dessen Goldtransport nach Omaha zu beschützen, auf den es auch der brutale Bandenchef Gus Kennebeck (George Martin, „Ringo kommt zurück“) abgesehen hat. Kennebeck hat bereits Lankys Bruder auf dem Gewissen, so dass es auch noch eine persönliche Rechnung zu begleichen gilt…

„Du bist wohl vom Schakal gebissen, was?“

Zu Nico Fidencos großartiger gesungener Titelmelodie zeigt Valerii epische Panoramen eines einsamen Reiters, doch die Einsamkeit währt nicht lange – in die Handlung steigt man direkt mit dem Überfall der Mexikaner auf den Geldtransport ein. Der erste Abschnitt ist bestimmt von Lankys Jagd auf die Bandenmitglieder und dass er gewiss nicht lange fackelt, verdeutlicht neben seinem Schussgeschick seine enorme Reaktionsgeschwindigkeit. Dass ihm ein Menschenleben nicht viel wert ist, beweist er wiederum, als er Flüchtenden kurzerhand in den Rücken schießt. Nein, mit Lanky Fellow ist höchstens gut blaue Bohnen essen. Valerii inszeniert ihn als zynischen Einzelgänger und Anti-Helden, der zwar oft ein Lächeln auf den Lippen und auf der Seite des Gesetzes steht, jedoch in erster Linie seinen persönlichen Vorteile in Form von möglichst viel Geld im Sinn hat. Wer das als Seitenhieb auf den US-amerikanischen Kapitalismus verstanden wissen möchte, darf dies sicherlich tun, wenn auch Valerii sich keinesfalls mit intellektuellem Tiefgang aufhält, sondern lieber die Pistolen sprechen lässt. Die Schießereien fallen ausgedehnt, aber recht unblutig aus, dafür geizt man aber nicht mit durchaus beunruhigenden Folterszenen, die z.B. Kennebecks rechte Hand, einen „Machete“ genannten Mexikaner, über sich ergehen lassen muss und einmal mehr die Grenzen zwischen Gut und Böse im Subtext verschwimmen lassen. Damit dürfte auch klar sein, woher Robert Rodriguez die Inspiration für seine jüngsten Hochglanz-Exploiter nahm.

„Ich geh‘ niemals dahin, wo auch meine Kugel hinfliegen kann!“

Das finale Duell geht zwar ins Auge, jedoch nicht für Lanky, an dessen wahren Beweggründen der Epilog sodann auch keinerlei Zweifel lässt und einen schönen Schlusspunkt unter einen genretypisch mit Running Gags um einen alten Kauz aufgelockerten Spaghetti-Western setzt, der verglichen mit einer wahren Studie menschlicher Abgründe wie „Der Tod ritt dienstags“ oder der politischen Anklage eines „Blutiges Blei“ zwar eher an der Oberfläche kratzt, jedoch dramaturgisch wie technisch zu überzeugen weiß: Schauspielerisch gibt sich niemand die Blöße, die Kamera hält manch ungewöhnliche Perspektive parat und die Musik habe ich ja bereits eingangs gelobt. Ein überzeugendes Debüt!

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