Je unheilvoller die Klänge, umso schöner die Natur, umso grüner die Landschaften, umso vielfältiger das Getier; ein Fressen oder gefressen werden deutet sich hier früh an, die Gegend ist bloß Flora und Fauna, keine Industrie, die Areale vom Drahtzaun eingezäunt, von ungeschriebenen Gesetzen, von der Herrschaft Anderer, der Mensch als Rad im Getriebe, eine Anpassung an die Umstände, oder eine Auflehnung dagegen, notwendigerweise mit Gewalt, mit Blut und Brutalität. The Dirty South (2023) hat letztens derlei Geschichten erzählt, Rumble Through the Dark und Desperation Road, die Adaptationen nach Michael Farris Smith, wurden ganz spezielle Terrains gezeichnet, Häuser verwachsen mit der Flora, mit Leuten als Gebieter und anderen als Diener. Verletzungen sind oft innerlich und äußerlich, die Körper gezeichnet, die Gesichter:
Der ehemalige Gangster und jetzige Farmer Cash [ Orlando Bloom ] wird aufgrund der Schulden seines Schwagers Finney [ Scott Haze ] über die örtliche, von Zeke Barkley [ Daniel David Stewart ] geleitete Anwaltsfirma und gleichzeitig Bankfiliale erneut in die Belange der offenen Herrin der Appalachenstadt Odim County, dem Drogenimperium von 'Big Cat' [ Andie MacDowell ] hineingezogen. Cash, der unter anderem auch seine Nichte Savannah [ Chapel Oaks ] schützen möchte, willigt ein, drei Aufgaben für die skrupellose, auch den örtlichen Sheriff Hollister [ Brian Gerathy ] In ihrer Hand habende 'Gangstermutter' zu erledigen, um sich der Schulden zu erledigen; gleichzeitig hat er einen Plan B, der den integren Deputy Duke Parks [ Mo McRae ] involviert, und einen Plan C in Form des jetzigen Pastor Wilder [ Garret Dillahunt ], welcher eigentlich ebenfalls der Gewalt und dem Gangstertum abgeschworen hat.
Ob man mal bessere Zeiten gesehen hat, ist fraglich; weit früher vielleicht, in der Entstehung, zu dem Bau der jeweiligen Behausungen, muss man sich etwas dabei gedacht haben, etwas geplant, momentan wird eher der Verfall aufgehalten und sich damit arrangiert, wenn überhaupt und wenn immerhin. Der Schlag Mensch hier ist meist 40 bis 50, eher ein Stückchen älter als jünger, eher die Kräfte am Schwinden als am Gewinnen, man hat viel gesehen und man hat schon viel erlebt. Junge Leute sind eher selten und perspektivlos, es wird ein Porträt gezeichnet, viel Wert auf die Details gelegt, einen ruhigen Vorlauf, eine Ausdehnung der Stimmung, eine Bebilderung der Atmosphäre, die trocken ist bis schwül, die ein eigenes Klima besitzt, weniger erfrischend als vielmehr zusätzlich zehrend. Die Filme zuweilen philosophisch, existenzialistisch, minimalistisch, die Betonung schwer, der Dialekt hervorstechend, die einzelnen Sätze schon wie eine körperliche Aktivität und Anstrengung.
Eine Individualität, auf die behaart wird, man hat sich eingerichtet, die Kleidung trägt man zum Ausgehen, zum Schlafen und zum Arbeiten, man behilft sich auf die eigene Art, oder man wird nicht geholfen und steht sowieso alleine da. Zu Beginn des Filmes wird ein Leben geschenkt, später welche genommen. Zwischendurch geht es um Gott, es geht um Sünden, es geht um Verluste, mit denen man umgehen muss, um Pastoren, Sheriffs, Farmer und Jäger, um liebgewonnene und unliebsame Bekanntschaften, um Ärger im Diner. Ernährt wird sich von Alkohol, Kaffee und Zigaretten, selbst an Sonntagen, eine ungesunde Lebensweise, es wird auch keine Idylle, keine Landlust oder Landliebe angetäuscht, selbst die ersten präzisen Minuten nicht. Schnell wird gestritten, dann schon zur Tat geschritten, die Bude karg oder verwahrlost, schnell werden andere Personen aufgefahren, vom Kleinen aus eine größere Bedeutung geschaffen, niemand lebt hier in Frieden ruhend vor sich hin. Geschehnisse werden erst nicht gezeigt, sondern angedeutet oder rein der Fantasie überlassen, kein Vorkauen einzelner Vorfälle, ein Spiel mit Beobachtung und Wahrnehmung.
Fallen wie aus dem (Vietnam)Krieg sind hier aufgestellt, Gruben statt mit spitzen Bambusrohren mit Metallpflöcken gespickt, Tellereisen versteckt, eine raue Oberfläche, inhaltlich eine ebensolche Herangehensweise, keine Umwege, sondern die direkten Kontakte gesucht, ein Überfall von jetzt auf gleich, nach wenigem Vorlauf schon die Eskalation, “I'll be back in a couple of hours.“, die Zeitspanne kurz gesetzt, die Frist gedrängt. Gespielt ist das etwas aufdringlich, in Momenten unnötig überzogen wirkend, “You gotta quit talking like that.“, es funktioniert als Drama eher den als Thriller, als Crime mit wenig Gutem und viel Bösen, mit einer untätigen Obrigkeit und einer lokalen Miliz, mit der feindlichen Übernahme der Konkurrenz, dem Vereiteln eines Vergeltungsschlages, der Tod und das Töten als ständige Begleiterscheinung, selbst als Ausgleich, als Form der Entspannung, im Privaten und in der Profession, “...I like to get filthy when I maul.“
Drei Aufgabenstellungen werden hier dargereicht, der Film hat mehr als das, hat mehr Überraschungen und Wendungen, mehr Interesse für auch Nebenpersonen, mehr Unwägbarkeiten, trotz aller beruflichen und genreaffinen Konventionen. Eine erste mögliche Actionszene wird im Nebenher abgehakt und abgehandelt, nicht bis zum Exzess ausgeweitet und nicht in einer Montage genutzt, ein schief gehender Drogendeal (und vor allem ein größerer, sowohl auf weitem als auch engem Raum sehr sauber eingefangener Showdown) formiert sich deutlicher mit Einschusslöchern und Opferzahl, “a real clusterfuck in the woods“, nur der Anfang von mehr bösen Überraschungen, und von mehr Ärger, von zuweilen ausgesprochen deutlicher Brutalität, Knie werden zerbrochen, Kehlen durchgeschnitten, ein Mann zu Tode geprügelt. Schießereien, in denen Blut regnet. Dargereicht wird das zwischendurch als Art Undercoverstory, nicht offiziell, aber von den Motiven her, der inneren Anspannung, der Unruhe in der Menge, der Außenseiterrolle, der permanenten Ungewissheit, der steigenden Hilflosigkeit, dem Druck der Dramaturgie und des Dramatischen, “because my blood is on fire.“ Entsprechend dessen werden später auch Stunts dargeboten, mehrere Geiselnahmen, mehrere Planänderungen, das Bewähren vom vorherigen Waffentraining, mehr vom Unabänderlichen.