Review

Nach langem Warten ist "Kill Bill Vol.1" endlich wieder ein Lebenszeichen von Quentin Tarantino, der mit seinen bisherigen Werken durch die Bank überzeugte. Mit seinen verwinkelten Gangstergeschichten hat er sich nicht nur bei mir zu einem der Most Favorites gefilmt.
In seinem vierten Streifen wendet sich Tarantino nun einem neuen Genre (bzw. Genres) zu, und gibt zu Protokoll, dass "Kill Bill" sein KungFu-Film, sein Spagetthi-Western, sein Revenge-Film und vorallem seine Verbeugung vor den asiatischen Martial-Arts Movies ist.

Wenn man jetzt also völlig unvorbereitet in den Film geht und einen typischen "Tarantino" erwartet, wird man entweder ziemlich enttäuscht oder aber wirklich fasziniert sein, ob dem was einem da serviert wird: Ein gewalttätiges Racheepos, wie es nur von diesem Regisseur kommen kann.

Uma Thurman spielt "die Braut", eine Berufskillerin, die wir anfangs mit blutverschmierten Hochzeitskleid und halbtot geprügelt am Boden der Kapelle liegen sehen. Die restlichen Hochzeitsgäste sind tot und auch für hochschwangere Braut hat die letzte Stunde scheinbar geschlagen, als ihr Bill (David Carradine - nicht zu sehen) zu guter Letzt eine Kugel in den Kopf jagt. Dieser Bill ist der Auftraggeber des Todeskommandos, dass dieses Massaker zu verantworten hat.
Vier Jahre später erwacht die Braut, samt Stahlplatte im Kopf, aus dem Koma und fasst den Entschluss, sich und ihr verlorenes Kind, zu rächen - und das auf gründliche Art und Weise. Keiner der damals ihr perfektes Leben zerstört hatte, soll das seine behalten dürfen. Also begibt sie sich nach Okinawa, wo sie sich die Waffe, sowie das nötige KnowHow für ihren Rachefeldzug besorgt.

Rund um diesen Leitfaden kreiert Tarantino seinen Film, und baut dabei jeder Person eine eigene Geschichte ein. Einerseits gibt das den Charakteren einen glaubwürdigen Hintergrund, andererseits wird dadurch die an und für sich dürftige Handlung geschickt vertuscht.
Beispielsweise wird die Vorgeschichte der O-Ren Ishii (Lucy Lui), die auch auf der Todesliste der Braut steht, anhand einer zehnminütigen und ziemlich blutigen Animesequenz erzählt. Ein ungewöhnliches Stilmittel, das dem Film aber durchaus nicht schadet, sondern ihn noch weiter ins Groteske zieht. Grotesk darf man durchaus auch alles andere an "Kill Bill" nennen, sei es der weibliche Privatbodyguard von O-Ren Ishii, der fahrbare Untersatz der Braut, oder der Tarantino-Humor, der zwar nicht so stark wie in den Vorgänger vertreten, aber dafür immer an den richtigen Stellen platziert ist.
Eines der bekanntesten Markenzeichen von "Reservoir Dogs" oder "Pulp Fiction", die genialwitzigsinnlosen Dialoge, sucht man in "Kill Bill" vergebens. Nur sporadisch lässt Tarantino seine Figuren längere Dialoge führen und legt das Hauptaugenmerk auf die Kämpfe, die das Herz des Films sind. Wenn man das Ganze oberflächlich sieht, sind die 100 Minuten eine einzige Aneinanderreihung von perfekt choreographierten Duellen - oder eben Schlachten, wenn man das Gemetzel in der Bar nimmt. Genauer betrachtet ist "Kill Bill" eine genial verpackte Verbeugung Tarantinos vor den Filmen eines Sergio Leones, eines Kurosawas, den Kung Fu Filmen der 70er Jahre, dem B-Action Genre und vielen mehr. Am auffälligsten schienen mir die Verweise zu Takeshi Miikes "Fudoh" (minderjährige Killerin in Schuluniform, völlig übertriebene Blutfontänen, Yakuza-Thematik). Das einige das als billiges Plagiat bezeichnen werden, war zu erwarten, ich tue es nicht, und verstehe auch nicht, wie man das behaupten kann, nachdem man den Film gesehen hat.
Ein zentrales Thema, wenn auch nicht DAS zentrale Thema, ist die Gewalt, die in "Kill Bill" reichlich, und auch nicht gerade zimperlich gefilmt, vorkommt. Hier werden Körperteile am laufenden Fließband abgehackt, gewaltige Blutfontänen begleiten das Ableben der Schurken und auch die psychische Brutalität mit der die Geschichte erzählt wird, geht an die Nieren. Wohl kein Film für schwache Gemüter, aber auch kein stupider Splatter, der erbarmungslos jedes Detail ranzoomt. In dem oben erwähnten Gefecht in der Bar, wechselt das Bild zeitweise ins Schwarzweiße, um den Blutoverkill zu verhindern, der die Zensurbehörde wohl endgültig auf den Plan gerufen hätte. Aber keine Sorge, auch ohne Farbe ist diese Massenschlacht, in der die Braut an die hundert Gegner in die ewigen Jagdgründe schickt, einfach überwältigend.

Die Schauspieler sind ohne Ausnahme überzeugend - allen voran natürlich Uma Thurman, der man die Entschlossenheit zur gnadenlosen Rache in jeder Sekunde ansieht und auch glaubt. Lucy Liu ist sexy und respekteinflößend, Vivicia A. Fox hat zwar nicht lang zu leben, gibt aber ebenfalls ein Gutes Bild ab. Die restlichen Darsteller, u.a. Michael Madsen und David Carradine, werden wir erst in Vol.2 öfters zu Gesicht bekommen.

Leider beließ es Tarantino nur bei einer eher zurückhaltenden Musikuntermalung. Nur selten bekommt man etwas vom Soundtrack zu hören, aber wenn, dann kann man sich sicher sein, dass es passt wie die Faust aufs Auge. Der Titelsong ist jedenfalls eines Stücke, die ich bereits jetzt zu den Tarantino-Klassikern zählen würde. Absolut genial.

Da der Film in der Mitte stoppt, kann ich ein Fazit erst nach Vol. 2 ziehen, bis dahin kann ich aber sagen: Schaut euch "Kill Bill Vol. 1" an, und egal ob er ihn danach liebt oder hasst, werdet ihr nicht abstreiten können, dass ihr was erlebt habt.

9/10

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