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Was es mit dem ominösen „Messer aus Eis“ (Übersetzung des Originaltitels) auf sich hat, wird nach den Opening Credits, während denen ein Stierkampf stattfindet, erklärt: „Fear is a knife of ice which penetrates the senses down to the depth of conscience” (Edgar Allan Poe)

Angst hat Martha ziemlich oft, nachdem ihre Eltern bei einem Unfall starben. Soviel Angst, dass sie seit 15 Jahren stumm ist und ständig Paranoia schiebt. Als dann noch ein Junkie mit irrem Blick auftaucht und die ersten Morde geschehen, ist es endgültig vorbei mit dem Ausspannen auf des Onkels Anwesen. Die Polizei verdächtigt je nach Opfer einen Sex Maniac oder eine Satanssekte, doch auch viele Leute in Marthas unmittelbarem Umfeld verhalten sich äußerst merkwürdig. Die Auflösung ist entsprechend überraschend, und für mich gingen ihr noch zwei weitere Möglichkeiten voraus, welche ebenso positiv (weil völlig unerwartet) gewesen wären. Zwischendurch weiß man zwar oft nicht, wohin der Film will, da er nach dem Schema Mord-Polizeiarbeit-Stillstand-Mord verfährt, doch das Ende kann für einige Leerläufe entschädigen.

Genrehüpfer Umberto Lenzi (von Gialli über Poliziotti zu Zombie- und Kannibalenfilmen) ist definitiv ein talentierter Regisseur. Fans von Größen wie Bava oder Argento werden das vielleicht abstreiten oder belächeln, aber ich gebe zu bedenken, dass er mit seinen Filmen abgesehen von den gelben Brutalokrimis ein anderes Publikum bedient bzw. ein aufgeschlossenes, das sich an den Filmen aller dieser drei Herren erfreut. Als Kunstlaie bin ich ohnehin weniger an der Komplexität des Handwerks interessiert, sondern mehr an dessen emotionaler Wirkung auf mich. Sicher, auch darin sind Bava und Argento wahre Meister, aber solche amüsanten Crime-Buster  wie „Der Berserker“ oder „Napoli Violenta“ haben sie nicht zu bieten.

Lange Rede, kurzer Sinn: für mich hat auch der gute Umberto seinen Stammplatz in der Topliga italienischer Regisseure, und im Gegensatz zu den beiden Unantastbaren fällt mir spontan kein Film von ihm ein, den ich schlecht fand. Und auch „Knife of Ice“ bietet zumindest für Giallofreunde ein hübsches Ambiente (spanischer Landsitz mit angrenzendem Friedhof und Kleinstadtidylle), einen tollen Score (besonders das Hauptthema, welches in mehreren Variationen auftritt) sowie eine in meinen Augen unvorhersehbare Auflösung, die dem Film nachdrücklich ein gewisses Etwas verleiht. Da kann man über das Fehlen der schwarzen Handschuhe, expliziten Morde und obligatorischen Nacktszenen hinwegsehen – 6/10.

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