Review

Meine langsam sich dem Ende neigende Reise durch die bunte Welt des Giallos - Langsam ausblenden statt mit einem Knalleffekt zu enden

Duccio Tessaris „La morte risale a rieri sera" von 1970 lag mir in der englischen Fassung „Death Occurred Last Night" vor. Die deutsche Version „Das Grauen kam aus dem Nebel" ist wohl bisher nur auf VHS erschienen, was allein schon deswegen nicht stört, weil der deutsche Titel einmal mehr vollkommen irregeleitet ist: Im Film gibt es nicht ein Fetzen Nebel zu sehen und der mit Nebel verbundene Schaueraspekt spielt hier keinerlei Rolle. Eventuell hat Produzent und Drehbuchautor (!) Artur Brauner in Deutschland vermarktungstechnisch immer noch auf den Gruselkrimi setzen wollen und den Titel daher so verunstaltet. 


Tessaris mir bisher bekannte Gialli „Das Messer" (1971) und „Der Mann ohne Gedächtnis" (1974) gehören definitiv zu den besseren, weniger exploitativen Vertretern des Subgenres und so wagte ich den kostspieligen Import der DVD. 

Nun muss ich sagen, dass der Film das Geld wohl nicht so wirklich wert gewesen ist, da es ihm einfach an jenen Highlights mangelt, für die man den Giallo im Allgemeinen so schätzt. Allerdings ist „Death Occured Last Night" bei weitem auch kein schlechter Film. 

Der Witwer Berzaghi (Raf Vallone) meldet seine geistig zurückgebliebene Tochter bei dem Polizisten Lamberti (Frank Wolff) als vermisst, der daraufhin in den Kreisen des Mailanänder Mädchenhandels ermittelt. Als die verbrannte Leiche des Mädchens auftaucht, spitzen sich die Ereignisse zu. 

In keinem seiner Beiträge zum Giallo scherte sich Tessari wirklich um die üblichen Topoi des Subgenres und auch hier bricht der Regisseur erneut mit den vor allem durch Argentos Tier-Trilogie etablierten Eigenarten, denn anstatt eines durch Zufall in den Schlamassel hineingeschlitterten Amateurs ermittelt hier die zuständige Polizei. Frank Wolff gibt den Kommissar Lamberti als von der Arbeit zermürbten Cop, der unter der permanenten Konfrontation mit den Abgründen menschlicher Zivilisation chronische Gesundheitsbeschwerden entwickelt und auch sonst wenig optimistisch auf die Welt blickt. 
Das habe ich bisher so auch in Tonino Valeriis gelungenem Giallo „My Dear Killer" (1972) gesehen, der mit einem tragischen Verbrechen an einem Kind eine ziemlich fiese Atmosphäre schuf. Ob Tessari dies hier auch erreichen wollte, kann man nicht eindeutig erkennen. 
Aber trotz der Ausgangssituation, dass das ermordete Mädchen zwar 25 Jahre alt, aber auf dem geistigen Zustand einer Dreijährigen war, schlägt der Film nicht so tief in die Magengrube. Und so beschränkt man sich ziemlich nüchtern auf die polizeiliche Ermittlungsarbeit, die nur durch die eigenmächtigen Handlungen des verbitterten Vaters hin und wieder unterbrochen wird. 

Der insgesamt eher unspektakuläre Krimi-Plot kommt dann zwar zu einer relativ nachvollziehbaren Auflösung, die ja im Subgenre nicht unbedingt zu erwarten ist, hält aber keine überraschenden oder den Puls nach oben treibenden Wendungen parat. Die wenigen Momente, in denen die Handlung einen Sprung macht, werden eher gemächlich eingeflochten und so kommt doch wenig Spannung auf. Das Thema der Ausbeutung von Mädchen in den bürgerlichen Gesellschaften wurde in „Der Tod trägt schwarzes Leder" (1974) von Massimo Dallamano wesentlich krawalliger umgesetzt. Allerdings muss man Tessari auch zugutehalten, dass er auf billigen Sleaze verzichtet, der sich ja bei den Ermittlungen im horizontalen Gewerbe durchaus angeboten hätte. Und die kurzen Szenen, in denen das Schicksal des Mädchens Donnatella gezeigt wird, schaffen doch zumindest etwas Unwohlsein. 

Was dem Film jedoch auf die Füße fällt, ist seine etwas uninspirierte Machart. Die Kamera wagt nur selten auffallende Perspektiven oder Bewegungen und die Musik ist doch sehr austauschbar, stellenweise sogar etwas deplatziert.   


Fazit 

„Death Occurred Last Night" erzählt eine ziemlich gradlinige Kriminalgeschichte und räumt seinen beiden Hauptfiguren ziemlich viel Platz ein. Dafür verzichtet man aber auf alles Spektakuläre, was den Liebhaber des Filone womöglich etwas enttäuscht und ernüchtert zurücklässt. Billiger Schrott ist Tessaris Film wirklich nicht. Aber er hat eben auch keine Knalleffekte zu bieten. Kein Sleaze, kaum Blut und keine sensationelle Morde, keine technischen Spielereien, keine schwarzen Handschuhe, keine durchgeknallten Wendungen in der Handlung... Im Grunde ist „La morte risale a rieri sera" ein ziemlich biederer Kriminalfilm mit guten Darstellern, der aus seiner delikaten Ausgangssituation wenig macht und den anklagenden Zeigefinger etwas zu zurückhaltend hebt. Dies kann aber auch dem relativ frühen Produktionszeitpunkt geschuldet sein, denn die oben zum Vergleich herangezogenen Filme griffen ja eher Tessaris Grundidee auf und klopften dann umso lauter auf den Busch.     

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